
Da reiben sich manche verwundert die Augen: Am Donnerstag hat sich der Tutzinger Gemeinderat mit einem „Antrag auf Baugenehmigung (Tektur) zur Errichtung eines Mobilfunkmastes mit zugehöriger Technikeinheit für das Vodafone Mobilfunknetz“ zu befassen - und zwar genau dort, wo der Gemeinderat eine solche Anlage abgelehnt hat: auf einem privaten Grundstück mit der Flurnummer 2380 im Tutzinger Ortsteil Monatshausen.
Offensichtlich handelt es sich um einen neuen Antrag mit leicht geänderten Abmessungen für den Funkmast. Die Gemeinde Tutzing hatte dem Vodafone-Konzern dagegen einen anderen Standort auf einem ihr gehörenden Grundstück nahe der Monatshauser Straße angeboten. Um dies zu ermöglichen, hatte der Gemeinderat sogar einen 2020 von ihm gefassten Grundsatzbeschluss zum Mobilfunk für dieses eine Grundstück aufgehoben.
Nach dem – seinerzeit heftig umstrittenen - Grundsatzbeschluss soll nämlich die Aufstellung von Sendeanlagen mit Frequenzen über 3,8 Gigahertz im gesamten Gemeindegebiet erst dann gemeindlich unterstützt werden, wenn „die Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt durch industrie- und regierungsunabhängige Wissenschaftler verlässlich nachgewiesen ist“.
Der beantragte Standort und der Alternativstandort
Der "Pakt Digitale Infrastruktur" könnte dem Vodafone-Konzern entgegenkommen

Wie der neue Antrag zeigt, scheint der Vodafone-Konzern aber trotz allem den von ihm bevorzugten Standort durchsetzen zu wollen. Helfen könnten ihm dabei die neuen gesetzlichen Regelungen. Das seit zwei Jahren geltende Telekommunikationsmodernisierungsgesetz soll den Ausbau der digitalen Infrastruktur im Festnetz- und Mobilfunkbereich schneller voranbringen. Im „Pakt Digitale Infrastruktur“ haben darüber hinaus der Freistaat Bayern, die Mobilfunkbetreiber und die kommunalen Spitzenverbände Maßnahmen zur Beschleunigung des Mobilfunkausbaus vereinbart.
Zukünftig werden bei vielen Mobilfunkmasten keine Baugenehmigungen mehr benötigt. Das gilt für Masten bis zu einer Höhe von 20 Metern statt bisher 15 Metern im Außenbereich sowie für Masten im Innenbereich bis zu einer Höhe von 15 Metern statt bisher 10 Metern. Für temporäre Masten gilt außerdem keine Höhenbegrenzung mehr, wenn diese für maximal 24 Monate aufgestellt werden und zur Schließung einer bestehenden Versorgungslücke erforderlich sind.
"Genehmigungsfiktion": Automatische Genehmigung sechs Monate nach Einreichung der Unterlagen
Für alle Masten, die über die Höhengrenzen hinaus weiterhin baugenehmigungspflichtig sind, ist eine so genannte Genehmigungsfiktion eingeführt worden. Damit gilt ein Mobilfunkmast automatisch sechs Monate nach Einreichung der Unterlagen als genehmigt. Außerdem müssen Mobilfunkmasten im Außenbereich in Zukunft keine Abstandsflächen mehr einhalten. Dadurch sind mehr Standorte möglich.
All diese Änderungen sollen der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens dienen. Abstriche bei der Sicherheit gebe es dabei aber nicht, erklärt der für Wohnen, Bau und Verkehr zuständige Minister Christian Bernreiter. Auch bei genehmigungsfreien Masten seien die Betreiber dafür verantwortlich, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten würden, zum Beispiel Brandschutz und Standsicherheit.
Die Tutzinger ÖDP-Gemeinderätin Caroline Krug hält das für bedenklich. "Was mich besonders erschüttert, ist die Aussage, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, zum Beispiel Brandschutz und Standsicherheit - es wird aber nicht einmal auf gesundheitliche Aspekte eingegangen", kritisiert sie.
Bisher ist nicht zu erkennen, dass sich an der rechtlichen Einschätzung der Gemeinde etwas geändert haben könnte. Zur Debatte gestanden hatte auch eine planungsrechtliche Ausschöpfung weiterer Möglichkeiten mit einer Bauleitplanung. Davor hatte der für die Gemeinde in dieser Angelegenheit tätigte Rechtsanwalt Frank Sommer aber gewarnt, weil sich die Gemeinde damit seiner Meinung nach „in ein Abenteuer stürzen“ würde. So könnten die Kosten eines solchen Verfahren eine mittlere fünfstellige Höhe erreichen, wie er sagte. Für sinnvoller hielt es der Jurist, abzuwarten, wie weit die Gemeinde mit ihren Argumenten gegen den Bauantrag kommen wird. Im Fall des Falles bleibt der Gemeinde auch noch die Möglichkeit einer Klage beim Verwaltungsgericht.
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