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Notfalls wird die Kustermannvilla verkauft

Tutzing sucht für teure Schulsanierung eine Kombination aus Baubetreuung und Finanzierung

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So könnte die Mittelschule mit einem Veranstaltungsraum an der Traubinger Straße nach der Sanierung aussehen, deren Kosten derzeit auf 24,5 Millionen Euro geschätzt werden © Bioplan Architekten, Weilheim

Was hat die Tutzinger Grund- und Mittelschule mit der Kustermannvilla zu tun? Eventuell eine ganze Menge: Um die anstehende teure Schulsanierung finanzieren zu müssen, wird die Gemeinde Tutzing wahrscheinlich einen Kredit aufnehmen müssen. Das kann sie allerdings voraussichtlich nicht ohne Sicherheiten, wie ihr die kommunale Rechtsaufsicht des Landratsamts mitgeteilt hat. In Frage kommen als Sicherheiten jedoch nicht allzu viele Tutzinger Vermögenswerte. Zur Debatte steht zu diesem Zweck ein Verkauf der Kustermannvilla. Zu den weiteren Immobilien in Gemeindeeigentum gehören die Gaststätte Tutzinger Keller und das Mayer-Haus, das zurzeit bereits zum Verkauf angeboten wird. Mindestens 750 000 Euro fürs Mayer-Haus Auch kleinere Grundstücke sind unter den kommunalen Liegenschaften.

Aktuell muss die Gemeinde aber wegen einer Sicherheit für die Kreditaufnahme zur Sanierung der Mittelschule nicht aktiv werden. Für dieses Bauvorhaben mit einem geschätzten Kostenvolumen von 24,5 Millionen Euro zeichnet sich nämlich eine Zwischenfinanzierung ab. Falls sich diese Pläne als realistisch erweisen sollten, müsste die Gemeinde für die Schulsanierung zunächst einmal gar nichts bezahlen.

Bau-Finanz-Kombinationen bietet die Gesellschaft "BayernGrund" an

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Die Kustermannvilla soll notfalls als Sicherheit für einen Kredit zur Finanzierung der Schulsanierung dienen © L.G.

Übernehmen würde die Finanzierung in der ersten Phase ein externes Unternehmen. Es gibt Konzepte, bei denen Dienstleister die Baubetreuung und die Finanzierung kommunaler Projekte kombinieren. Solche Modelle bietet zum Beispiel "BayernGrund" an, eine der Bayerischen Landesbank und der Sparkassenorganisation nahestehende Gesellschaft. Sie hat sich in Tutzing bereits vorgestellt und scheint auch interessiert an der Mittelschulsanierung zu sein.

Die Gemeinde will zu diesem Zweck einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem externen Dienstleister abschließen, doch dies muss nun erst einmal ausgeschrieben werden. Ob "BayernGrund" den Auftrag erhält, ist also noch nicht klar. Vieles deutet aber darauf hin, dass diese Gesellschaft zum Zuge kommen wird. Sie arbeitet für viele Kommunen, und für die Kombination von Baubetreuung und Zwischenfinanzierung scheint es nicht besonders viele Wettbewerber zu geben. Hinsichtlich der Schulsanierung würde "BayernGrund" in Tutzing sozusagen als "kleines Bauamt" fungieren.

Die Gemeinde Tutzing würde bei so einem Modell erst nach Abschluss der Sanierungsarbeiten zur Finanzierung herangezogen werden. Dafür gilt derzeit das Jahr 2024 als Zeitpunkt. Öffentliche Fördergelder und Beiträge anderer Gemeinden, die Schüler nach Tutzing schicken, sollen die auf Tutzing entfallende Zahlung zwar auf etwa zwölf Millionen Euro drücken. Dennoch wäre das für die Gemeinde eine erhebliche Anforderung, die unter ihren heutigen finanziellen Umständen nicht zu stemmen wäre.

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Verkauf der Kustermannvilla umstritten

Eine Kreditaufnahme wäre deshalb wohl unausweichlich - es sei denn, die derzeit schwache Finanzlage der Gemeinde würde sich bis dahin erheblich verbessern. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge wären dazu Sicherheiten nötig. Dabei laufen die bisherigen Diskussionen auf einen Verkauf der Kustermannvilla hinaus, auch wenn dies im Gemeinderat noch recht umstritten zu sein scheint.

