Eigentlich steht es schon fest: Die Technische Universität München soll in die Garatshausener „Hans-Albers-Villa“ einziehen. Doch um das ehemalige Heim des Schauspielers und das dazugehörige 20 000 Quadratmeter große Grundstück am Ufer des Starnberger Sees gibt es nach wie vor Konkurrenz. Am Sonntag, dem „Tag des offenen Denkmals“, hat der Verein „Respect & Remember Europe e.V.“ neben dem Gebäude auf sein Ziel aufmerksam gemacht: Er will dort eine öffentliche Begegnungsstätte und einen „deutsch-jüdischen Erinnerungsort“ schaffen. Anlass dazu gibt ihm die Partnerschaft von Hans Albers mit seiner Lebensgefährtin Hansi Burg, die jüdischer Herkunft war und die das Albers-Anwesen in den 1970er Jahren dem Freistaat Bayern verkauft hat – mit der Auflage, das Areal öffentlich zugänglich zu machen. Das ist seitdem nicht geschehen.
Den Zutritt für die Allgemeinheit will der Verein Respect & Remember ermöglichen, wie seine Vorsitzende Gabriella Meros am Sonntag versicherte. Bei der Technischen Universität dagegen werde dies nicht der Fall sein, kritisierte sie: Sie werde dort einen „Badestrand für Ordinarien“ schaffen, die Bevölkerung werde das Gelände aber kaum nutzen können. Im Vereinskonzept werde es viel Platz für die Öffentlichkeit, für ein Café, für Kunst und Kultur geben. Dabei soll nach ihren Worten auch die Filmwelt ihren Platz erhalten - eine Verbeugung vor Hans Albers.
Eine Öffnung dieses Seeufer-Areals für alle mit einem Weg durch den Park fordert auch der Kulturverein Garatshausen schon lange. Eine Zusammenarbeit des Kulturvereins und des Vereins Respect & Remember ist aber trotz der ähnlichen Ziele nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Vertreter beider Vereine äußern sich eher distanziert über die jeweils andere Seite.
Erinnerungen an Filmgrößen: Charly Chaplin, Marlene Dietrich, Jean Gabin und Romy Schneider
Die Hochschule für Film und Fernsehen sei bereits ein potenzieller Kooperationspartner, sagte Gabriella Meros. Auch mit den Internationalen Hofer Filmtagen gebe es Kontakte. Deren künstlerischer Leiter Thorsten Schaumann war am Sonntag in Garatshausen dabei.
Die Idee einer Einbindung der Filmszene in das Konzept gefiel Schaumann sichtlich. Passend dazu erinnerte Gabriella Meros an prominente Schauspieler, mit denen der „gastfreundliche“ Hans Albers zu tun hatte und von denen einige bei ihm in Garatshausen auch zu Gast waren: Charly Chaplin, Marlene Dietrich, Jean Gabin, Romy Schneider.
Gemeinsame Veranstaltungen, Film- oder Diskussionsabende mit dem Verein könne er sich gut vorstellen, sagte Schaumann am Rande. Die Hofer Filmtage finden jährlich Ende Oktober statt. Schaumann hat sich unter anderem der Talentförderung verschrieben. Ständig ist er unterwegs, um in der Filmwelt Kontakte zu knüpfen. Die Entfernung von Tutzing und Hof spielt für ihn keine Rolle: „Für mich ist kein Weg zu weit“, sagte er in Garatshausen. Gerade in dieser Zeit mit vielen extremen Positionen biete sich der Film zur Aufarbeitung der Themen an. „Wir arbeiten auch viel mit Schulen zusammen“, berichtete er. Es sei wichtig, einen Ort wie die Albers-Villa zu haben - wenn sie auch zurzeit eher wie eine Trutzburg wirke.
Verwunderte Fragen aus dem Publikum: Hat der Verein überhaupt noch eine Chance?
