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Ammersee-Phänomen schwappt nicht über

Fische am Starnberger See immer kleiner - Fischer Bäck aus Unterzeismering rechnet nicht mit Umkehr

Die jüngsten Nachrichten vom Ammersee sind erstaunlich: Wie von Zauberhand sind die Renken dort plötzlich wieder kräftig gewachsen. Auf den Starnberger See aber scheint dieses Phänomen nicht überzuschwappen. „Die überzogene Sauberkeit des Wassers wird man nicht mehr auf ein normales Niveau bringen“, sagte der Fischer Rolf Bäck aus Unterzeismering bei einem Besuch von Landtags- und Kommunalpolitikern der CSU. Abgeordnete hilft fischen

Die Problematik ist seit Jahren bekannt: Der Starnberger See ist sozusagen zu sauber - jedenfalls fürs Wachstum der Fische. Er hat praktisch Trinkwasserqualität. Perfekt unter anderem für die Badegäste - aber die Fische werden immer kleiner. Früher wogen Renken etwa ein Pfund, es gab auch schon mal welche mit Kilogramm - aber heute bringen es die meisten von ihnen gerade noch auf 180 Gramm, viele sogar nur 150 Gramm.

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Immer kleinere Fische werden den Gastronomen am Starnberger See geliefert © L.G.

Am Ammersee war die Entwicklung genauso, bis sie sich jetzt gedreht hat. Renken mit 250 bis 280 Gramm sind den Fischern dort ins Netz gegangen. Auch über andere Fische wie Barsche, Hechte, Rutten oder Lauben äußern sie sich positiv, wenn auch andere - so Seeforelle oder Nerfling - immer noch sehr rar sind. Bäck, der in seiner Familie die 17. Fischer-Generation repräsentiert, rechnet dagegen am Starnberger See sogar mit noch weiteren Verkleinerungen der Fische. Die vor allem durch die Ringkanalisation erreichte Sauberkeit des Sees wird nämlich allgemein begrüßt, künstlich „verschmutzen“ will ihn niemand - und damit gibt es keine Aussichten auf eine Zuführung zusätzlicher Nährstoffe. Die wären aber notwendig, damit die Fische wachsen. Eine Rolle spielt auch, dass es am Starnberger See keinen großen Zulauf gibt.

Folge: Die Maschenweite der Netze wird immer weiter verkleinert. Früher waren es 50 Millimeter, vor Jahren 40 Millimeter, in den vergangenen Jahren 38 Millimeter - und in diesem Jahr sind es nur noch 36 Millimeter. Am Ammersee geht es mittlerweile wieder in die andere Richtung: Einige Fischer haben die Maschenweite dort schon wieder auf 37 Millimeter vergrößert.

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Ein kleiner und ein etwas größerer Fisch - aber ganz große werden immer seltener © L.G.

Die gewählte Maschenweite ist wichtig wegen der Nachhaltigkeit: Damit der Fischbestand erhalten bleibt und sich fortentwickeln kann, sollen kleinere Fische hindurchschwimmen. Im Netz hängen bleiben sollen dreijährige und ältere Fische, die schon einmal abgelaicht haben.

Am Bodensee ist die Lage so gravierend, dass die Zahl der Fischereipatente reduziert werden soll. In der Fischereigenossenschaft Starnberger See ist diese Entwicklung ein Dauerthema, aber eine Patentlösung kennt niemand. Als einzige Möglichkeit gilt eine Veränderung der Genetik - durch Einleitungen zum Beispiel vom Chiemsee oder auch vom Ammersee.

Auch am Starnberger See, an dem es 34 Berufsfischer gibt, werden solche Versuche unternommen. Doch bis sich Ergebnisse zeigen werden, dürfte es noch Jahre dauern. Der Fischbestand im See hat sich zudem verändert. Saiblinge und Zander sind seltener als früher, den mit Abstand größten Anteil bilden die Renken.

Die Fischverkleinerung hat viele Folgen, so für die Gastronomie: „In diesem Frühjahr mussten wir für eine Portion schon manchmal drei Fischfilets auf den Teller legen“, sagt Midgardhaus-Wirt Fritz Häring. Viele Fische müssen auch zugekauft werden. Noch aber stammen laut Häring rund 70 Prozent der im Midgardhaus servierte Fische aus dem Starnberger See.

