Der vom Vodafone-Konzern nah bei Monatshausen geplante Mobilfunkmast sorgt in diesem Tutzinger Ortsteil immer mehr für aufgeheizte Stimmung. 33 Bürger aus dem Dorf haben einen Offenen Brief unterschrieben, der gestern Abend in den Briefkasten der Gemeinde Tutzing geworfen wurde – in zwei Kuverts an Bürgermeistern Marlene Greinwald mit Hinweis an alle Gemeinderatsmitglieder und an den künftigen Bürgermeister Ludwig Horn. In Kopie wurde der Offene Brief auch an den Starnberger Landrat Heinrich Frey geschickt.
Kräftig weiter angefacht worden sind die erregten Diskussionen in Monatshausen durch eine Nachricht aus der Nachbarschaft: Die Gemeinde Andechs will gegen einen südlich ihres Ortsteils Machtlfing geplanten Mobilfunkmast klagen. Einen Bericht darüber aus dem „Starnberger Merkur“ vom 21. Dezember 2023 haben die Monatshausener ihrem Offenen Brief angefügt, ebenso die Berichterstattung in vorOrt.news über deutliche Kritik, die der BUND Naturschutz Tutzing an der Standortplanung für die Mobilfunkanlage vorgebracht hat. Dort wird eine Genehmigung der Anlage als Verstoß gegen das Naturschutzgesetz bezeichnet. „Soll unsere Natur in Zukunft einem Nadelkissen gleichen, wenn alle 3 Kilometer ein Mast entsteht?“ Mit dieser Frage hat der BUND Naturschutz die Bevölkerung von Tutzing aufgefordert, sich "gegen die Zerstörung des Landschaftsbildes" zu wehren. "Verstoß gegen Naturschutzgesetz"
Landratsamt will Ablehnung durch die Gemeinde mit Genehmigung "ersetzen"
Obwohl die Gemeinde Tutzing den von Vodafone geplanten Standort nahe Monatshausen abgelehnt und stattdessen einen etwas weiter entfernten Alternativstandort vorgeschlagen hat, will das Landratsamt Starnberg den Wunschstandort des Vodafone-Konzerns genehmigen. Die Kreisbehörde hat bereits vor der im Dezember vom Gemeinderat nochmals bekräftigten Ablehnung angekündigt, dass sie die Entscheidung der Gemeinde „ersetzen“ werde. Über die Möglichkeit einer Klage ist im Tutzinger Gemeinderat schon öfter gesprochen worden, doch dazu gab es bisher keine Entscheidung und eher zurückhaltende Äußerungen.
Etliche Parallelen bei den Mobilfunk-Fällen Machtlfing und Monatshausen
Eigentlich gilt Widerstand von Kommunen gegen geplante Mobilfunk-Anlagen als wenig aussichtsreich, erst recht, seit neue gesetzliche Regelungen den Mobilfunk-Betreibern deutliche Vorteile verschaffen. Doch die von der Gemeinde Andechs beschlossene Klage sehen viele in Monatshausen geradezu als Signal.
Tatsächlich gibt es einige Parallelen. Auch in Andechs wurde das gemeindliche Einvernehmen für die bei Machtlfing geplante Mobilfunkanlage verweigert, auch dort hat die Gemeinde andere Grundstücke angeboten, auch dort hat das Landratsamt Starnberg das Einvernehmen ersetzt. Den von Vodafone gewählten Standort bei Machtlfing hält die Gemeinde Andechs wegen des Ortsbilds und aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht für geeignet – ähnliche Argumente gibt es bei dem von Vodafone ausgesuchten Standort bei Monatshausen.
Strahlenbelastung beim Alternativstandort "nur ein Viertel"
In ihrem Offenen Brief fordern die Monatshausener die Gemeinde Tutzing auf, „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ gegen eine mögliche Ersetzung des ablehnenden Beschlusses der Gemeinde durch das Landratsamt Starnberg vorzugehen. Sie verweisen darauf, dass die Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) die Beteiligung der Kommune bei der Standortfindung vorschreibe und dass die Gemeinde fundierte Alternativvorschläge vorgelegt habe. Der vorgeschlagene Standort in der Nähe der Monatshauser Straße, zwischen Monatshausen und der Ilkahöhe, sei doppelt so weit von Monatshausen entfernt wie der vom Antragssteller geplante Standort. „Dem Gemeindevorschlag folgend wäre demnach die Strahlenbelastung nur noch ein Viertel (!) so hoch wie bei der vom Antragsteller und stellt somit eine deutliche Verringerung der Gesamtbelastung der Bevölkerung dar“, schreiben die Monatshausener. „Vor diesem Hintergrund ist zwingend die von der Gemeinde Tutzing vorgeschlagene Fläche zu realisieren“, folgern sie.
