Von Ernst von der Locht

Spenden für Geflüchtete

Tutzinger Aufruf sehr überzeugend - aber alle staatlichen Rettungsaktionen wurden abgeschafft

Das Corona-Virus hat unser Leben verändert, weltweit. Und unsere Regierung hat gehandelt: die Maskenpflicht, auch Freiheiten eingeschränkt: die Versammlungsfreiheit, die Reisefreiheit. Besonders gefährdet sind Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben: Besuchsverbote.

Und was passiert mit den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, in denen Tausende in Zelten unter erbärmlichen Bedingungen jetzt den Winter überstehen müssen? Familien, Frauen, Kinder, die sich in ihrer Heimat bedroht sahen und deshalb in Europa Schutz suchen, um Asyl bitten. Kein europäischer Staat will sie aufnehmen, schon gar nicht angesichts der Pandemie. Die Lager werden abgeschottet, Besuche, auch durch Hilfsorganisationen, sind weitgehend verboten.

Gegen diese Abschottungspolitik der Bundesregierung und der EU hatten bereits im Juni 2019 zwölf deutsche Städte das Bündnis „Städte sichere Häfen“ gegründet, heute besteht es bereits aus 226 Gemeinden. Deutsche Städte wollen nicht mehr zuschauen, wie Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrinken oder in Flüchtlingslagern wie auf der Insel Lesbos unter katastrophalen Bedingungen leben müssen. Doch die Bundesregierung lehnt das Engagement der Kommunen für Flüchtlinge ab.

Die Bundesregierung lehnt das Engagement der Kommunen für Flüchtlinge ab.

Tutzing hat Denken über den Gemeinderand hinaus bewiesen

Im Herbst des vergangenen Jahres hatte sich auch der Gemeinderat Tutzing einstimmig dem Bündnis „Städte Sichere Häfen“ angeschlossen, auf Antrag des Ökumenischen Unterstützerkreises. Damit hat die Gemeinde bewiesen, dass die Mitglieder des Gemeinderates auch über den Gemeinderand hinausdenken können, dass alle Organe unseres Staates, die Gemeinden, die Landkreise, die Länder und der Bund die Menschenwürde achten und schützen müssen, auch die der Geflüchteten.

Nach dem Nazi-Regime und nach der Terroraktion des Zweiten Weltkriegs hatten wir das Asylrecht auch in unsere Verfassung aufgenommen und damit unseren Ruf als Land mit menschlichem Antlitz wiederaufgebaut. Im Jahre 2015 wurde unsere Bundeskanzlerin weltweit für ihre Aufnahmebereitschaft in der Flüchtlingskrise als Vorbild genannt. Aber das war einmal.

Die Türkei erhält Milliarden dafür, dass sie möglichst keinen Flüchtling nach Europa ausreisen lässt.
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Wenn wir uns heute anschauen, wie die deutsche Regierung und Europa mit den Flüchtlingen umgehen, dann haben offensichtlich die Grenzsicherung, die Abschottung und die Isolation der Geflüchteten Vorrang vor jeder humanen Maßnahme: Alle staatlichen Rettungsaktionen wurden abgeschafft, es gibt kein Rettungsschiff mehr, private Rettungsaktionen werden behindert und kriminalisiert. Die Türkei erhält Milliarden dafür, dass sie möglichst keinen Flüchtling nach Europa ausreisen lässt. Die Flüchtlinge in den griechischen Grenzlagern werden abgeschottet, ohne die Chance, in europäischen Städten aufgenommen zu werden.

Trotz der Corona-Pandemie gäbe es kein zusätzliches Risiko

Da das eigentliche Ziel des Städtebündnisses, die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland, noch nicht durchsetzbar ist, wollte der Ökumenische Helferkreis Tutzing zumindest die Flüchtlingshilfe im Mittelmeer unterstützen. Dazu hat er eine Spendenaktion gestartet, zugunsten der Seenotrettung und der Versorgung der Menschen in den Lagern. Offenbar war der Aufruf sehr überzeugend, denn auch die Gemeinde Tutzing hat sich beteiligt, als Partner im Bündnis Sichere Häfen, und sogar die Stadt München.

Das eigentliche Ziel des Städtebündnisses bleibt die Aufnahme der Geflüchteten in Deutschland. Trotz der Corona-Pandemie gäbe es da kein zusätzliches Risiko: Die Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, Katarina Barley, hatte vorgeschlagen, die Flüchtlinge aus den griechischen Lagern auf Kreuzfahrtschiffe aufzunehmen und von „Ärzte ohne Grenzen“ betreuen zu lassen. Wenn diese Schiffe dann in deutschen Häfen anlegen, besteht keine Ansteckungsgefahr wegen einer unerkannten Infektion.

Können wir doch noch auf die Bundeskanzlerin hoffen?

Solange die Bundesregierung diese menschenunwürdige Behandlung der Geflüchteten in Griechenland als Abschreckung aufrechterhalten will, sind alle Aktionen der Städte und Gemeinden zu begrüßen, die unseren Ruf als solidarischen und humanen Staat retten wollen.

Oder können wir doch noch auf die Bundeskanzlerin hoffen?

Ernst von der Locht, Dipl.sc.pol.

Spendenkonten

Gespendet werden kann unter dem Verwendungszweck „Tutzing hilft im Mittelmeer“ auf folgende Konten:
Gemeinde Tutzing:
IBAN DE 92 7025 0150 0430 5700 44

Katholische Kirchenstiftung St. Joseph Tutzing:
IBAN DE 09 7025 0150 0017 2467 78

Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Tutzing/Bernried:
IBAN DE 21 7025 0150 0010 5808 19

Online unter
https://www.betterplace.org/de/projects/87499-tutzing-hilft-im-mittelmeer
c/o Claudia Steinke, Beiselestraße 17a, 82327 Tutzing
kontakt@oeut.org

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