Bauplanung
13.3.2022
Von vorOrt.news

70 neue Wohnungen neben dem Stadion

Verla-Pharm plant Anlage vor allem für seine Belegschaft – Einstimmiger Beschluss des Gemeinderats

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Zwischen dem Würmseestadion (unten) und dem Einkaufszentrum (oben) soll die neue Wohnanlage entstehen. Auch die Verla-Unternehmenszenrale (rechts) soll um ein Gebäude erweitert werden. © Büscher-Architekten, München

Die Pläne waren schon weit gediehen. Um das Jahr 2005 herum wollte eine irische Gesellschaft in Tutzing neben den Bahngleisen groß bauen. Sechs Wohnblöcke recht beachtlicher Größe waren damals auf einem Areal neben dem Würmseestadion vorgesehen. Doch dann kam die Finanzmarktkrise, in deren Strudel die Iren gerieten – und vorbei war’s mit dem Tutzinger Vorhaben. Die Fläche steht nach wie vor leer. Aber sie hat den Eigentümer gewechselt: Das Unternehmen Verla-Pharm, das direkt daneben seine Zentrale betreibt, hat die betreffenden Flurstücke erworben. Jetzt will Verla dort bauen. Eine Anlage mit 70 Wohneinheiten soll auf diesem Gelände entstehen. Verla will außerdem an der Bernrieder Straße ein neues Laborgebäude errichten. Das alte Laborgebäude an der Hauptstraße sei in die Jahre gekommen, sagt Geschäftsführer Simon Stich. Im Gemeinderat gab es für die Planung am Dienstag viel Wohlwollen und einen einstimmigen Beschluss, der zu diesem Zweck eine Bebauungsplanänderung vorsieht.

Nachbarn der künftigen Wohnbebauung sind im Süden die Sportanlage mit dem Stadion, im Norden das Einkaufszentrum mit Edeka und Aldi an der Lindemannstraße, im Osten Verla-Pharm selbst. Im Westen führen die Bahngleise vorbei. Die Planung, die der Architekt Martin Büscher am Dienstag im Gemeinderat vorgestellt hat, sieht fünf Mehrfamilienhäuser in Bahnnähe und außerdem sechs Doppelhäuser vor.

Anlage am Frauenberg als Leitbild

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Mehrfamilienhäuser im westlichen Teil des Geländes, neben den Bahngleisen, und Doppelhäuser im östlichen Bereich sind vorgesehen © Büscher-Architekten, München

Büscher ist oft bei Gemeinderatssitzungen vertreten, üblicherweise aber als Stadtplaner im Auftrag der Gemeinde. Diesmal trat er im Auftrag der Firma Verla-Pharm auf. Im Gemeinderat wurde hervorgehoben, dass das Baurecht nicht voll ausgeschöpft werden soll. Nach dem Bebauungsplan von 2004 sind nämlich bis zu 9300 Quadratmeter Geschossfläche und 95 bis 100 Wohneinheiten mit zusammen 7800 Quadratmetern Wohnfläche zulässig. Der neue Entwurf sieht 8765 Quadratmeter Geschossfläche und 70 Wohneinheiten mit zusammen 7360 Quadratmetern Wohnfläche vor. Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) schien kaum glauben zu können, dass es so etwas gibt: Es handele sich um einen der ganz wenigen Fälle, bei denen ein Bauherr nicht auf sein Baurecht bestehe, sondern auf Baurecht verzichte. „Wir können und glücklich schätzen, dass der alte Bebauungsplan nicht realisiert wurde“, fügte er hinzu. Der neue Entwurf sei von deutlich besserer Qualität als damals geplante Reihenhäuser nebeneinander.

Büscher bekräftigte zudem, dass die Bebauung deutlich unter der Höhenentwicklung der früheren Textilwerke bleiben werde. Nach seine Worten soll eine „parkartige Wohnanlage“ mit vielen gemeinschaftlichen Elementen entstehen, mit viele Grün zwischen den Häusern, Treffpunkten und einem Spielplatz. Ihm schwebe eine ähnliche Atmosphäre wie in der Tutzinger Wohnanlage am Frauenberg vor. Sie steht im Entwurf sogar als „Leitbild“. Er sei überzeugt, sagte Büscher, dass an diesem Standort „ein Wohnquartier mit einer sehr angenehmen Stimmung“ entstehen könne. Es sei eine Chance für die Gemeinde, weil Mietwohnungen entstünden und familiengerechtes Wohnen zur Belebung der Ortsstruktur beitragen werde. Einen Namen für die Anlage gibt es auch schon: "Johannis-Park" - vielleicht wegen des nahen Johannishügels.

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„Wir können und glücklich schätzen, dass der alte Bebauungsplan nicht realisiert wurde." Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU)

Ähnlich positiv wie Büscher bewerteten mehrere Gemeinderäte den Entwurf. Caroline Krug (ÖDP) bezeichnete das Konzept wegen der zu erwartenden Wohnqualität, unter anderem durch große Grünflächengestaltung, als „sehr erfreulich“. Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP) begrüßte eine Planung „von gestalterischer Leichtigkeit“, Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) eine vorgesehene „lockere Bauweise“.