Es gibt allerdings auch Hoffnungen auf deutlich höhere Gewerbesteuer-Einnahmen als bisher, so wegen der Neubauten auf dem ehemaligen Gelände von Boehringer-Mannheim und Roche. Doch wie sich das alles genau entwickelt und ob die Einnahmen in ein paar Jahren für die Ablösung der Schulfinanzierung ausreichen, steht in den Sternen.

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Kommentare

In meiner Jugend hier in Tutzing wurde das Gymnasium für Unsummen renoviert. Nun soll die Mittelschule saniert werden. Wenn ich die Kosten Je Klassenzimmer umrechne wird mir einfach nur schlecht. Je nachdem wieviele es dann zum Schluß werden kostet jeder Klassenraum bei dem Umbau zwischen 500.000 und 1.000.000 Euro. Man nehme es mir nicht krumm, das grenzt an Megalomanie.
Das Ende vom Lied mit dem Gymnasium war das Tutzing es nun an den Landkreis abgeben musste. Können wir uns den Exkurs nicht sparen und die Mittelschule gleich an den Landkreis abtreten? Und falls die Villa verkauft wird dann bitte in einer öffentlichen Auktion, vielleicht findet sich ja ein Bürger am Ort.
Zuerst habe ich diesen Beitrag als verspäteten April-Scherz eingestuft. Sollte der Gemeinderat ernsthaft den Verkauf der Villa in Erwägung ziehen, wäre es angebracht, unseren schönen Heimatort in Absurdistan umzubenennen und die mit Kustermann- verbundenen Bezeichnungen -Straße, -Park und -Villa abzuschaffen.
Der damalige Kommerzienrat hat seinerzeit dem ruhigen Fischerdorf durch seinen Weitblick den Weg zum Anschluss an die Neuzeit geebnet, indem er Tutzing als Bahn-Knotenpunkt und Umsteige-Station für den Verkehr aus München nach Garmisch und Kochel bzw. retour etabliert hat und so die eigenen Wirtschafts-Interessen mit dem zu erwartenden Aufschwung für den Ort kombiniert hat

Viele das Ortsbild bis heute prägende Gebäude stammen aus dieser Zeit, meisterhaft realisiert vom legendären Baumeister Knittl. Die Bauten der Neuzeit, z.B. Mittel-Schule oder Gymnasium mit Turnhalle scheinen weniger nachhaltig konzipiert zu sein, was schon jetzt nicht unerhebliche Kosten befürchten lässt.
Auch der Monarch aus Asien hat die Villa Stolberg der Gleichförmigkeit moderner Bauweise vorgezogen und dass hierzulande fällige Steuern auch zur Instandhaltung von Strassen und Wegen im Ort Verwendung finden, somit auch in seinem Interesse sind, hätte man ihm auch schon früher erklären können.
Seine Majestät als Fördermitglied im Verein zum Erhalt der Kustermann-Villa zu gewinnen, wäre doch einen Versuch wert, würde Aufmerksamkeit der Presse erhalten und wäre eine gute Werbe-Kampagne für den Tourismus im Ort, (Ironie und Lachen sind gut in Zeiten der Pandemie).
Wem etwas an unserem schönen Heimatort liegt, der unterstütze bitte den Förderverein - das kann und darf uns nicht gleichgültig sein.
Wären Sie, lieber Herr Rekus, bitte sehr bereit, Ihre Ausführung "Apropos" inkl. Ihrer Frage als Kommentar unter die "Tutzinger Standpunkte" zu wiederholen? Ein direkter Austausch mit dem Rathaus (und anderen Institutionen) und uns Bürgern, ist gerade das Ziel dieser neuen Rubrik der vor.Ort.news. Ihre Frage passt perfekt zu dem dort veröffentlichten Artikel, nämlich unseren Gemeindefinanzen, die der Dreh- und Angelpunkt für alle unsere gemeindlichen Vorhaben sind! Es wäre wirklich von großem Nutzen, wenn wir diese neue Plattform des Gedankenaustausches zum Leben erwecken könnten.

PS: Mit nur rd. 1,7 Mio. Euro ist Tutzing derzeit sehr niedrig verschuldet. Die Schulden sollen jedoch auf 7,7 Mio. bis 2024 anwachsen (diese Zahl ohne Kreditaufnahme für die Sanierung der Mittelschule).
Beim Thema Bayerngrund werden die Tutzinger Gemeinderäte hoffentlich vorsichtig sein und das Geschäftsmodell und seine Hintergründe genau durchleuten, bevor sie sich auf solch eine Verlockung einlassen.
Es ist noch gar nicht sooo lange her, da war die Bay. Landesbank selbst ein Sanierungsfall auf der Kippe. Der Freistaat hat dann selbst das Tafelsilber verramscht. Und das Interesse der Sparkassen an derartigen Projekten dürfte auch sehr von der aktuellen (Negativ)Zinspolitik abhängen. Echt verschenken können die Sparkassen jedenfalls derzeit auch keinen einzigen Euro.