Quelle Titelbild: L.G.
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Kommentare

Guten Tag liebe Leser,
Als jemand der den Ammersee kennt und die ganzen Jahre die Fischerei verfolge, möchte ich einiges Aufklären.
Es gibt am Ammersee 23 Aktive Berufsfischer, diese Berufsfischer können fast jeden Tag im Jahr theoretisch auf den See fahren und ihre Netze auslegen. Die Netzlänge beträgt bis zu 500m, die Berufsfischer können die Netze aufteilen und so sensible Uferbereiche leer fischen.Im Frühjahr wenn die Fische zum laichen in die Uferbereiche kommen, werden gezielt Netze auf Laichfische ausgelegt. Wenn Renken gut abwachsen, fahren alle raus und fischen den Ertrag komplett ab. Nächstes Jahr brechen dann wieder die Erträge ein. Das Spielchen geht über die Jahre hinweg, aber niemals werden sie die Selbstkritik seitens der Berufsfischer lesen. Da ist das Wasser zu sauber oder zu wenig Hochwässer oder der böse Kormoran ist schuld. Der Ammersee ist eine Wüste von Netzen geworden, der Naturschutz hört an der Wasseroberfläche auf und Kormorane plündern die Netze. Was soll der Kormoran auch sonst machen, wenn kaum noch Rotaugen, Barsche, Brachsen, Nerflinge, Aitel, Rotfedern in ausreichender Anzahl zu finden sind? Landet alles als Beifang in den Netzen. Es gibt Berufsfischer am Ammersee die gezielt im Winter mit Ufernetzen auf Seeforellen ihre Netze auslegen. Ein älterer Herr aus Diessen wurde oft gesehen in Aidenried unten und die Zahl der gesetzten Seeforellen wurde immer weniger. 2018 war ein sehr trockenes Jahr, kaum Hochwässer, aber die Renke wuchs sehr gut ab, eigenartig, dürfte sie nur gut abwachsen bei Hochwässern. Im Jahre 2003 bis 2007 fand kaum eine Befischung statt. Die Bestände erholten sich, Rekordfänge waren möglich, doch bereits 2009 wurden die Bestände geplündert und es brachen dann die Fänge wiedermal ein.
Ich bin sehr verbittert, mittlerweile gibt es am Starnberger See die gleichen Probleme. Zu viele Berufsfischer und leere Netze.
Unsere Voralpinen Seen, werden seitens der Berufsfischer nur als Ertragsfläche gesehen, es wird raus geknüppelt was geht und wenn die Fischbestände durch die starke Überfischung zusammenbrechen, nach Ausreden gesucht, stattdessen die Bewirtschaftung anzupassen. Dem treiben der Berufsfischer wird seitens der Regierung kein Einhalt geboten, die Seen und Schlösserverwaltung lässt den Berufsfischern freie Hand, Kein Biologe kontrolliert diese Fischer, und das Landwirtschaftsministerium will keinerlei Einschränkungen für ihre Kollegen. Wer erhebt also die Stimme für die Fische? Niemand, sie gelten nur als regionales Produkt, das es zu vermarkten gilt. Für Fische die kein Geld bringen oder die Renken gefährden, wie z.B der Hecht als Überträger des Hechtbandwurms gilt der Grundsatz nur Raus damit, die bringen kein Geld!! Renken, Renken über alles!! Als positives Beispiel für Bewirtschaftung eines Sees, sehe ich den Chiemsee und den Wörthsee. Im Chiemsee sind Erträge von 20Kg pro Hektar möglich.Im Wörthsee sind es 15 Kg. Dort läuft die Bewirtschaftung anders.Ich würde den Ammersee Fischern und Starnberger Fischer empfehlen, die Fischereirechte zu minimieren. Die Länge der Netze zu verkleinern und die Anzahl der Fangtage. Folge wird sein, dass die Fischbestände explodieren werden und dadurch mehr Fisch wieder in den Netzen hängen bleibt. Der Kormoran wird dann vermutlich auch weniger Fisch aus den Netzen klauen, weniger Netze sind leichter mit der Schrotflinte zu verteidigen. Doch das wird nie kommen, die Uneinsicht der Berufsfischer ist sicher, die Öffentlichkeit hat kein Interesse an diesem Problem und die Regierung und die Behörden wollen die Tradition nicht gefährden, es bleibt alles wie es ist und wir werden weiterhin das Jammern der Berufsfischer lesen müssen, die eigentlich alle miteinander Millionäre sind, es gar nicht nötig hätten die Seen so zu plündern. statt ökologisch zu bewirtschaften. Würden sie weniger radikal denken, sondern mit Hirn und Herz auf die starke Befischung verzichten, würde es bergauf gehen. Es geht mir nicht die Berufsfischer zu vernichten, sondern nur eine Verbesserung der Bestände. Berufsfischer können durchaus positiv auf ein Gewässer einwirken und die Natur wirklich schützen und pflegen.
Mit Freundlichen Grüssen
Franz Ellinger
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