Für Autos sind auf dem Grundstück nach den Angaben im Entwurf aktuell 124 Stellplätze nachgewiesen, davon 60 in einer Tiefgarage, die übrigen oberirdisch. Für Flora Weichmann (Grüne) ist aber besonders das Wohnen der Mitarbeiter dicht an ihrem Arbeitsplatz ein Vorteil, weil dies zur Reduzierung von Fahrtwegen führen werde.

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So eine Bebauung wäre nach dem alten Bebauungsplan möglich gewesen
„Wir werden bestimmt keine Wohnungen leer stehen lassen." Simon Stich, Geschäftsführer von Verla-Pharm

Modellcharakter in mehrfacher Hinsicht

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Die Gebäude sollen unterschiedliche Höhen haben. Vorn die Doppelhäuser, hinten die Mehrfamilienhäuser. © Büscher-Architekten, München

Das Projekt könne wirklich Modellcharakter haben, sagte Bernd Pfitzner – wegen der parkartigen Gestaltung, aber auch, weil Firmen ihren Mitarbeitern Wohnraum anbieten müssten: „Das wird auch im Landkreis Starnberg immer mehr kommen, weil die Unternehmen sonst keine Mitarbeiter mehr bekommen werden.“ Auch Thomas Parstorfer (CSU) schwärmte: Wenn ein Arbeitgeber nicht an Gewinnmaximierung, sondern an seine Mitarbeiter denke, sei das „eine ganz tolle Sache“. Weber-Guskar erkundigte sich auch danach, ob Wohnungen für andere Einheimische übrig bleiben könnten, wenn nicht alle für Verla-Personal benötigt werden sollten. „Wir werden bestimmt keine Wohnungen leer stehen lassen“, sagt Verla-Geschäftsführer Stich dazu.

Modellcharakter wünschte sich Pfitzner für die neue Anlage auch bei der Energieerzeugung: „Könnte sie auch energieautark werden?“ Dabei verwies er darauf, dass Verla-Pharm „immer vorn dabei“ sei. Beispielhaft erwähnte er, dass das Unternehmen eine Zertifizierung nach dem EU-Umweltmanagementsystem „EMAS“ hat: „Das ist ein Vorzeigeunternehmen.“ Auch das Dach der Turnhalle daneben, fügte er hinzu, würde sich für eine große Photovoltaik-Anlage eignen. Büscher sagte, bei der neuen Wohnanlage sei ein gesamtes Energiekonzept für alle Häuser vorgesehen, nicht für jedes einzeln. Flachdächer sollen nach seinen Angaben begrünt werden, auch Möglichkeiten für Photovoltaik werde es geben.

"Eine Planung von gestalterischer Leichtigkeit" Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP)

Das Areal der vorgesehenen Wohnbebauung soll nun aus dem alten Bebauungsplan Nummer 62 „Fabrikgelände Lindemannstraße“ herausgenommen und in den Bebauungsplan Nummer 39 „Verla-Pharm“ einbezogen werden. Der neue Bebauungsplan soll in zwei Teilbereiche aufgeteilt werden. Drei Bauabschnitte werden angepeilt, beginnend mit den Mehrfamilienhäusern.

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Kommentare

Im Gemeinderat hat Herr Büscher einen Zeitplan erwähnt - sorry, den hatte ich im Bericht vergessen: Bis Frühjahr 2023 soll das Baurecht geschaffen werden, dann wird mit sechs bis neun Monaten für den Rohbau gerechnet, der Ende 2023 fertig sein soll. Die Wohnanlage könnte nach diesen Angaben im Spätherbst 2024 bezugsbereit sein.
Da hoffe ich mal - dass dies auch so Eintritt wie Herr Rekus den ersten Satz (am Anfang allerdings) erwähnt hat - glaube erst dran - wenn es soweit ist ;))))
(Bearbeitet)
Schade, dass kein ungefährer Zeitplan erwähnt wird - wenn man bedenkt, dass der Bau des Verla Mitarbeiter-Parkplatzes ein über 3-jähriges „Großprojekt“ wurde. Ob in 10 Jahren dann schon Häuser stehen? Man darf gespannt sein.
Da werden sich sicherlich sehr viele alte und neue Tutzinger freuen, die hier eine Wohnung suchen. 70 neue Wohnungen sind angesichts unserer akuten Wohnungsnot auf jeden Fall ungleich viel besser, als 95-100 Wohnungen, die niemals gebaut wurden. Vielleicht kommt im Laufe der weiteren Planungen noch die eine oder andere Wohnung hinzu? Drängenden Bedarf gäbe es sicherlich.

Hoffentlich kommt jetzt gerade nicht wieder eine neue Wirtschaftskrise dazwischen!

Kleines Bonmot zum Schluss:
Auf einem der Bilder wartet die Tutzinger „Weißbier Meditationswiese“ auf Entdeckung...
;-) Wenn ich das nur früher schon gewusst hätte!
(Bearbeitet)
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