Apropos:
(Auf begründeten Wunsch in die Kommentarspalte der TUTZINGER STANDPUNKTE verschoben.)
(Bearbeitet)
Es wäre wünschenswert, wenn das Rathaus hier noch mehr Informationen veröffentlichen könnte: 1. Wie gestaltet sich derzeit die Nutzung und die Finanzierung der Kustermannvilla (KV) und 2. wie soll die dringend erforderliche Sanierung der Mittelschule nicht nur finanziert aber durch welche Haushaltsüberschüsse tatsächlich "erwirtschaftet" werden. Die Information einer Kreditaufnahme mit der KV als Sicherheit ist nicht vollständig. Aufgrund des vorgelegten Haushalts bis 2024, ist nicht schlüssig wie rd. 12 Mio Schulden plus Zinsen künftig zurückgezahlt werden könnten. Aufgrund der "immer dünneren Luft" in unserer Finanzplanung ist vielmehr davon auszugehen, dass die als Sicherheit hingegebene KV unter den Hammer kommen würde.

Die Bürger, die den Erhalt der KV wünschen, würden sich bei einem Verkauf wohler fühlen, wenn sie Gewissheit (mittels Informationen) hätten, dass das Rathaus zunächst alle Möglichkeiten zum Erhalt der KV unter- und versucht hat. Dies bei Plan A: mit öffentlicher Nutzung und Plan B: bei privater Nutzung. In jedem Fall aber so, dass die Gemeinde durch den Betrieb/Vermietung der KV deren laufenden Kosten, Reparaturen und langfristige Instandhaltungen verdient. Wenn sich eine Möglichkeit findet, die aber nicht alle Kosten deckt, könnten zB private Förderer das Defizit spenden. Sollte das alles nicht gelingen, bliebe die Möglichkeit Überschüsse in anderen Haushaltsbereichen oder andere, innovative Zusatzeinnahmen für die KV zu generieren. Der Verkauf dieses Grundbesitzes sollte wirklich die allerletzte Möglichkeit sein. Und jedenfalls nicht von Gläubigern erzwungen sein, weil man deren Kredit nicht tilgen kann.
Voraussehen und vorhersagen müssen wir gar nichts, denn an den Naturgesetzen, namentlich an der Endlichkeit der Ressourcen, dürfte sich recht wenig ändern. Auch nicht am Faktum, dass Grund und Boden im geschlossenen System unseres Planeten begrenzte Güter darstellen. Wenn wir also in der Moderne irgendetwas verstanden haben sollten, Herr Rekus, ist es das: Die Zeit des Prassens ist vorbei. Und Schuldentilgung durch Privatisierung öffentlicher Güter steht genau für das, für ein Leben in Saus und Braus auf Rechnung der Zukunft. Darf ich Ihnen eine Buchempfehlung aussprechen? Dann lesen Sie doch bitte zu dem Thema die beiden bekannten Bücher des Historikers Yuval Noah Harari, "Eine kurze Geschichte der Menschheit" und "Homo Deus". Pageturner sind das, und nicht zuletzt Pflichtlektüre für alte weiße Männer wie Sie und ich ;-)
Die wahren Probleme und Vorlieben unserer Urenkel können wir heute genauso wenig voraussehen, wie unsere Urgroßeltern unsere heutigen Probleme und Wünsche ahnten? Womöglich glaubten sie ernsthaft uns einen Gefallen zu tun, wenn sie Nachbarländer eroberten und ferne Kolonien. Uns erscheint das heute absurd.
Und wir sollten unseren Urenkeln auch insoweit vertrauen, dass sie ihre Probleme zur gegebenen Zeit selbst lösen können, und dass sie ihre Visionen selbst erfüllen werden! Da habe ich ganz großes Vertrauen.
(Bearbeitet)
Vielleicht hilft bei dieser Erörterung die Einsicht, lieber Herr Ruess, dass es durchaus Werte gibt, die sich der ökonomischen Nutzung entziehen und trotzdem unveräußerlich bleiben. Und es gibt nicht wenige Zeitgenossen, denen erscheint der Gedanke als kühn, für zukünftige Problemlagen könnten solche Dinge die Lösung abbilden, die in der Gegenwart als nutzloser Ballast erscheinen. So wie dieses Grundstück, dessen Besitz unseren Urenkeln womöglich einen Stein vom Herzen plumpsen lässt, weil es die Lösung für was auch immer darstellen wird. Ich verstehe, dass ihnen diese Kombination vermessen vorkommt: Nicht ans Geld zu denken und dann auch noch eine Welt zu phantasieren, die sich nicht um uns dreht, um die heute Lebenden und deren Nöte. Diese Perspektive wird dadurch zur Zumutung, dass sie einiges an Fantasie voraussetzt und die Bereitschaft einfordert, über die eigene Nasenspitze und Generation hinauszudenken. Das ist in der Tat nicht leicht.
Öffentlich zugänglich war die Kustermannvilla und die sie umgebenden Wiesen bislang sowieso nicht; da vermietet/verpachtet.
Falls man diese Villa nun verkauft, um von den Schulden herunterzukommen und wieder mehr Gestaltungsspielraum zu gewinnen, sollte man zuvor vielleicht nochmal die Grundstückaufteilung überdenken.
-> Könnte man einen gewissen Streifen rundum vom zu verkaufenden Grundstück abtrennen und der Öffentlichkeit neu nutzbar machen?
-> An der Hauptstraße hätte man dann mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger, sowie ein paar Bänke zum Rasten.
-> Gleiches gilt für den Nemesweg.
-> Und ein breiterer öffentlicher Streifen entlang der Seeseite wäre für die Tutzinger Bürger und evtl. Gäste auch eine willkommene Wohltat.
-> Manch alte und erhaltenswerte Bäume würden dann auch im unmittelbaren Besitz der Gemeinde verbleiben, und wären somit weiterhin bestmöglich geschützt.
Der bislang geschäftlichen Nutzung der Kustermannvilla sollte das kaum abträglich sein und allen Vorteile bringen:
-> Die Gemeinde nimmt immer noch einen beachtlichen Geldbetrag zur Schuldentilgung und/oder für öffentliche Investitionen ein.
-> Der bisherige Mieter kann die Villa wie gewünscht kaufen und geschäftlich nutzen. (Die Randbereiche des abgezäunten Grundstückes waren für den Mieter von jeher kaum nutzbar und wären nur totes Kapital.)
-> Die Tutzinger Bevölkerung erhält im nördlichen Bereich des Kustermannparkes inkl. Nemensweg & Hauptstraße Zugang zu bislang versperrten Flächen.
(Bearbeitet)
Warum ist die Kustermannvilla eigentlich in Gemeindebesitz? Wie profitiert hier die Gemeinschaft? Soweit ich weiß ist das Gebäude an privatwirtschaftliche Unternehmen vermietet. Rechtfertigen die Einnahmen den Unterhalt und das gebundene Vermögen? Die Chancen diese Immobilie tatsächlich einem sozialen (z.B. Verband Wohnen?) oder gesellschaftlich relevantem Zweck (z.B. Museum? Noch eine Schule?) zuzuführen sind vermutlich gering. Der Garten der Villa ist auch nicht zugänglich für die Gemeinheit.

