Die Aktion „Tutzing macht Kino!“ weitet sich überraschend aus. Die Idee eines von Bürgerinnen und Bürgern betriebenen gemeinnützigen Kino- und Kulturtheaters stößt nicht nur in Tutzing selbst auf großen Zuspruch, sondern auch in Nachbargemeinden.
So hat nach Angaben der Organisatoren beispielsweise der Geschäftsführer der Gemeinde Feldafing, Peter Englaender, eigenhändig Flyer verteilt. Christin Walter und ihr Team von der Nachbarschaftshilfe e.V. haben ehrenamtlich fast 1500 Flyer über die Publikation „Feldafing informiert“ ausgetragen. In der Gemeinde Bernried hat der sehr für den Ort engagierte Albert Brückl schon nach drei Tagen Nachschub an Flyern angefordert, in Seeshaupt und Pöcking haben Mitarbeiter des Bauhofs und die Amtsbotin die Gemeindetafeln mit Hinweisen auf die Tutzinger Kino-Aktion plakatiert. Allein zehn Stück sind es in Seeshaupt.
Die Initiatoren schwärmen begeistert von einer „überragenden Nachbarschaftshilfe“ - nicht nur durch die nachbarschaftlichen Gemeindebürger selbst, sondern auch durch die Gemeinden. Die Verantwortlichen der Bürgerinitiative haben darauf auch schon reagiert: Die digitale Version ihres Flyers haben sie bereits umgeändert. Bisher lautete die Aufforderung so: „Machen Sie aus dem einstigen ‚Kurtheater Tutzing‘ ein ‚Kulturtheater Tutzing‘: Kino und Kultur für alle Tutzingerinnen und Tutzinger“. Nun wird die gesamte Nachbarschaft einbezogen: „...Kino und Kultur für alle Bürgerinnen und Bürger der Region“.
Der Schauspieler Alexander Netschajew, der bei der Aktion maßgeblich mitwirkt, gibt sich überzeugt: „Nach einer erfolgreichen Rettungsaktion „Tutzing macht Kino!“ hat das künftige „Kulturtheater“ durchaus Potenzial, „der“ Kino- und Kultur-Treffpunkt am Westufer des Starnberger Sees zu werden.“
Der Enthusiasmus wirkt offenkundig regelrecht ansteckend. Eine Besucherin aus Assamstadt im Main-Tauber-Kreis (Baden-Württemberg), die vom Skiurlaub kommend auf der Durchreise in Tutzing eingekauft hat, war von diesem Konzept eines „Bürgerkinos“ so angetan, dass sie spontan eine Spendenzusage für einen Kinositz erteilte, was 666 Euro bedeutet, und dazu auch gleich noch ihre Mitgliedschaft ankündigte. Gleich zu Beginn der Aktion hatte schon eine Besucherin aus den USA eine Spende über 500 Euro versprochen.
„Mehr als ermutigende Zahlen bereits nach der ersten Woche“
Diese Erfahrungen stärken die Zuversicht der Initiatoren, dass auch künftig Spenden über Gäste generiert werden können, wenn das Kino erst mal läuft. Viel Optimismus war auch schon bei einer Auftaktveranstaltung zur Vorstellung dieser Konzeption am 7. März zu spüren gewesen. Mit großer Spannung hat das Team nun die erste Auswertung der eingegangenen Mitglieder- und Spendenzusagen erwartet.
Die kommissarische Schatzmeisterin Katrin Krause hat aus Gründen der Vertraulichkeit als einzige Zugang zu den drei Kamera-Briefkästen und den online-Meldungen – und als das „Kinobarometer“ den aktuellen Stand anzeigte, ging ein hörbares Aufatmen durch die Reihen: Von jeweils Null sprang die Zahl der Mitgliederzusagen auf 115 und die der Spendenzusagen auf 25 273 Euro. Für die Schatzmeisterin sind das „mehr als ermutigende Zahlen bereits nach der ersten Woche“. Als Startkapital hatte das Team 80 000 Euro errechnet - zwei Drittel der geplanten Investitionssumme. Vom Startkapital ist nun nach dem aktuellen Stand fast ein Drittel erreicht. Auch Mitarbeiter von Geschäften machen mit, so etwa das Team von Sport-Thallmair.
