Kommunikation
19.2.2022
Von vorOrt.news

Glasfaser-Ausbau sorgt für Diskussionen

Verbraucherschützer raten zu Vorsicht - Gemeinde Tutzing betont: Keine Verträge mit Unternehmen

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24,99 Euro monatlich - egal wieviel Bandbreite: Das gilt nur im ersten halben Jahr. Anschließend steigen die Preise - hier auf 44,99 Euro, dort auf 89,99 Euro im Monat (zum Vergrößern bitte anklicken) © Flyer von Liberty Networks Germany / helloFiber

An vielen Haustüren in Tutzing klingeln zurzeit Vertriebsmitarbeiter des Unternehmens Liberty Global Networks, um die Menschen von den Glasfaser-Plänen des Unternehmens zu überzeugen. Die Entscheidung ist aber gar nicht so einfach. So werden die Hausanschlüsse zwar kostenlos angeboten - aber nur bei gleichzeitigem Abschluss eines Vertrags über zwei Jahre. Ansonsten werden knapp 800 Euro fällig. Und zwar auch bei einem nur für ein Jahr abgeschlossenen Vertrag.

Die Kosten für verschiedene Tarife scheinen auf den ersten Blick immer 24,99 Euro monatlich zu betragen. Doch nach einem halben Jahr wird's teurer - und zwar bei einigen Tarifen recht beträchtlich: Je mehr Bandbreite, umso mehr Geld wird fällig. Und in einen anderen Tarif wechseln kann man nur in den ersten sechs Monaten. Aber braucht man wirklich immer die stärkste Verbindung? Und ist es überhaupt sinnvoll, gleich einen Vertrag zu unterschreiben?

Das alles sorgt zurzeit in Tutzing für viele Diskussionen. Dies umso mehr, als Liberty Global Networks nicht der einzige Anbieter ist. Auch die Deutsche Telekom hat in Tutzing den Glasfaser-Ausbau angekündigt.

Es sieht also nicht nach einem Monopol aus: Alles deutet auf eine Konkurrenz der Unternehmen hin - das dürfte nicht schlecht sein für die Menschen in Tutzing. Auch die Gemeinde Tutzing verhält sich beim Glasfaser-Ausbau ausdrücklich neutral. Sie rät weder zu Liberty noch zur Deutschen Telekom oder einem anderen Anbieter. Einheimische haben auch schon erstaunt über Behauptungen berichtet, die Gemeinde habe bereits Kooperationsvereinbarungen unterschrieben. Das ist nicht der Fall, wie die Gemeinde in einer Pressemitteilung ausdrücklich erklärt (siehe unten auf dieser Seite).

Neutrale Informationen sollen bei der Entscheidung helfen

Verbraucherschützer raten ohnehin zu Vorsicht: Sie empfehlen, sich über all diese und andere Aspekte erst einmal genau Gedanken zu machen und nicht auf die Schnelle etwas zu unterschreiben. Glasfaser: „Nicht unter Druck setzen lassen“

Angesichts der offensiven Unternehmensstrategien beim Glasfaser-Ausbau bemüht sich die Gemeinde Tutzing derzeit erkennbar darum, den Menschen in Tutzing bei der Entscheidung zu helfen, und zwar mit möglichst objektiven Informationen zu diesem Thema ohne werbenden Charakter für irgendein Unternehmen. Dabei soll es auch Vergleichsmöglichkeiten geben. Zu diesem Zweck kündigt die Gemeinde eine eigene Informationsveranstaltung zum Thema Glasfaser und zu Anschlüssen bis in die Häuser hinein ("Fiber-to-the-home'", FTTH) an.

In Tutzing soll darüber hinaus wahrscheinlich noch vor Ostern ein so genanntes „Infomobil“ aufgestellt werden, das Angaben zur Glasfasertechnik ohne werbenden Hintergrund für irgendeine Firma vermitteln soll. Dieses Infomobil soll möglichst noch vor Ostern für mehrere Tage an einer zentralen Stelle der Gemeinde stehen. Es dürfte ratsam sein, erst einmal diese neutralen Informationsangebote zu nutzen.

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Häufigste Frage: Wird der Rasen später wieder so aussehen wie vorher?

