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„Extrem positiv“

Der zweite geplante Neubau auf dem ehemaligen Roche-Gelände kommt im Gemeinderat glänzend an

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"Leucht-Turm für Tutzing": Dieser Gebäude-Entwurf bringt Gemeinderäte ins Schwärmen © Twiehaus Architekten und Ingenieure, Tutzing

Manche Besucher des Tutzinger Gemeinderats schienen es nicht glauben zu können. Kaum jemand konnte sich an eine derart einhellige Begeisterung des Kommunalgremiums über ein beantragtes größeres Gebäude erinnern. Als es jetzt um das geplante zweite Bauwerk auf dem früheren Roche-Gelände nach dem in Entstehung befindlichen neuen Hotel Simson ging, überboten sich die Gemeinderäte mit Lob und Anerkennung für den Entwurf schier gegenseitig.

Die Planung für das IT-Unternehmen Lobster, das das betreffende Grundstück gekauft hat, mache städtebaulich einen guten Eindruck, sagte der sonst oft äußerst kritische Ortsplanungsreferent Wolfgang Marchner (Bürger für Tutzing). Erstklassig fand Bernd Pfitzner (Grüne) die Planung. „Ich sehe es extrem positiv“, sagte Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU), die von einem gelungenen Entwurf sprach. Einen auf dem Gebäude geplanten Turm nimmt Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) zum Anlass, auf der Homepage seiner Gruppe geradezu von einem möglichen „Leucht-Turm für Tutzing“ zu schwärmen https://www.tutzinger-liste.de/blog/category/unsere-themen/ortsentwicklung/. Martin Pulfer (ÖDP) hoffte, dass das Gebäude möglichst schnell errichtet wird. Die große Anerkennung für die Lobster-Planung bildet einen auffallenden Gegenpol zu Urteilen über den benachbarten Gewerbekomplex "FourSite". Bürgermeisterin Marlene Greinwald sagte, sie halte „den Rossmann-Bau“ für „nicht besonders gelungen“. Die Drogeriemarktkette Rossmann ist nicht dessen Eigentümer, sie betreibt dort seit einigen Jahren eine Niederlassung.

Wir brauchen Gewerbe, das zu Tutzing passt Bürgermeisterin Marlene Greinwald

Die in Tutzing gegründete, später nach Starnberg umgezogene und derzeit in Pöcking ansässige Firma Lobster sei ein regionales Unternehmen, das mit großen internationalen Unternehmen in Wettbewerb stehe, sagte Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler): „Wir freuen uns sehr, dass sie nach Tutzing zurückkommt.“ Und sie fügte hinzu: „Ich glaube, dass wir mit diesem Unternehmen einen ganz wichtigen Schritt für die Zukunft von Tutzing tun - wir brauchen ja Gewerbe, das zu Tutzing passt.“ Ähnlich Pfitzner: "Wenn so eine Firma nach Tutzing kommen will, sollten wir das unterstützen.“ Sehr positiv auch Dr. Heinrich Reiter (Freie Wähler): „Es ist gut für Tutzing, dass wir so ein innovatives, zukunftsträchtiges Unternehmen an diesen Standort bekommen.“ Dort würden hochwertige Arbeitsplätze geschaffen: „Das ist wichtig für uns.“

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Stadtplaner Burgstaller: "Es kann ein sehr attraktiver Ort werden"

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"Ein freches, dynamisches, junges Konzept": Planer Jochen Twiehaus © L.G.

Trotz der allgemeinen Zustimmung sah Stefanie von Winning (CSU) noch einmal Anlass, vor einer generell allzu kritische Haltung gegenüber Gewerbeansiedlungen zu warnen. Sie sprach von der „Tutzinger Krankheit“ und sagte: „Wir werden kein Unternehmen finden, bei dem alle 20 Gemeinderäte - sagen: Das gefällt mir.“ Schon gar nicht werde dies bei allen 10 000 Bürgern von Tutzing gelingen. Nachdrücklich plädierte sie dafür, bei Lobster die Chance zu ergreifen. „Wo sollen wir bei unserer Landschaft noch hin?“ fragte sie. Georg Schuster (ÖDP) schloss sich dieser Auffassung voll an. „Ich möchte nur an den Mut unserer Vorfahren erinnern“, sagte auch Elisabeth Dörrenberg. Sie hätten große Gebäude wie das der Schlossbrauerei problemlos errichten lassen. Lobster sei eine „Superfirma“, fügte sie hinzu.

