Kommentar
28.6.2022
Von L. Vorlíčková und S. Knittl

Der Feldafinger Gemeinderat ist sich einig: Albers für die TUM!

KOMMENTAR: Millionenschweres Seegrundstück für die Universität Die Autorinnen Lucie Vorlíčková und Stefanie Knittl sind Initiatorinnen der Petition "Albers für alle"

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Die prompte Reaktion der beiden Petentinnen zur Präsentation der TUM-Pläne: "Die 'Sauerei' wird jetzt auch noch voglwuid! - Das reetbedeckte Bootshaus soll künftig der Forschung der Bewegung von Wasservögeln dienen." © Ulfers Arlet

Mit sichtlichem Stolz beschließen der Feldafinger Bürgermeister und „sein“ Gemeinderat am Dienstag einstimmig die Überlassung des Albers-Anwesens an die TU München. Viele Bürger sind davon sichtlich enttäuscht. Auch weil ihnen das gewählte Kontrollorgan die Erklärung schuldig bleibt, warum die Gemeinde ihre eigene Landtags-Petition für die gemeinnützige Öffnung von Villa und Park dreist zur Unterstützung der institutionellen Versperrung des Seegrundstücks benutzt hat.

Der in der Evangelischen Akademie aufgewachsene Prof. Dr. Arnulf Melzer, hat in seiner Präsentation visuell und rhetorisch alle Register gezogen. Nichts was „State of the Art ist, wurde ausgelassen. Vom Naturschutz zur gemeinnützigen Müllsammlung durch die Studierenden, von der Inklusion bis hin zu Seminaren in Zivilcourage. Der Gemeinderat war richtig beeindruckt und sah wohl das vermittelte Bild des bayerischen “Silicon Valley” schon vor sich – von der südlichen San Francisco Bay ans Westufer des Starnberger Sees. Auf die Frage aber, wie denn so eine Studienwoche konkret in der Albers-Villa ablaufen wird, übrigens die einzig kritische in der ganzen Sitzung (!), antwortete Melzer mit noch mehr heißer Luft. Es würden 55 Studierende aus aller Welt kommen und Beiträge zu allen Problemen der Welt leisten - 16 davon dürften am Anwesen übernachten. Im Bootshaus ist übrigens die „Forschung zur Bewegung von Wasservögeln“ geplant. Viele der rd. 20 anwesenden Bürger konnten sich nicht halten und haben während der Präsentation immer wieder losgeprustet – für uns erstaunlich, dass auch die Vorstandsmitglieder des Kulturvereins Garatshausen darunter waren – , so dass der Bürgermeister mehrmals um Ruhe im Saal bitten musste. Ohne Humor, war diese Exzellenz-Demonstration künftiger Spitzenleistungen aber nicht auszuhalten.

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„Garatshauser Bürger begrüßen die Entscheidung für die TUM“ – Wirklich?

Die Garatshauser Sprecherin im Feldafinger Gemeinderat hat ausgeführt, sie könne von den Garatshausenern berichten, dass diese die TUM begrüßen und sich auf den Austausch zwischen den Studenten und der Bevölkerung freuen. Wir haben über Monate viele Bürgergespräche geführt und zwei Sprechstunden in Garatshausen abgehalten, also auch mit sehr vielen Menschen gerade in Garatshausen gesprochen. Die eindeutige Mehrzahl hat sich dabei klar gegen die TUM ausgesprochen. Hier steht ihre Aussage also gegen unsere. Die Ortssprecherin trug dann noch den Bürgerwunsch nach einem Rundweg vor, die bei den Planern auf keine Erwiderung stieß. Ihre Rolle der Bittstellerin erschien dabei befremdlich, nachdem der TUM vom Steuerzahler ein millionenschweres Seegrundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird.

Was wird jetzt eigentlich aus dem Zutritt zum Seegrundstück für die Öffentlichkeit?