Die Präsentation des Vereins Respect & Remember in Garatshausen zog viel Interesse auf sich. Drei Gespräche fanden statt – neben der Albers-Villa: Auf ihr Grundstück oder gar ins Gebäude hinein durfte niemand, auch nicht am „Tag des offenen Denkmals“. So wurde es eher eine Führung im Grünen. Mit dabei war auch Stefanie Knittl. Die aus der Baumeisterfamilie Knittl stammende Tutzingerin ist für ein sehr lesenswertes Buch „Häuser erzählen Geschichten“ bekannt und vertritt seit vorigem Jahr - als einzige - die SPD im Tutzinger Gemeinderat. Im Haushalts- und Finanzausschuss des bayerischen Landtags, sagte sie, habe die SPD als einzige Partei gegen die Übertragung der Albers-Villa auf die Universität gestimmt.
Aus dem Publikum kamen am Sonntag teils recht verwunderte Fragen. Weshalb denn der Verein überhaupt noch so tue, als ob er eine Chance auf die Nutzung der Albers-Villa habe, wollte jemand wissen. Denn auch die Vereinsvorsitzende Meros bestätigte, dass der Freistaat Bayern als Eigentümer des Areals die Entscheidung für die Nutzungsübertragung auf die Technische Universität bereits getroffen habe. Aber der Verein will nicht aufgeben. „Wir hoffen, dass sich mit der Bundestagswahl der Wind etwas dreht“, sagte dazu Stefanie Knittl. Ihre Hoffnungen liegen auch auf einer laufenden Online-Petition zu diesem Thema: Mehr als 700 Unterschriften gebe es bereits: „Da muss sich der Landtag noch einmal damit befassen.“ Die Tutzinger Gemeinderätin sieht durchaus eine Chance über die Öffentlichkeit: „Aber die wollen es still und leise durchdrücken, ohne dass es jemand mitbekommt.“
"Garatshausener fühlen sich mehr mit Tutzing verbunden als mit Feldafing"
Weshalb der Verein Respect & Remember in seine Bemühungen um die Albers-Villa denn nicht den Zentralrat der Juden einbinde, erkundigte sich jemand. Prominente wie dessen frühere Präsidentin Charlotte Knobloch könnten der Sache gewiss dienlich sein, meinte Tutzings früherer dritter Bürgermeister Gernot Abendt. Doch Gabriella Meros erwiderte: „Wir wollen endlich mal sehen, dass sich andere für uns einsetzen.“ In Deutschland gebe es einen massiven Antisemitismus. Es habe auch schon Äußerungen gegeben wie: „Wir wollen keine Juden am See.“
Recht deutlich fügte die Vereinsvorsitzende hinzu: „Wir wollen nicht, dass es wieder heißt: Typisch - die Juden kriegen es wieder mal hin durch ihre Weltmacht und ihre Lobby.“ Erst vor wenigen Wochen habe es eine Resolution mehrerer Fraktionen des bayerischen Landtags gegen Judenfeindlichkeit gegeben. „Und jetzt soll so ein Ort geschlossen werden“, sagte Meros: „Da ist das Vertrauen natürlich riesig...“ Mit dem „Antisemitismus-Beauftragten“ der Staatsregierung werde „viel Show“ gemacht, ergänzte Stefanie Knittl. „Die sollen nicht nur reden, sondern auch etwas tun“, forderte Meros. Erbittert sprach sie auch über „viele Hetzkampagnen“ gegen ihren Verein. Als falsch bezeichnete sie Behauptungen, Charlotte Knobloch habe sich für eine Übertragung der Albers-Villa auf die Universität ausgesprochen.
Wie denn die Einheimischen zu diesem Thema stünden, wollte jemand wissen. In Tutzing gebe es viel Unterstützung für ihren Verein, sagte Gabriella Meros - in Feldafing dagegen nicht. Das führte zu verwunderten Kommentaren. „Die Feldafinger setzen sich doch auch für ihr Strandbad ein“, sagte jemand. Stefanie Knittl suchte eine Erklärung darin, dass sich die Garatshausener seit der Gebietsreform in den 1970er Jahren nach wie vor mehr den Tutzingern als den Feldafingern verbunden fühlten - und umgekehrt.
Mehr zum Thema:
Heftiges Tauziehen um die Albers-Villa
Online-Petition:
http://chng.it/687xQt9Mwc
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