
Seit etwas mehr als neun Jahren steht der „Andechser Hof“ leer. Mitte 2018 haben die Tutzinger Kornelia und Georg Schuster das Grundstück an der Hauptstraße mit der traditionsreichen Wirtschaft erworben. Anfang 2019 haben sie Neubaupläne für das Areal vorgestellt, die im Gemeinderat gut ankamen. Doch verwirklicht worden sind sie seitdem nicht. Kurz vor Ostern macht das Ehepaar Schuster nun diese Mitteilung: „Nach reiflicher Überlegung haben wir uns dazu entschlossen, das Bauvorhaben Andechser Hof vorerst nicht mehr zu realisieren.“
Ihre Entscheidung haben die Eigentümer nach eigenen Angaben den Tutzinger Gemeinderäten und der Presse mitgeteilt. In dem Schreiben (im Original pdf unten) begründen sie dies damit, dass „von Seiten der Gemeinde das Genehmigungsverfahren unnötig in die Länge gezogen“ werde.
In der Gemeinde ist die Mitteilung auf Verwunderung gestoßen. „Der Inhalt des Schreibens hat uns hier im Rathaus überrascht“, erklärte am Dienstag auf Nachfrage Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg, die derzeit Bürgermeisterin Marlene Greinwald vertritt. Und weiter: „Wir bedauern es sehr, dass Familie Schuster das Bauvorhaben Andechser Hof vorerst nicht realisieren wird.“ Gemeinderat, Verwaltung und Bürgermeisterin hätten sich eine Neubelebung des Wirtshaus- und Biergartenbetriebs an dieser Stelle sehr gewünscht, versichert Dörrenberg: „Und wir wollen uns dafür auch zukünftig weiter einsetzen.“


Vorsitzende des Tutzinger Fördervereins für Tourismus "einfach sprachlos"
„Einfach sprachlos“ war Kristina Danschacher, die Vorsitzende des Tutzinger Fördervereins für Tourismus, als sie von der Entscheidung des Ehepaars Schusters erfuhr. Sie sieht wieder einen Hoffnungsschimmer „wie eine Seifenblase“ zerplatzen.
Georg Schuster ist selbst Mitglied des Tutzinger Gemeinderats. Von 2014 bis 2020 gehörte er dem Gremium für die ÖDP an, seit 2020 ist er für die FDP Ratsmitglied.
Eigentümer: "Notwendige Unterstützung in den letzten Jahren sehr vermisst“

Sie hätten „die notwendige Unterstützung in den letzten Jahren sehr vermisst“, kritisieren Kornelia und Georg Schuster. Nach dem Kauf des Areals 2018 seien sie mit Freude und Ideen an die Planung dieser „großen Herausforderung“ herangegangen. Der Bebauungsplan sei damals bereits in Aufstellung gewesen, und man habe die Planungen auf einen gemeinsamen Konsens bringen können. Das Bauamt der Gemeinde Tutzing sei zuversichtlich gewesen, die Realisierung dieses Bauvorhabens zügig auf den Weg bringen zu können. „Diese Zuversicht mussten wir leider schnell ‚begraben‘", so das Ehepaar. Bis September 2020 sein kein Planungsfortschritt ersichtlich gewesen.
Detailliert berichten die Eigentümer über Einzelheiten. So sei Ende November vorigen Jahres in einem Gespräch mit Vertretern der Gemeinde kommuniziert worden, dass ein zweiter städtebaulicher Vertrag sowie der Bebauungsplan bis Mitte Januar unterschriftsreif sein sollten. Falls dies nicht realisiert werde, könne der Bau 2021 nicht beginnen. Auf Nachfrage ihres Anwalts hätten die Eigentümer dann am 7. Januar vom Anwalt der Gemeinde erfahren, dass der städtebauliche Vertrag zwecks Prüfung an den Notar gegangen sei und dass die Stellungnahmen des Landratsamts vom November 2019 erst Anfang 2021 bearbeitet werden sollten. Im selben Schreiben sei mitgeteilt worden, dass die Gemeinde nochmals die Nachbesserung eines Schallschutz-Gutachtens fordere, obwohl das bereits vorliegende Gutachten nach Aussage des Gutachterbüros in Ordnung sei. Auch eine Mitarbeiterin des Landratsamts habe den nochmaligen Nachbesserungswunsch der Gemeinde als unverständlich bezeichnet. Die Eigentümer beklagen, dass sie seit dem 7. Januar von der Gemeinde wieder keine Auskunft erhalten hätten.
Gemeinde: "Stets bemüht, gute und tragfähige Lösungen zu finden"

