Es gab mal Zeiten, da gab es in Tutzing überhaupt keine Verkehrsampel. Lang ist’s her. Irgendwann wurde dann eine Lichtsignalanlage im Ortszentrum, neben dem Vetterlhaus, aufgestellt, die Fußgänger per Knopfdruck betätigen können, wenn sie die Hauptstraße überqueren wollen. Eine weitere Ampel kam beim Gymnasium hinzu. Das war’s für eine ganze Weile. Doch in jüngerer Zeit scheint es gar nicht genug Lichtsignale geben zu können.
Manche von ihnen sind dauerhaft, andere geben ihre farblichen Anweisungen nur vorübergehend, etwa neben Baustellen, solange dies wegen bestimmter Arbeiten als erforderlich gilt. Mal wechseln die Anlagen ihre Standorte, so im Zuge der Straßensanierung je nach Baufortschritt von einem zum anderen Baufeld. Inzwischen zieht die Ampel-Tendenz auch über die Hauptstraße hinaus ihre Kreise, wie beispielhaft eine neue Anlage an der Kreuzung Kirchenstraße/Traubingerstraße erkennen lässt.
Aus welchem Grund auch immer: In Tutzing regiert die Ampel. Politisch trifft das zwar nicht zu wie in Berlin - so eine Konstellation hat sich bei den Kommunalwahlen nicht ergeben. Da wären nur sieben von 20 Gemeinderats-Mandaten zusammengekommen: Vier - mittlerweile nur noch drei - von den Grünen, zwei von der FDP und eines von der SPD. Mal sehen, ob die nächste Wahl für eine Ampel auch in dieser Hinsicht mehr hergibt.
Vorerst kommt der Tutzinger Durchblick nur beim Verkehr nicht mehr ohne Ampel aus. Nicht wenige Verkehrsteilnehmer widersetzen sich ihr zwar ziemlich hartnäckig, ein Verhalten, das ja auch durchaus bei politischen Ampeln nicht unüblich ist. Doch alles in allem steuern die Tutzinger Ampeln das Gemeindeleben inzwischen recht deutlich. Sie entscheiden, wer fahren darf und wer nicht, wie lang die sich bildenden Staus sind, ob man rechtzeitig oder viel zu spät an sein Ziel gelangt. Fürs Gemeindeleben würden sich manche wahrscheinlich auch gelegentlich solche Kommandos wünschen: Im Fall des Falles einfach mal auf „Rot“ stellen.
Sage und schreibe sieben Ampeln sind es inzwischen in Tutzing an der Hauptstraße zwischen Fristo und Shell-Tankstelle - „fast „Guinness-Buch-verdächtig“, schreibt uns ein Leser von vorOrt.news. Wir meinen: Jedenfalls stellt Tutzing sein Licht nicht unter den Scheffel.
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„Jeder gefahrene Kilometer mit dem Fahrrad bringt einen gesellschaftlichen positiven Gewinn von 35 Cent. Das Ergebnis variiert von Studie zu Studie, aber unter dem Strich steht ein Gewinn: für den Sozialstaat, für den Steuerstaat – vor allem, weil sich die Gesundheitskosten durch körperliche Bewegung mit dem Fahrrad massiv reduzieren. Gleiches gilt für den Fußverkehr. Umgekehrt kostet jeder gefahrene Autokilometer die Gesellschaft Geld, 11 Cent um genau zu sein. Die Subventionspolitik der deutschen Verkehrspolitik [...] ist ein Anachronismus in jeder Beziehung.“
Ja, die autozentrierte Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte wirkt im Klimawandelfolgenjahr 2022 regelrecht absurd. Und sie steht für eine Rücksichtslosigkeit, der dringend Einhalt geboten werden muss, hält sie doch der Zukunft unserer Kinder den ausgestreckten Mittelfinger ins Gesicht. Um in das Bild der Ampel zurückzukehren, müsste in dieser Lage jede Verkehrsampel des Landes sofort auf rot springen und da bleiben. Bis es in der Verkehrspolitik wieder um Mobilität geht und nicht mehr um die Wer-hat-den-Größten-Hahnenkämpfe der Mir-doch-egal-Vollgasgesellschaft.