Kolumne
18.3.2022
Von L.G.

Die Weißbier-Meditationswiese

Nein, der Tutzinger Durchblick ist nicht getrübt. Es steht tatsächlich quasi ganz offiziell auf einem Plan unserer Gemeinde: „Weißbier-Meditationswiese“. Mit dieser bemerkenswerten Bezeichnung war die große Fläche im Kustermannpark markiert, als kürzlich im Gemeinderat der Entwurf einer neuen Wohnanlage neben dem Würmseestadion vorgestellt wurde. „Wenn ich das nur schon früher gewusst hätte!“ witzelte ein Einheimischer bei vorOrt.news. 70 neue Wohnungen neben dem Stadion

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Die Weißbier-Meditationswiese - markiert wie der Sportplatz, das Grundstück für die Wohnanlage und der Einzelhandel nebenan © Büscher-Architekten, München

Eine Weißbier-Meditationswiese am Ufer des Starnberger Sees - das hat was, zweifellos. Man stellt sich Personen aus dem lokalen Umfeld vor, dort nah am Ufer eine Weile in ruhiger Stellung und mit zentrierter Körperhaltung verharrend, mit einem Weißbier in der Hand, ohne es zu verschütten. Keine Frage: Das ist wirklich eine ganz spezielle Tutzinger Methode, zum Gefühl der Mitte zu gelangen.

Möglicherweise ist die ufernahe Fläche aber auch als gastronomischer Ersatz für ein großes ehemaliges Tutzinger Wirtshaus gedacht, das seit zehn Jahren offenkundig für verzichtbar gehalten wird. Das wäre recht pfiffig: Umständliche Diskussionen über Baugrößen, Wiederkehren, First- und Wandhöhen erübrigen sich an dieser Stelle des Kustermannparks, weil ja nicht gebaut, sondern meditiert wird.

Aber die Erklärung scheint doch viel einfacher zu sein: Die Planer des Architekturbüros, das für die neue Wohnanlage zuständig ist, haben schlicht eine ältere Karte von „Google-Maps“ erwischt. Auf der hatten ein paar junge Leute aus Tutzing offenbar vor Jahren an der betreffenden Stelle die „Weißbier-Meditationswiese“ eingetragen, was möglich ist - und die Google-Prüfer haben diese Markierung akzeptiert. Vielleicht fanden sie, dass sie ganz gut zu Tutzing passt, vielleicht waren sie selbst nicht mehr ganz nüchtern.

Nüchterner steht der ganz normale Name "Kustermannpark" auf einer anderen Karte, den die Planer inzwischen nachgereicht haben. Was die Urheber der "Weißbier-Meditationswiese" wohl wirklich im Sinn hatten? Um dies zu ergründen, bräuchte man wahrscheinlich einen ganz besonderen Tutzinger Durchblick.

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Der Kustermannpark ist wieder da: Im neuen Plan ist die "Weißbier-Meditationswiese" verschwunden. © Büscher-Architekten, München
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