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Sandra Müller und Sebastian Manges vom Unternehmen Liberty Network zeigten am Edeka-Markt ein Glasfaserkabel und beantworteten Fragen zum vorgesehenen Ausbau in Tutzing © L.G.

Während die Deutsche Telekom mit ihren Glasfaser-Angebote für Tutzing noch auf sich warten lässt, ist die Marke "helloFiber" von Liberty Global Networks schon überall präsent. Sogar beim Einkauf bekommen die Menschen Informationen zum Glasfaser-Ausbau serviert. Mitarbeiter von Liberty stehen immer mal wieder vor einem der Supermärkte oder samstags auf dem Wochenmarkt beim Rathaus.

Was die Leute alles wissen wollen? Die häufigste Frage sei gewesen, ob der Rasen nach den Arbeiten wieder genauso aussehen werde wie zuvor, erzählten Sandra Müller und Sebastian Manges, als sie beim Edeka-Markt an der nördlichen Hauptstraße die Firma Liberty Network vertraten. Sie versicherten, dass sich die Firma um bestmögliche Wiederherstellung bemühe. Zu Informationsveranstaltungen von Liberty Network in Feldafing und in Traubing kamen insgesamt etwa 80 Besucher, in den Tutzinger Haushalten hat das Unternehmen schriftliche Informationen verteilt. Zuvor hat Liberty bereits eine Online-Veranstaltung abgehalten und es trotz aller kommunalen Neutralitätsbekundungen sogar geschafft, Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald und Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim für Grußworte zu gewinnen.

Bei der Online-Veranstaltung wurde auch nach den Bedingungen für Mieter gefragt. Darauf sagten die Vertreter von Liberty, die Details würden mit ihren Vermietern geklärt. Das seit Ende vorigen Jahres geltende neue Telekommunikationsgesetz ermöglicht es Vermietern allerdings, die Kosten für den erstmaligen Anschluss eines Gebäudes ans Glasfasernetz auf die Nebenkosten der Mieter umzulegen - und zwar unabhängig davon, ob diese einen Glasfaser-Tarif gebucht haben.

Die Pressemitteilung der Gemeinde:

"Die Gemeinde Tutzing begrüßt das derzeit große Interesse von Komunikationsunternehmen am Glasfaserausbau in Tutzing. Es ist wichtig und gut, dass schnell ein Glasfaserausbau im Gemeindegebiet Tutzing stattfindet. Allen Unternehmen, welche der Gemeinde gegenüber ein seriöses Interesse am Ausbau äußern, wird daher – im Rahmen aller relevanten rechtlichen Vorgaben – seitens der Gemeinde gleichermaßen der Zugang ermöglicht.
Seit Oktober 2021 haben sich zwei Firmen bei der Gemeinde Tutzing gemeldet und ihr Interesse am eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau bekundet:
- Liberty Networks Germany GmbH / helloFiber
- Deutsche Telekom AG
Beide Unternehmen haben vor dem Gemeinderat öffentlich ihre Konzepte zum FTTH-Glasfaserausbau sowie für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehende Produkte vorgestellt. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten werden durch die genannten Unternehmen im Gemeindegebiet Aktivitäten zur Vorvermarktung stattfinden.
Mit keinem der beiden Unternehmen hat die Gemeinde Kooperationsvereinbarungen oder Verträge zum eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau.
Informationen zu den jeweiligen Produkten und eingesetzter Technik erhalten Sie bei den Anbietern.
Damit Bürgerinnen und Bürger sich neutral und möglichst umfassend informieren können, wird die Gemeinde an zwei Tagen eine Informationsveranstaltung zum Thema Glasfaser und FTTH-Hausanschluss (Fiber To The Home) organisieren. Der Termin wird hier bekannt gegeben."

