Gemeindeleben
20.9.2019
Von vorOrt.news

Tutzinger wollen Landrat Roth überzeugen

"Geflüchtete sollen arbeiten dürfen" - Unterstützerkreis übergibt heute Petition

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Beschäftigungsgenehmigung erloschen: Solche Entscheidungen häufen sich nach Überzeugung der Helferkreise beim Starnberger Landratsamt allzu sehr

„Geflüchtete im Landkreis Starnberg sollen arbeiten dürfen“. Das ist der Titel einer Petition an die zuständigen Behörden. Der Ökumenische Unterstützerkreis Tutzing übergibt sie heute, am Freitag, zusammen mit Unterschriftenlisten aus 14 Helferkreisen des Landkreises Starnberg, an den Starnberger Landrat Karl Roth.

Mit dabei sind die Helferkreise in Andechs, Berg, Breitbrunn, Feldafing, Gauting, Gilching, Herrsching, Inning, Krailling, Pöcking, Seefeld, Starnberg, Tutzing und Weßling. Auch „UnserVeto Bayern“, ein Verband von Asylhelfern, unterstützt die Petition.

Nach Angaben des Tutzinger Unterstützerkreises haben sich in einem Zeitraum von rund 16 Wochen etwa 2000 Bürger online und manuell dafür ausgesprochen, dass Geflüchtete im Landkreis Starnberg eine Beschäftigungs- oder Ausbildungserlaubnis erhalten.

"Geflüchtete sollen arbeiten"

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Integration von Flüchtlingen: Hier ein Beispiel aus dem Ex-Hallenbad, wo Kleidung verteilt wurde. Doch ein wesentlicher Aspekt fehlt vielen Helfern: Arbeitserlaubnis

Alle Helferkreise bemühen sich mit Arbeitsgruppen um Beschäftigung für geflüchtete Menschen. Oft mit persönlichen Kontakten zu Unternehmen werden ihnen Stellen verschafft, in denen die Betroffenen gern tätig werden. Meistens werden sie auch von den jeweiligen Chefs und Kollegen sowie den Kunden geschätzt. Seit langer Zeit gibt es Kritik aus den Helferkreisen, dass diese Jobchancen von den zuständigen Mitarbeitern im Landratsamt regelrecht unterbunden werden. In den Jahren 2015/16 habe es monatlich durchschnittlich 60 Vermittlungen gegeben, doch dieser Prozess sei fast zum Erliegen gekommen.

Die dafür verantwortlichen Mitarbeiter des Landratsamts haben sich in ihrer restriktiven Haltung offenkundig über lange Zeit durch die Linie der bayerischen Staatsregierung gestützt gefühlt. Doch bei der Regierung glauben die Helferkreise mittlerweile einen „Politikwechsel“ zu erkennen. Der bayerische CSU-Innenminister habe sich aus diesem Grund am 4. März dieses Jahres sogar mit neuen Vollzugshinweisen schriftlich an die Landratsämter gewandt. Auch die Freien Wähler seien der Auffassung, dass Geflüchtete arbeiten sollten, um persönlich und sozial unvertretbare Folgen der täglichen Untätigkeit vor Ort zu vermeiden und um die Sozialkassen endlich zu schonen.

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Scharfe Kritik am Landratsamt Starnberg wegen seiner restriktiven Haltung

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Sehr deutlich waren schon die Vorwürfe in einem Mitte 2018 herausgebrachten Flyer © L.G.

Die Helferkreise werfen dem Landratsamt Starnberg jedoch eine unverändert restriktive Haltung hinsichtlich Beschäftigungserlaubnissen für Flüchtlinge vor. Die betroffenen Menschen hätten das Gefühl, von der „Willkür“ des Starnberger Landratsamts abhängig zu sein.

Auch von Unternehmen in Tutzing hat es immer wieder Beschwerden gegeben. Sie klagen darüber, dass sie Flüchtlinge, mit deren Arbeit sie sehr zufrieden waren und die sie dringend benötigten, wegen der ablehnenden Haltung des Landratsamts nicht mehr weiterbeschäftigen können. Über Beispiele solcher Unternehmen hat vorOrt.news berichtet (siehe unten: "Tutzinger Arbeitgeber entsetzt").

Der Ökonomische Unterstützerkreis Tutzing hat bereits massive Vorstöße unternommen, so mit einem eigens angefertigten Flyer, mit dem der bayerischen Asylpolitik Beschädigungen der deutschen Interessen und Gefährdungen der Sicherheit vorgeworfen wurden. Nennenswerter Erfolg dieser Vorstöße ist aber offenbar bisher ausgeblieben.

Die Petition ist nun die Konsequenz aus diesen Erfahrungen. Offenkundig haben die Helferkreise keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Sie fordern Landrat Roth persönlich auf, die restriktive Umsetzung der Arbeitsverbote „zugunsten von Vernunft und Menschlichkeit zu beenden“ und dafür zu sorgen, „dass Integration funktionieren kann“. Das Landratsamt Starnberg müsse die neuen Vollzugshinweise des Innenministeriums einhalten.

Roth wird auch aufgefordert, die Unsicherheit der Arbeitgeber in Bezug auf Beschäftigung von Geflüchteten in ihren Firmen zu beenden: „Sie wollen und brauchen Arbeitnehmer, die ihre Arbeitskraft verlässlich einsetzen können und nicht seitens der Politik daran gehindert werden.“ Auch die Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörde, Agentur für Arbeit und Ehrenamtlichen müsse wiederhergestellt werden.

Mehr zum Thema:
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Firmen verlieren ausländische Mitarbeiter
„Bayerische Politik verhindert Integration“

Die Presseerklärung zur Petition im Wortlaut

  Petition-der-Helferkreise.pdf herunterladen

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Entschlossen haben Mitglieder des Ökumenischen Unterstützerkreises Tutzing im vorigen Jahr vor der katholischen Pfarrkirche St. Joseph ihren Flyer präsentiert: (von links) Ernst von der Locht, Cornelia Janson, Peter Frey, Pfarrer Peter Brummer, Martin Lehmann-Dannert, Gabi Danner und Claudia Steinke, die Koordinatoren des Unterstützerkreises. Mit dabei war auch Georg Strasser aus Breitbrunn (ganz rechts), der über lange Erfahrungen im Sprecherrat der Helferkreise für den Landkreis Starnberg verfügt.

Fotos: L.G.

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