
„Mittelfristig soll der Wertstoffhof an eine verkehrsgünstige Randlage verlagert werden.“ So stand es eigentlich schon im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) für Tutzing. Der Satz ist aber zunächst doch nicht aufgenommen worden. Demnächst soll der Gemeinderat über dieses Thema beraten, wenn es um die Erarbeitung eines „Maßnahmenkatalogs“ für das ISEK-Konzept geht. Die Gemeindeverwaltung ist am Dienstag beauftragt worden, auf der Grundlage der in der Sitzung gebilligten ISEK-Ziele vom Münchner Büro "Stadt Raum Planung" (SRP) einen solchen Katalog erstellen zu lassen.
Gegen die vorgesehene Formulierung zum Wertstoffhof wandte sich Bernd Pfitzner (Grüne): Damit werde die Entscheidung schon vorweggenommen, kritisierte er, statt dass nur über die Prüfung einer Verlagerung diskutiert werde. Daraus entwickelte sich eine kontroverse Diskussion.
Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) sagte, der Wertstoffhof in der Mitte des Ortes sei aus der Zeit gefallen: „Ein typischer bayerischer Ort wird vom Rathaus, von der Kirche und vom Wirtshaus geprägt, aber wir haben Rathaus, Kirche und Wertstoffhof.“ Zu bedenken sei auch die Verkehrssituation: Während viele Kinder dort zur Schule gingen, seien „Riesenfahrzeuge“ zum Wertstoffhof unterwegs. Als verkehrt an dieser Stelle bezeichnete auch Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP) die Entsorgungsanlage.
Gemeinsamer Wertstoffhof mit Feldafing angeregt

Die Lindlwiese direkt neben dem Wertstoffhof soll nach einem ISEK-Ziel als „begrünte Mitte“ Raum für Erholung, Spiel, Veranstaltungen und Märkte bieten. Barbara Doll (UWG Traubing) bezeichnete den Wertstoffhof an seinem derzeitigen Platz in der Ortsmitte sogar als „Schandfleck“ und „völlig unpassend“. Sperrige Sachen brächten die Leute ohnehin mit Autos. Sie hält die Idee einer „interkommunalen“ Lösung für gut, beispielsweise eines gemeinsam mit der Nachbargemeinde Feldafing vielleicht in einer Ortsrandlage betriebenen Wertstoffhofs.
Caroline Krug (ÖDP) dagegen brach eine Lanze für die Beibehaltung des Wertstoffhofs an seinem derzeitigen Standort. Gerade viele ältere Personen brächten ihre Abfälle mit Schubkarren dorthin, dies sei im Sinn eines barrierefreien Ortskerns. Eine Verlagerung werde mit hohen Kosten verbunden sein und womöglich zur Müllentsorgung an ungeeigneten Stellen beitragen.
Christine Nimbach (fraktionslos) verwies auf zwei Bushaltestellen beim Wertstoffhof. Sie selbst fahre mit dem Rad und schaffe es, alles dorthin zu bringen. Der zentrale Platz sei auch wegen der Nähe zum Wochenmarkt samstags beim Rathaus geeignet: Viele erledigten nach ihren Einkäufen auch noch nebenan die Entsorgung von Abfällen.
Stefan Feldhütter (Freie Wähler) bezeichnete den bisherigen Standort des Wertstoffhofs als nicht ideal, glaubte aber in der ISEK-Bürgerbeteiligung kein eindeutiges Votum für eine Entfernung von dort zu erkennen. Ähnlich sah es Flora Weichmann (Grüne).
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Comments
In Wahrheit gehört unser Wertstoffhof längst zum Leben im 21. Jahrhundert dazu. Das ist absolut berechtigt und gut so!
Wir alle nutzen tagtäglich Stoffe & Materialien, die man nicht mehr einfach auf den nächsten Misthaufen werfen kann.
-> Weil sie knapp & wertvoll sind,
-> weil sie viel Energie & Einsatz zur Gewinnung benötigen, und
-> weil sie nicht mehr verrotten, sondern als Umweltgifte über die Nahrungskette wieder zu uns, unseren Kindern & Enkeln zurückkommen !
Wertstoffhöfe sind ein wichtiger Baustein, um notwendige Recyclingkreisläufe zu schließen und unser aller Leben nachhaltiger zu machen.
Daher gibt es keinen Grund sich des Wertstoffhofs in unserer Mitte zu schämen oder zu ekeln. Im Gegenteil: Wertstoffhöfe sind Zeichen des Fortschritts und der Verantwortung gegenüber Umwelt und nachfolgenden Generationen.
-> Wenn er uns nicht gefällt, dann sollten wir ihn schöner machen.
-> Wenn er uns zu laut ist, dann sollten wir ihn leiser machen.
-> Wenn uns der Entsorgungsverkehr per LKW zu gefährlich ist, sollten wir die Entsorgung auf Zeiten legen, wenn die Kinder sicher in der Schule sitzen.
Falls wir aber trotz allem zwingend einen neuen Standort für unseren Wertstoffhof benötigen, dann bitte unbedingt wieder möglichst zentral und für eine große Mehrheit der Bürger einfach erreichbar.
Andernfalls befürchte ich eine weitere Zunahme illegaler, wilder Müllablagen und natürlich auch eine entsprechende Zunahme des hausgemachten Autoverkehrs hin- & zurück. Beides wäre nicht wünschenswert.
Stattdessen wird mit Schlagworten und Parolen argumentiert. Die Behauptung, Tutzing sei ein „typischer bayerischer Ort“, passt schon morphologisch nicht: Tutzing fehlt ein echtes Ortszentrum, da weder ein Dorfplatz im eigentlichen Wortsinn geschaffen noch ein Gemeindezentrum errichtet wurde. Und dass die Gemeinderäte nun plötzlich ihr Herz für Kinder im Straßenverkehr entdecken, ist mehr als köstlich.
All diese Defizite wurden vom Gemeinderat nie in Angriff genommen – nun aber soll ausgerechnet der Wertstoffhof weichen, um eine Norm herzustellen, die es hier nie gab. Es drängt sich der Verdacht auf, dass dabei nicht allein das Gemeinwohl im Mittelpunkt steht, sondern auch andere Interessen eine Rolle spielen könnten.
Denn häufig folgt auf die Verlagerung öffentlicher Einrichtungen die Umwandlung attraktiver Grundstücke in Privateigentum oder Spekulationsobjekte – wie etwa beim Seehofgrundstück. Als Begründung wird meist die angespannte Haushaltslage der Gemeinde angeführt, die jedoch auch darauf zurückzuführen ist, dass der Gemeinderat bislang keine mutigen und sozial gerechten Maßnahmen zur Verbesserung der Einnahmeseite ergriffen hat, etwa eine Erhöhung der Grundsteuer.
Es ist bedauerlich, diese Form der Umverteilung von unten nach oben immer wieder beobachten zu müssen – und dass diesem Politikstil dennoch regelmäßig das Vertrauen ausgesprochen wird.