Das war eine Sternstunde der Diskussionskultur gestern Abend: Bei einer öffentlichen Online-Fraktionssitzung der Grünen zur Beleuchtung der katholischen Tutzinger Pfarrkirche St. Joseph gingen die Meinungen auseinander. Doch über den stets guten, sachlichen und höflichen Stil der Debatte zeigte sich Moderator Bernd Pfitzner, Gemeinderat der Grünen, am Schluss zu Recht erfreut. Es gab auch ein Ergebnis: Vertreter beider Seiten - Kirchenbeleuchtung ja oder nein - demonstrierten klare Kompromissbereitschaft.
St. Joseph sei eine „grüne Pfarrgemeinde“, bekräftigte Waltraud Brod, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats. Das gelte nicht unbedingt politisch, aber in Hinblick auf die Bewahrung der Schöpfung. Sie verwies auf die Bedeutung der von weithin sichtbaren Kirche für das für das Ortsbild und plädierte für eine Beleuchtung auf möglichst umweltfreundliche und energiesparende Weise.
Unter Berufung auf Kommentare, die bei der Pfarrei und bei vorOrt.news eingegangen sind, erwähnten Waltraud Brod und Sigrid Gottstein, die in der Pfarrgemeinde aktiv ist, eine Zustimmung von 78 Prozent der Bürger zur Kirchenbeleuchtung. "Licht in der Dunkelheit" Auch mehrere andere Teilnehmer der Runde betonten, die Kirche sei ein Wahrzeichen, ihre Beleuchtung am Abend mache Freude, dies sei auch ein Ausdruck von Kultur.
Welche Aufgaben haben die Kirchtürme?
Günter Schorn, Starnberger Kreisvorsitzender beim Bund Naturschutz, warnte dagegen vor den Gefahren für Tieren und Menschen durch die Bestrahlung. Zahlreiche Insektenarten gebe es schon nicht mehr, über 90 Prozent der nachtaktiven Tiere seien ausgestorben. Beim Menschen gebe es negative Auswirkungen auf die Gesundheit, so durch Schlaflosigkeit. Wegen der starken Beleuchtungen könne man auch den Sternenhimmel kaum noch erkennen.
Anerkennend äußerte sich Schorn über einen vor einigen Monaten von Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber veröffentlichten Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung. „Welche Aufgabe haben die Kirchentürme?“ fragte Schorn. Sie sollten die Bevölkerung zur Kirche hin locken, sagte er. Dazu gehöre auch das Glockenläuten, von dem er selbst sich gern anlocken lasse. Doch: „Dafür müssen die Türme nicht angestrahlt werden.“ Die Umgebung der Kirche sei nachts dunkler, sagte Schorn.
In der Diskussion sprachen sich schließlich mehrere Teilnehmer für eine Beleuchtung der Kirche vor allem zu bestimmten Anlässen und an hohen kirchlichen Feiertagen aus. Die Kirche müsse nicht montags bis freitags angestrahlt werden. Abends gegen 23 Uhr ende die Beleuchtung meist ohnehin. Im Sommer gehe es praktisch nur um etwa eine Stunde.
Angesichts der für notwendig gehaltenen Umrüstung auf umweltfreundliche Strahler warnten mehrere Teilnehmer: „Wenn jetzt nichts passiert, können wir diese Kirche nie wieder beleuchten.“ Im Winter sei die Gefährdung von Insekten längst nicht so groß.
Karsten Trost wies auch darauf hin, dass der Vorstoß für eine Diskussion über die Kirchenbeleuchtung von der Pfarrgemeinde ausgegangen sei. Wenn nun eine Komplettabschaltung gefordert werde, dann erzeuge dies Frustration.
„Wir müssen alle schauen, wo wir Energie und Lichtverschmutzung sparen können“, sagte Pfitzner und fügte hinzu: „Da sollte die Kirche mit gutem Beispiel vorangehen.“ Eine Beleuchtung der Kirche nur zu bestimmten Anlässen wäre, wie sich zeigte, auch für diejenigen akzeptabel, die einer Bestrahlung kritisch gegenüberstehen.
Fragen wegen der Bezahlung der Kirchenbeleuchtung durch die Gemeinde
Zur Sprache kam auch die Bezahlung der Kirchenbeleuchtung. Dafür kommt die Gemeinde Tutzing auf. Mehrere Teilnehmer wunderten sich darüber und fragten nach anderen Möglichkeiten, so einer Finanzierung durch die Kirche selbst. Pfitzner nannte einen Betrag von 6000 Euro, der im Raum stehe. Weshalb die Gemeinde für die Bezahlung zuständig sei, das sei nicht mehr zurückzuverfolgen, sagte Waltraud Brod. Aber auch wenn die Gemeinde in Geldnot sei, könne der billigste Weg nicht die Lösung sein. „Es sollte keine Frage der Kosten sein.“ Aus Kreisen der Kirchenverwaltung und des Pfarrgemeinderats gab es Andeutungen, dass die Kirche künftig zumindest einen Teil der Kosten für die Beleuchtung übernehmen könne.
In der Diskussion blieb es nicht allein bei Kritik an der Kirchenbeleuchtung. Mehrere Teilnehmer der Runde weiteten das Thema auf andere nächtliche Lichtquellen aus. „Das Midgardhaus ist mir seit Jahren ein Dorn im Auge“, sagte Schorn. Auch von einer Beleuchtung der Seefläche habe niemand etwas. Erwähnt wurden weiter Privatgärten, Weihnachtsbeleuchtungen, bei Dunkelheit beleuchtete Geschäfte, die Straßenbeleuchtung und ein besonders auffallendes Objekt in Starnberg: das bei Dunkelheit oft beleuchtetete Finanzamt im weithin sichtbaren Schloss.
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