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Grundeigentümer sollen in Tutzing künftig einen Teil von neuem Baurecht für soziale Zwecke abgeben

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Diemendorf: Der erste Tutzinger SoBoN-Anwendungsfall in diesem Ortsteil? Das Bauvorhaben, um das es aktuell geht, ist auf westlicher Seite geplant (rechts im Bild) © L.G.

Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald sagt es, als müsse es eigens betont werden: „Wir enteignen ja nicht.“ Der Bauwerber könne so bauen, wie er es plane. Aber Einschränkungen, bestätigt sie, müsse er hinnehmen. Konkret geht es dabei um ein geplantes Dreifamilienhaus, das eine Familie mit drei derzeit noch kleinen Kindern im Tutzinger Ortsteil Diemendorf errichten will. Dieses Bauprojekt könnte nach Meinung der Bürgermeisterin der erste Anwendungsfall der so genannten „sozialgerechten Bodennutzung“, kurz „SoBoN“, in Tutzing sein.

Ein solches Modell soll in unserer Gemeinde eingeführt werden. Am 3. Juli steht es im Gemeinderat zur Diskussion. Dabei geht es um künftiges Baurecht: Wenn solches neu geschaffen wird, dann entsteht üblicherweise Wertzuwachs - und zwar nicht selten in beträchtlicher Höhe. Gleichzeitig wird immer häufiger Mangel an bezahlbarem Wohnraum beklagt. Der erhebliche Wert von neuem Baurecht soll deshalb – so der Grundgedanke der „SoBoN“ - nicht nur demjenigen zugute kommen, dem der betreffende Grund gehört. Ein Teil davon soll vielmehr für soziale Zwecke hergegeben werden, damit weniger gut betuchte Menschen einigermaßen günstig wohnen können.

50 Prozent des Wertzuwachses für soziale Zwecke stehen zur Debatte

Wie groß dieser Anteil ist, das entscheidet jede Kommune für sich. Die einen wählen 30 Prozent des Wertzuwachses durch neues Baurecht, die anderen 50 Prozent. In Tutzing stehen zurzeit nach Greinwalds Angaben 50 Prozent zur Debatte, aber darüber wird es wohl noch Gesprächsbedarf geben. Wenn die „SoBoN“ in Tutzing beschlossen werden sollte, dann soll sie jedenfalls überall dort angewandt werden, wo neues Baurecht geschaffen wird - und zwar nach Greinwalds Worten sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich.

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"SoBoN" sorgt für Diskussionen

Das Thema "SoBoN" sorgt durchaus für Diskussionen. Nicht jeder will sich damit abfinden, dass Grundeigentümer etwas von ihrem Eigentum abgeben sollen. Dazu sagt die Bürgermeisterin, es werde ja lediglich von der großen Gewinnspanne, die bei neuem Baurecht entsteht, ein Teil für soziale Zwecke genutzt: „Wir haben ein riesiges soziales Problem.“

Tatsächlich ist kein Geheimnis, dass mittlerweile gerade viele junge Tutzinger Familien die Gemeinde verlassen haben, weil ihnen in dieser Gegend das Wohnen zu teuer ist. Ob „SoBoN“ dazu beitragen kann, dieses Problem zu lösen, dafür gibt es zwar keine Garantie. Aber die Befürworter des Modells hoffen auf eine gewisse Entspannung der Lage am Immobilienmarkt durch solche Methoden.

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Hier Grün, dort Bauten: Wo genau der Innenbereich in Diemendorf aufhört und wo der Außenbereich beginnt, darüber streiten die Gelehrten © L.G.

Spielt der soziale Gedanke beim Baurecht eine Rolle?

Was den möglichen ersten Anwendungsfall in Diemendorf betrifft, so muss das betreffende Bauvorhaben nun allerdings erst einmal genehmigt werden. Der Bau- und Ortsplanungsausschuss des Gemeinderats hat den Antrag zwar schon mal befürwortet. Doch das Landratsamt als Genehmigungsbehörde steht ihm keineswegs vorbehaltlos gegenüber. Bei dem betreffenden Grundstück ist nämlich strittig, wo die Grenze von Innen- und Außenbereich verläuft. Die Gemeinde beurteilt dies anders als die Kreisbehörde, die zu einer Ablehnung neigt, wie sie in Vorgesprächen bereits signalisiert hat. Den Tutzinger Bauausschuss hat dies nicht von seiner mehrheitlichen Zustimmung zu dem Bauantrag - mit 5 gegen 2 Stimmen - abgehalten.

Wenn gerade auch für soziale Zwecke - Stichwort SoBoN - dringend Bauflächen benötigt werden, wird man möglicherweise dazu neigen, mit neuem Baurecht etwas großzügiger zu sein. Dieser Gedanke scheint im Tutzinger Bauausschuss bei dem einen oder anderen mitgeschwungen zu haben. Eine spannende Frage ist es nun deshalb, ob auch das Landratsamt solche sozialen Überlegungen in seine Beurteilung einbezieht oder den Fall allein unter baurechtlichen Aspekten bewertet.

Quelle Titelbild: L.G.
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