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Youtube-Hilfe fürs Abitur

Bei Tutzinger Feier werden Veränderungen der Lernmethoden deutlich – Durchschnittsnote 2,33

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Freude über den "Youtube-Lehrer": Amadea Ackermann (li.) und Leandra Schweisgut © F.G.

Bruno Habersetzer sagte es offen: „Ich bin immer sehr erleichtert, wenn die Abi-Phase ohne Katastrophe über die Bühne gegangen ist“, gestand der Direktor des Tutzinger Gymnasiums am Freitag bei der Abiturfeier in der Dreifachturnhalle. In diesem Jahr gab es ja einige Diskussionen besonders über das Mathematik-Abitur in Bayern, aber im Tutzinger Gymnasium ist fast alles recht gut gelaufen. 58 von 59 Schülern, die angetreten sind, haben die Reifeprüfung bestanden, die Durchschnittsnote lag bei 2,33 gegenüber 2,29 im Landesdurchschnitt. "Das Gymnasium Tutzing kann sich durchaus sehen lassen“, kommentierte Habersetzer. „Es ist nicht so, dass für uns nur der Notendurchschnitt zählt – nein, wir sind mit dem Herzen dabei.“

Es sei der bisher kleinste Abitur-Jahrgang in Tutzing, sagte Oberstufenkoordinator Georg Bernböck. Vor ein paar Jahren waren es in Tutzing noch mehr als 100 Absolventen. Hintergründige Bemerkungen von Amadea Ackermann und Leandra Schweisgut in ihrer Abiturrede deuteten allerdings auf interessante Veränderungen hin. So verlegen sich die Schüler beim Lernen offenkundig mehr und mehr aufs Internet. Sichtlich beeindruckt erwähnten die beiden Abiturrednerinnen „Daniel Jung, den Mathe-Youtuber, der uns allen das Mathe-Abitur rettete“. Jung hat mit seiner Art, Mathe in Videos auf Youtube kurz, bündig und vor allem verständlich zu erklären, hohe Anerkennung bei der Jugend und ganz besonders bei Abiturienten erworben. Auch „Youtuber“ mit anderen Lehrinhalten sind bei den jungen Leuten beliebt.

"Trotz aller Diskussionen: Diese Schule funktioniert"

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58 Abiturienten und ganz viele Luftballons © L.G.

Eine „Schulzeit mit Blick auf den See“ erleben die Tutzinger Gymnasiasten, wie es die Abiturrednerinnen formulierten. Die ganze Gemeinde schien bei dem herrlichen Wetter in die Feierlichkeiten einbezogen worden zu sein. Den Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Joseph hatten zunächst die evangelische Pfarrerin Beate Frankenberger und der katholische Pfarrer Peter Brummer gemeinsam gestaltet, dann ging es zum Empfang und zu Fotos in den Bleicherpark. Schließlich flanierten die Abiturienten, alle elegant gekleidet, durch den Ort zur Dreifachturnhalle, die bereits festlich geschmückt war.

Längs durch die ganze Halle lag ein roter Teppich. Als es an die Zeugnis-Verleihung ging, versammelten sich die Absolventen ganz hinten vor einer Wand mit weißen Luftballons, aus denen die Schrift „Abi 2019“ gebildet war. Als sie aufgerufen wurden, gingen sie einzeln nach vorn zur Bühne. Manche tänzelten auch, einige hüpften. Es war ein ganz besonderer Moment, den sie alle sichtlich genossen. Vorn warteten Direktor Habersetzer, Oberstufenkoordinator Georg Bernböck und Claus Piesch, der Vorsitzende des Fördervereins. In einigen Fällen gab es Umarmungen - die lange Schulzeit hat ganz offensichtlich auch zu manchen persönlichen Verbindungen geführt. Schließlich nahmen alle Abiturienten auf bereitgestellten Stühlen Platz.

„Diese Schule funktioniert!“ sagte Direktor Habersetzer in seiner Rede, als müsse dies ausdrücklich betont werden. „Trotz aller Diskussionen“, fügte er hinzu - wohl ein Hinweis auf die lange Phase des Übergangs auf den künftigen Schulträger Landkreis Starnberg und auf die nachdrücklich geforderten Sanierungsmaßnahmen. Zu all diesen Themen nahm Habersetzer bei der Abiturfeier nicht konkret Stellung - sie werden an anderer Stelle intensiv behandelt. Schon am Dienstag im Gemeinderat geht es um die Sanierung der Turnhallen.