Insofern passt der Begriff Tafelsilber vielleicht ganz gut: Ganz leidlich anzuschauen, kann man aber eigentlich nicht benutzen, muss man dauernd putzen (und kann es nicht einmal in die Spülmaschine packen) und trennen will man sich auch nicht davon.

Da trauere ich um das Mayer Haus mehr: sozialer Wohnraum, Jugendzentrum, Erweiterung zum Gymnasium, Ergänzung zum Hort, bezahlbarer Wohnraum über Erbpacht, da fällt mir gleich so einiges ein...
Nein, das geht gar nicht. Wir wohnen im Landkreis mit der höchsten Millionärsdichte, und dennoch meint die Gemeinde, ihr Tafelsilber (also das Eigentum der Bürgerschaft) verscherbeln zu müssen, um ihren elementaren Aufgaben nachkommen zu können. Man kann es kaum fassen, dass der Gemeinderat solche Überlegungen anstellt und sich damit den Grundprinzipien der Verteilungs- und Generationengerechtigkeit so unverfroren verweigert. Denn die Grundversorgung der Jüngsten, namentlich der Schulbau der am stärksten benachteiligten Kinder dieser Gesellschaft, wird jetzt dazu benutzt, um Gemeindegrund in Privatbesitz umzuwandeln. Selbst wenn es sich nur um ein Absicherungsszenario handelt: Das ist inakzeptabel.
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