Dem Vorwurf, dass die Gemeinde das Genehmigungsverfahren nicht ausreichend unterstützt habe, widerspricht Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg. Die hohen Hürden eines Bebauungsplanes für einen Biergarten und einen Gasthof mitten im Ort wie zum Beispiel Lärmschutzgutachten und anderes zögen die Planungen leider häufig in die Länge.
Dörrenberg erklärt: „Ich möchte hier nochmals ausdrücklich betonen, dass unsere Verwaltung, unsere erste Bürgermeisterin Frau Greinwald und der gesamte Gemeinderat stets bemüht war, gute und tragfähige Lösungen zu finden und sowohl dem Ehepaar Schuster wie auch allen Tutzinger Bürger*innen an dieser Stelle einen florierenden Gastronomiebetrieb gegönnt hätten.“
Auch die vorgesehene Wohnbebauung sei unterstützt worden, allerdings mit der Maßgabe, dass diese vor allem einem Biergartenbetrieb nicht im Wege stehe. Nach Angaben von Vizebürgermeisterin Dörrenberg wird der für die Gemeinde tätige Rechtsanwalt Dr. Volker Gronefeld schnellstmöglich in einer Stellungnahme auf die einzelnen Punkte eingehen und an die Presse weiterleiten.
Das Schreiben des Ehepaars Schuster an die Gemeinderäte
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Kommentare
ich gebe Ihnen vollkommen Recht!
Siehe auch meinen Kommentar dazu beim Minigolf-Artikel hier. Man frägt sich schon wer im Gemeinderat sitzt und zum Wohle der Bürger entscheiden sollte. Ich hab hier meine Zweifel!
Es muss endlich ein Ruck durch unseren Ort gehen ...
Das „weitere traurige Kapitel“, wie sie es nennen, scheint einer gemeindlichen Strategie zu folgen.
Beispiele gibt es in Tutzing dafür ja viele. Das geht mit dem Weggang der Firma Roche los, dann weiter mit dem Seehof (dessen Ruine nur mit falschen Versprechen wegen des Besuchs des Dalai-Lama abgerissen wurden) und hat jetzt ein weiteres dunkles Kapitel.
Es stand, anders als die Gemeinde schreibt, ja nie zur Diskussion, dass die Gastronomie „wiederbelebt“ wird. Es stand immer nur ein Neubau (mit neuer Gastronomie) zur Diskussion.
Dass sich die Gemeinde nur wegen ein paar Dachgauben querstellt ist mir unbegreiflich.
Es scheint hier in der Gemeinde Missgunst ein vorherrschender Treiber der Entscheidungen zu sein, auch wenn es dem Ortsbild und dem Gemeindewohl entgegen steht. Anders kann ich es mir nicht erklären.
Den nächsten Tod scheint ja jetzt auch der Minigolfplatz zu sterben.
In der Hoffnung, dass Entscheidungen bald zum Wohl der Bürger getroffen werden, wünsche ich ihnen alle frohe Ostern.
Der Hase möge euch was schönes ins Nest legen.
„Wir brauchen Eier“ (frei nach einem bekannten deutschen Torwart) um Entscheidungen zu treffen
AB
Ehemaliger Guggerhof Besitzer
Ehepaar Schuster oder der Gemeinde?! Als Außenstehender schwierig zu beurteilen. Das die Amtsmühlen langsam sind, weiß heute jeder. Oder wird hier gar ein ganz anderes persönliches Ziel verfolgt?
Auf jeden Fall ein weiteres trauriges Kapitel für Tutzing!