Auf besonders viel Interesse stößt die Möglichkeit, sich mit einer Spendenzusage von 666 Euro an einem der 127 Kinositze zu beteiligen. Recht gut sieht es auch bei den Vorbereitungen für den Verein „Kulturtheater Tutzing e.V.“ aus, der Anfang Mai dieses Jahres gegründet werden soll. Immer mehr Bereitschaftserklärungen für Mitgliedschaften gehen ein, die für Jahresbeiträge zu 30 Euro, 120 Euro und 600 Euro angeboten werden.
Das Zünglein an der Waage werden die Mitgliederzahlen sein
Lucie Vorlíčková, die die Finanzplanung gemacht hat, gibt sich aufgrund dieser Entwicklung sehr zuversichtlich, dass das Spendenziel erreicht werden könne. „Ich kann mir nicht vorstellen“, sagt die erfahrene Wirtschaftsprüferin, „dass wir Tutzinger es soweit kommen lassen, dass im Herzen Tutzings in Rathausnähe eine Lagerhalle entsteht und wir das enorme Potenzial, das das Kurtheater für unsere Lebensqualität bedeuten kann, ungenutzt lassen.“ Das Zünglein an der Waage werden nach ihrer Meinung eher die Mitgliederzahlen sein. Denn die jährliche Deckungslücke der Fixkosten aus dem laufenden Betrieb brauche ein verlässliches finanzielles Engagement der Bürgerinnen und Bürger.
Den erfreulichen Zuspruch werten die Initiatoren als Bestätigung für ihre Planung. In Tutzing gebe es offenkundig großes Interesse an der Rettung des Kurtheaters. Das multifunktionale Konzept, Kino, Bühne und Bildung zu einem künftigen Treffpunkt für alle Altersgruppen zu gestalten, habe großflächig überzeugt.
Das ist am Wochenende auch bei Präsentationen des Konzepts an mehreren Standorten der Gemeinde deutlich geworden. Ingrid Boumesssid und Christian Neuner-Duttenhofer waren auf dem Tutzinger Wochenmarkt vertreten, Kornelia Schuster hat beim Edeka-Markt über die Aktion informiert. Ele von Brühl, die bei der Auftaktveranstaltung am 7. März im Kino dabei war, schloss sich der Markttruppe spontan an und unterstützte die Mitarbeiter der Initiative stundenlang. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Allein an diesem Samstag wurden 14 Mitgliederzusagen und rund 5000 Euro Spendenzusagen gesammelt.
Diese persönlichen Infoveranstaltungen gelten als besonders wichtig für das Gelingen der Aktion: „Nur so können wir vermitteln, dass das Projekt 'Wir-Alle' bedeutet und nicht nur 'Wir-Initiatoren', sagt Christian Neuner-Duttenhofer: „Und wenn 'Wir-Alle' jetzt nicht handeln, ist das enorme Potenzial des 'Kulturtheaters' auf Dauer verloren.“ Dabei müsse man auch immer wieder individuell erklären, warum es bei dieser Initiative eben nicht um die Frage gehe, ob man selbst ein Kinogänger ist.
Die Initiative wird regelmäßig bis zum Stichtag 30. April 2024 an den Samstagen in Tutzing und den umliegenden Gemeinden an verschiedenen Orten über die Aktion „TUTZING MACHT KINO!“ informieren und weiter fleißig Mitglieder- und Spendenzusagen sammeln. Auch zwei weitere Informationsabende werden im Kino stattfinden: am 21. März 2024 und 18. April 2024 um jeweils 19 Uhr (Einlass ab 18.30 Uhr).
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Kommentare
Wir haben in Tutzing also neben einer Mitmach-Online-Zeitung auch noch ein Mitmach-Kulturtheater. Ein wenig flapsig formuliert, könnte man sagen: Wie geil ist denn das!?
Angela Roth