Eine detaillierte Antwort „der Ersten Bürgermeisterin wie des Gemeinderats“ auf ihren Offenen Brief erwarten die Monatshausener, wie sie schreiben, bis zum 19. Januar 2024 „über die offiziellen Kanäle der Gemeinde Tutzing“. Auf der Tagesordnung einer am Dienstag stattfindenden Gemeinderatssitzung steht dieses Thema nicht.
In Monatshausen werden auch schon Privatklagen erwogen
In dem Offenen Brief fordern die Monatshausener die Gemeinde Tutzing auf, mit einer einstweiligen Verfügung „den drohenden unverhältnismäßigen Bau zu verhindern“. In Monatshausen werden nach Angaben in der dortigen Bevölkerung auch schon Privatklagen gegen die Vodafone-Planung erwogen, so wegen der Zufahrten. Heftig diskutiert wird auch nach wie vor über die Behauptung des Vodafone-Konzerns, es gebe in dieser Gegend „weiße Flecken“, also Funklöcher, zu deren schneller Schließung sich die Mobilfunk-Betreiber verpflichtet haben. Wo solche „weißen Flecken“ sein sollen, fragen viele immer wieder, die den Mobilfunkempfang in und um Monatshausen sogar als recht gut bezeichnen.
Immer mehr Klagen von Gemeinden gegen Mobilfunk-Planungen landen mittlerweile bei den Gerichten, bei denen dazu jedoch keine einheitliche Linie zu erkennen ist. In der Regel wird je nach Einzelfall entschieden.
Im Wortlaut: Offener Brief an die erste Bürgermeisterin der Gemeinde Tutzing sowie an die Gemeinderäte
Wir, die nachfolgend unterzeichneten Bürger von Monatshausen, fordern – je nach juristischer Betroffenheit - die Erste Bürgermeisterin Tutzings sowie die Gemeinderäte Tutzings auf:
Gegen eine mögliche Ersetzung des Beschlusses der Gemeinde Tutzing vom 07.12.2023 (TOP4 – Antrag auf Baugenehmigung zur Errichtung eines Mobilfunkmasten
s, Fl.Nr. 2380, Gemarkung Tutzing, Monatshausen) durch das Landratsamt Starnberg mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vorzugehen – und zwar mit folgender Begründung:
1. Der §7a der 26. BImSchV schreibt die Beteiligung der Kommune bei der Standortfindung vor. Die Kommune Tutzing hat in diesem Fall weitere fundierte Alternativvorschläge vorgelegt. Des Weiteren ist der von der Kommune Tutzing (Nähe Monatshauser Str.) eruierte und vorgeschlagene Standort doppelt so weit von Monatshausen entfernt wie der vom Antragssteller (Fl-Nr. 2380) geplante Standort.
Dem Gemeindevorschlag folgend wäre demnach die Strahlenbelastung nur noch ein Viertel (!) so hoch wie bei der vom Antragsteller und stellt somit eine deutliche Verringerung der Gesamtbelastung der Bevölkerung dar.
Vor diesem Hintergrund ist zwingend die von der Gemeinde Tutzing vorgeschlagene Fläche zu realisieren.
2. Nach unseren Informationen befürwortet die „Untere Naturschutzbehörde“ in einem Schreiben des Landratsamts vom 27.11.2023 an die Gemeinde Tutzing ebenfalls den von der Gemeinde Tutzing vorgeschlagenen „Alternativstandort“.
3. Nach der Erklärung der Ersten Bürgermeisterin Marlene Greinwald in der Gemeinderatssitzung vom 07.12. 2023 handelt es sich bei der von der Gemeinde Tutzing als Alternativstandort vorgeschlagenen Fläche keineswegs, wie das Antwortschreiben des Landratsamtes vom 27.11.2023 insinuiert, um eine irgendwie geartete „Altlastfläche“. Diese Darstellung entspreche nicht der Wahrheit.
4. Weiter ist festzuhalten: Die angebotene Fläche der Gemeinde ermöglicht in jedem Fall einen funktechnisch absolut geeigneten und vergleichbaren Standort.
5. Hinzuzufügen ist: Im Gegensatz zum beantragten Standort des bisherigen Bewerbers handelt es sich bei dem angebotenen Gemeindegrundstück um einen Standort, dessen Erschließung von der Gemeinde her gesichert ist und der deshalb als ein favorisierter Standort geradezu prädestiniert ist.
Nach all dem fordern wir die Gemeinde Tutzing auf, mit einer einstweiligen Verfügung den drohenden unverhältnismäßigen Bau zu verhindern. Im Übrigen wird deutlich gemacht, dass in dieser Causa eine Zivilklage nicht ausgeschlossen wird.
Die Unterzeichneten Bürger von Monatshausen erwarten auf diesen Offenen Brief hin eine detaillierte Antwort der Ersten Bürgermeisterin wie des Gemeinderats – und zwar bis zum 19.01.2024 über die offiziellen Kanäle der Gemeinde Tutzing.
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