Ganz einfach: Nix! Die Öffnung an Sommersonntagen steht in den Sternen, da die TUM keine Kapazität aber und kein Geld für eine Wach- und Schließgesellschaft hat. Es bleibt also bei ganzen 3 Publikumstagen - ohne Übernachtung. Der Vorstand des Kulturvereins schmeißt ein Sommerfest, am Tag des offenen Denkmals treffen wir uns zum Picknick und an der Jahrestagung der „Jungen Akademie“ beklatschen wir die „Beiträge zu allen Problemen der Welt“. Und ob und wieviel Öffnungen für Ausstellungen pro Jahr dazu kommen bleibt unklar. Vor dem Zaun werden aber gewisse „Attraktionen“ für die Öffentlichkeit „ganzjährig erlebbar“ sein - der Stichweg wird verlängert und endet an einem Holzplateau mit Ausblick und auf der Kuppel soll es Wasserspiele geben. Warum hat der Gemeinderat nicht wenigstens den Rundweg und die im Bayerischen Landtag beschlossene Öffnung an Sommersonntagen bedingungslos von der TUM eingefordert? Da tröstet es nicht wirklich, dass der Präsident des Zentralrats der Juden sowie der Chef des NS-Dokuzentrums engagiert werden sollen, um einen Gedenkort für Hans & Hansi einzurichten.

Jetzt hilft nur noch ein weißer Ritter

Das war´s also: Bürgermeister, Gemeinderat und Ortssprecherin haben sich einstimmig gegen den ihnen bekannten Bürgerwillen nach gemeinnütziger Öffnung des Albers-Anwesens entschieden und unterstützen damit den Wort-, Vertrags- und Verfassungsbruch des Freistaats. Sie begrüßen die Exzellenzuniversität als weiteren Beitrag zum Bildungsstandort Feldafing und betonen die künftige Kooperation mit den beiden Akademien, die auf Tutzinger Flur liegen.

Falls jetzt kein weißer Ritter kommt, heißt es damit „Leb wohl, Albers für alle“. Es war dennoch richtig und wichtig diese “Sauerei” aufzudecken. Für uns gilt nach 9 Monaten Dauereinsatz für Recht und Gesetz und Kampf an allen Fronten: “Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht” (V. Havel).

WIR DANKEN ALLEN UNTERSTÜTZERN FÜR IHRE HILFE! Ohne Sie hätten wir dem ganzen Druck nicht standgehalten.

Herzlichst
Lucie Vorlíčková und Stefanie Knittl

Petition "Albers für alle":
https://www.albersfueralle.de/

Mehr zum Thema:
Universitäts-Standort Garatshausen

ID: 4987
Über den Autor

L. Vorlíčková und S. Knittl

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Kommentare

Man kann das gar nicht glauben.
Feldafinger Bürgermeister und der gesamte Gemeinderat befürworten so eine Mogelpackung. Unglaublich!
Auch wenn das Ergebnis mehr als unbefriedigend ist, war Ihr mutiger und engagierter Einsatz wichtig und wertvoll. Ich selbst kann sagen, dass sich meine Wahrnehmung in Bezug auf politische Entscheidungen durch Ihr Engagement geschärft hat. In Zukunft mehr hinhören, mehr hinterfragen und den Mut haben Ungereimtheiten öffentlich zu machen.
Herzlichen Dank für diesen wichtigen Impuls!
Ob der Präsident des Zentralrats der Juden sich vor diesen Karren spannen lässt bleibt abzuwarten. Das wäre das Tüpfelchen auf dem i. Die TUM tritt das Erbe von Frau Burg, die als Jüdin im 3. Reich wahrlich nichts zu Lachen hatte, mit Füßen und Herr Schuster soll qua Amt der Sache ein seriöses Outfit verpassen...
Um ein Modewort zu benutzen: Die TUM ist absolut schmerzfrei. Hoffentlich werden TUM - Studenten nicht von diesem Geist infiziert.
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