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"Die Situation aus der Perspektive des Gegenüber sehen"

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Die Abiturienten nach der Zeugnis-Verleihung auf der Bühne © L.G.

Die Redner der Abiturfeier setzten andere Schwerpunkte. „Wenn Ihr Euch in Zukunft daran haltet, jedem Menschen, der Euch begegnet, Respekt und Würde entgegenzubringen und wenn Ihr versucht, die Situation aus der Perspektive Eures Gegenüber zu sehen, dann werdet Ihr zu verantwortlichen Menschen, dann könnt Ihr in Würde, Respekt und Harmonie leben“, riet Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald.

Der stellvertretende Landrat Georg Scheitz sagte: „Vor Ihnen liegt die schönste Zeit im Leben.“ Er bat die scheidenden Gymnasiasten aber auch, die Heimat nicht zu vergessen. „Denkt nach, ob Ihr Euch auch mal ehrenamtlich engagieren könnt“, fügte er unter Hinweis auf den daneben stehenden Claus Piesch hinzu, der neben vielen anderen Aufgaben auch Vorsitzender des Starnberger Kreisjugendrings ist. Piesch, der in jedem Jahr ausgefallen kostümiert zur Abiturfeier kommt, war diesmal der „Man in black“. In Anlehnung an ein Goethe-Zitat sagte er: „Das Schicksal jedes Volkes und jeder Zeit hängt von den Menschen unter 25 Jahren ab.“

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Marlene Greinwald
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Georg Scheitz
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Gerhard Huber
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Claus Piesch © Fotos: F.G.

"Wenn Ihr Verantwortung übernehmt, seid Ihr richtig frei"

„Abi looking for freedom“ war das diesjährige Motto. „So frei, wie Ihr jetzt seid, seid Ihr lange nicht mehr“, sagte Gerhard Huber, der Vorsitzende des Elternbeirats. Die Welt stehe ihnen offen, nichts und niemand könne sie aufhalten. Doch: „Die Freiheit hört da auf, wo die Freiheit des Nachbarn anfängt.“ Die „fixe Idee“, möglichst viel Geld anzuhäufen, sei die beste Methode, möglichst unfrei zu werden. Als einfachste Methode der Freiheit bezeichnete Huber ein bewusstes Leben: Sich klar darüber zu werden, dass man für alles, was man tue, die Konsquenzen und die Verantwortung übernehmen müsse. Leider sei die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, aber aus der Mode gekommen. „Wenn Ihr Verantwortung übernehmt, seid Ihr richtig frei.“ Im Namen der Freiheit könne es sogar manchmal richtig sein, gegen Gesetze zu verstoßen.

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Sichtlich gut gelaunt waren Direktor Bruno Habersetzer, der Fördervereins-Vorsitzende Claus Piesch und Oberstufenkoordinator Georg Bernböck (von rechts) © L.G.

"Wir neigen zu Schreckens-Szenarien"

Direktor Habersetzer stellte nachdenklich den Umgang mit unklaren Zukunftsentwicklungen und die eigene Einstellung in den Mittelpunkt. Beispielhaft erwähnte er die Große Koalition in Berlin, eine EU nach dem Brexit, das „Kräftemessen USA-China“ und die Frage, was der Klimawandel für diesen Planeten bedeutet. „Wir neigen zu Katastrophen- und Schreckens-Szenarien“, sagte er: „Aber sind wir wirklich dabei, uns selbst zu verbrennen, wie es ein Klimaforscher formuliert hat?" Es gebe immer zwei Möglichkeiten: die positive Utopie und das Gegenteil, die auf ein negatives Ende hinauslaufende Dystopie. „Wir haben die Möglichkeit, aus der Zukunft etwas Gutes oder etwas Schlechtes zu machen“, sagte der Direktor. Im Sinn der Aufklärung empfahl er den Abiturienten: „Sapere aude“ - habe den Mut, weise zu sein, deinen Verstand zu gebrauchen. „Wer selbst denkt“, fügte er hinzu, „der ist Subjekt, nicht Objekt.“

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 1988
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