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Arbeit mit Glasfaser soll es in nächster Zeit an vielen Stellen von Tutzing geben © Deutsche Telekom
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Kommentare

Teile die Einschätzung von Gerd Vahsen und Bernd Rekus vom 21.02.2022.
Ich halte ein Glasfasernetz auch für eine sehr große Chance für unsere Region und für den Immobilienwert.
Was verlieren wir denn, wenn wir bspw. den kleinsten Tarif "STARTEN" (tatsächlichen ! 300 Mbit/s download und 150 Mbit/s upload) bei HelloFiber für 44,99 EUR mit einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten und einem kostenlosen Hausanschluss (bis zu 10 m) nehmen? Nach 24 Monaten kann ich monatlich kündigen.
Selbst wenn ich später wieder wechseln sollte habe ich zumindest das Leerohr bis zum Hausanschluss kostenlos gelegt bekommen. Sehe da nur Vorteile..
Neben dem quantativen Wachstum gibt es ja noch ein qualitatives. Mit dem werden wir Menschen uns wohl in Zukunft verstärkt befassen müssen. Jetzt, wo wir begriffen haben, dass der Planet und seine Ressourcen endlich sind und vieles davon durch unser Wirken unumkehrbar zerstört wird. Konsumentscheidungen sind ein guter Einstieg in dieses neue Denken. Und klar: natürlich rufen auch in 100 Jahren die Unternehmen noch eine Zukunft aus, in der wir angeblich immer zufriedener werden, wenn wir das Größere und Bessere erworben haben. Das war schon bei UMTS so, das derweil tief in einem millliardenteuren Grab enttäuschter Illusionen verschwunden ist.
Wenn ich die Entwicklung der letzten Jahre betrachte, dann wird man in 10 Jahren über die heuten Übertragungsgeschwindigkeit lächeln. Sie werden dann keineswegs für viele Anwendungen ausreichen. An der Notwendigkeit der schnellen Leitung wird auf Sicht kein Weg vorbei führen.

Mir wird meine 250er Leitung jetzt schon manchmal zu langsam.

Ich denke wenn es jetzt - auch im Rahmen der Straßenbauten - Möglichkeiten für einen Glasfaserabschluss gib, wäre es ungeschickt darauf zu verzichten.
(Bearbeitet)
Auch bei den Privathaushalten gibt es solche und solche. Schon jetzt kann es mit 2-3 parallelen Livestreams je Haushalt mit Homeoffice und Homeschooling langsam und ruckelig werden. Außerdem ist davon auszugehen, dass zukünftige Anwenderungen ganz selbstverständlich nochmals höhere Bandbreiten für höhere Datenmengen erfordern, weil es technisch möglich wird oder weil es teilweise tatsächlich auch der Qualität dient.
Die Datenmengen und die Bandbreiten werden wohl auch weiterhin stufenweise ansteigen. Jeder Haushalt muss und kann selbst entscheiden, ob er bei den ersten Pionierkunden mitmacht, oder abwartet bis auch die Standardkonditionen nachziehen.
Ich finde die Aufmerksamkeit, die dieses Thema genießt, etwas rätselhaft. Privathaushalte kommen für den E-Mail-Verkehr, ein wenig Surfen und das Netflix-Abo mit der Bandbreite eines Kupferkabels wunderbar auch in 10 Jahren noch zurecht. Firmen, die höhere Bandbreiten brauchen, werden Wege ins Internet finden, und sei es schlimmstenfalls über Richtfunk. Also könnte man sich an dem Punkt wieder wichtigeren Themen zuwenden, etwa der Frage, wie Tutzing CO2-frei und damit zukunftsfest wird. Oder wann es ein Ortszentrum geben wird und Familien und Heranwachsenden mehr Lebensqualität geboten wird. Aber Moment! Eine Frage wäre in dem Zusammenhang noch zu klären. Denn es gibt durchaus eine Gruppe im Ort, die dringend auf das Internet angewiesen ist und sich dabei nicht selbst helfen kann: Und das sind die hiesigen Schulen. Darüber sollte hier geredet und geschrieben werden. Namentlich über die Frage, ob die drei Tutzinger Schulen genug Bandbreite haben, um ihren Unterricht jetzt und mittelfristig auf der Höhe der digitalen Zeit durchführen zu können. Oder wenn im Winter 2022/2023, ein nicht ganz unwahrscheinliches Szenario, die dann sechste Welle mit einer neuen Virus-Variante durchs Land fegt und wieder Fernunterricht erzwingt. Hat die Gemeinde bei den Schulen angefragt, wie dort die Situation in Bezug auf einen Breitbandanschluss ist? Wenn das erledigt ist, kann getrost über die langweilige Expansion eines privatwirtschaftlichen Unternehmens geschwiegen werden, das sich mit aggressiver und im übrigen recht unfreundlicher Kaltakquise einen Markt zu erschließen sucht.
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