Nach Überzeugung des Stadtplaners Prof. Florian Burgstaller wird das Gebäude zur Belebung des gesamten Areals beitragen: „Es kann ein sehr attraktiver Ort werden.“ Der neue, vom Gemeinderat einstimmig befürwortete Entwurf ersetzt eine frühere Planung, die der Gemeinderat bereits befürwortet hatte. Das war aber eher ein ruhiges, geschlossenes Bürogebäude, sagt Jochen Twiehaus, der Chef des Architekten- und Ingenieurbüros Twiehaus in Tutzing, von dem die Planung stammt. Bei der Firma Lobster arbeite eine sehr junge Truppe, deshalb habe er mit seinem Team eher ein „freches, dynamisches, junges“ Konzept gesucht.

Ich möchte an den Mut unserer Vorfahren erinnern Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg

Diskussionen über die Höhe des Gebäudes

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Der Turm ist am Eck zur Bräuhausstraße hin, neben dem in Bau befindlichen Hotel Simson (re.), geplant © L.G.

Das Ergebnis ist ein Bauwerk mit einem etwas mehr als 16 Meter hohen vierstöckigen Haupttrakt, dessen oberstes Geschoss zurückspringt, und dem Turm an einer Ecke zur Bräuhausstraße hin, der das Hauptgebäude um ein Stockwerk überragt. Dort oben soll ein Schulungsraum entstehen. Das Gebäude soll an dieser Stelle 20,65 Meter hoch werden, 2,30 Meter höher als der benachbarte Gewerbekomplex „FourSite“ und 2,40 Meter höher als der erste Entwurf für dieses Grundstück.

Diese Höhe sorgte im Gemeinderat für einen der wenigen Kritikpunkte. Twiehaus begründet sie mit den von der Arbeitsstätten-Richtlinie vorgegebenen Raumhöhen. Marchner bestätigte diese Notwendigkeit, warnte aber vor einer Ausstrahlung der Erhöhung auf die weiteren drei auf dem Ex-Roche-Gelände vorgesehen Gebäude. Stefan Feldhütter (Freie Wähler) befürchtete eine „Salamitaktik“ - sprich: Bau für Bau immer höher. Reiter plädierte für ein aussagekräftiges Modell des Gebäudes, um die Wirkung - auch im Verhältnis zur Umgebungsbebauung - genau beurteilen zu können. „Wir sind sensibel bei der Höhe“, sagte Bürgermeisterin Greinwald, „aber vielleicht muss man je nach Bauwerber entscheiden - es kommt drauf an, was für eine Firma kommt.“

Pilzdecke und Rundum-Verglasung

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Dieser Anblick soll bald Vergangenheit sein: Das Lobster-Grundstück heute. Nebenan steht noch einer der Altbauten von Boehringer-Mannheim, im Hintergrund die vom selben Unternehmen stammende Rotunde © L.G.

„Sehr hohe Transparenz und Offenheit soll von innen nach außen wirken“, sagt Twiehaus. Eine so genannte Pilzdecke ist vorgesehen, mit einem stabilen Betonkern in der Mitte, um den herum alles andere weitgehend flexibel gestaltet werden soll. Die Fassaden sollen nach seinen Worten rundherum verglast werden, hinzu kommen sollen bewegliche Metall-Lamellen. Auf dem obersten Geschoss des Haupttrakts soll den Mitarbeitern eine Dachterrasse zur Verfügung stehen. Im Erdgeschoss wird es vielleicht zunächst Mietbüros für externe Nutzer geben, außerdem ist dort ein Lokal vorgesehen, das tagsüber als Kantine für die Lobster-Mitarbeiter dienen und abends ein Restaurant für die Öffentlichkeit sein soll. Mit potenziellen Betreibern laufen schon Gespräche.

Die Front von der Bahnhofstraße aus werde angenehmer, sagte der Stadtplaner Prof. Florian Burgstaller. Eine Tiefgarage unter dem Lobster-Bau, verbunden mit einer weiteren unter dem Simson, soll größer werden als bisher vorgesehen. Einer unterirdischen Vergrößerung des Baufeldes zu diesem Zweck hat der Gemeinderat ebenfalls zugestimmt. Die Firma Lobster will aber nur einen Teil dieser Stellplätze selbst nutzen, weil sie eine Anreise vieler Mitarbeiter mit öffentlichen Verkehrsmitteln erwartet. Für Bahn-Pendler scheinen die Parkplätze nicht vorgesehen zu sein.

Pfitzner sagte, die Energiekosten in einem voll gläsernen Büro würden relativ hoch sein. Er regte Vorgaben für die Energieversorgung an. Dazu verweist Twiehaus auf eine auf dem Turm vorgesehene Photovoltaikanlage und den geplanten Anschluss an ein Blockheizkraftwerk, das in der Spitze des „Simson“ stehen soll und heute bereits als Provisorium vorhanden sei.

Baubeginn für das Lobster-Gebäude soll nach Angaben von Twiehaus im späten Frühjahr 2019 sein. Bezugsfertig sein soll das Bauwerk Ende 2020.

Quelle Titelbild: Twiehaus Architekten und Ingenieure, Tutzing
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