Hoch oben am Hang über den Bahngleisen erhebt sich in Tutzing das „Beringerheim“. Für die prächtige dreigeschossige Villa mit Walmdächern, Erkertürmen und Stehgauben, Baujahr 1912, gibt es große Pläne. Zu diesem Zweck haben sich der Arbeiter-Samariter-Bund und die Montessori-Schule Biberkor aus Berg am Ostufer zusammengetan.
Der Arbeiter-Samariter-Bund hat das Gebäude vor etwa zwei Jahren vom Bayerischen Verkehrsbeamten-Verein erworben. Mieter in dem Anwesen war über lange der Bundesnachrichtendienst (BND), was in Tutzing so ziemlich jeder weiß, obwohl darüber stets der Mantel des Schweigens gebreitet wurde. Noch weitere Anlagen des Geheimdienstes gab es in Tutzing, so die Alpina GmbH, eine Fälschungswerkstatt, und eine gegen die DDR gerichtete Station, die als „Südlabor“ getarnt war. Heute befindet sich dort die Kinderbetreuungseinrichtung Rotkreuzalm.
Das alles ist lange vorbei. Die neuen Pläne für das Beringerheim gehen in eine ganz andere Richtung: Dort soll ein so genannter Inklusionsbetrieb entstehen, in dem gerade auch Menschen mit Behinderungen wertschätzend behandelt werden sollen, sagte Monika Mayer, Projektleiterin beim Arbeiter-Samariter-Bund im Gemeinderat. Die gesetzliche Grundlage dafür liefert das Sozialgesetzbuch IX im Paragrafen 215. „Der Arbeiter-Samariter-Bund hat uns angesprochen, um das Beringerheim neu zu beleben“, sagte Christoph Borchardt, Geschäftsführer der Montessori-Schule Biberkor. Er hat nicht lange gezögert: Das Beringerheim mit seiner prächtigen Lage, der guten Verkehrsanbindung und Blick auf die Berge ist für ihn ein "Sahnestück".
Für das Hauptgebäude selbst ist ein Tagungs- und Übernachtungsbetrieb mit 35 bis 40 Plätzen vorgesehen. Eine Gastronomie soll dieses Angebot ergänzen. Aber das ist nur eines von mehreren geplanten Projekten in dieser Konzeption. Am Fuß des Beringerparks soll eine Tagespflege für etwa 24 Personen auf rund 400 Quadratmetern Fläche neu errichtet werden. Ein bestehendes Nebengebäude im nördlichen Bereich soll zu einem multifunktionalen Ausbildungsraum mit Toilettenanlage umgebaut werden. Und im Wald nebenan soll ein Kinderhort aufgebaut werden - für zunächst 25 Kinder, auf Dauer aber wohl deutlich mehr.
Ganz neue Perspektiven sind mit diesem Konzept offenbar für viele Tutzinger Einrichtungen, Vereine, Veranstalter kultureller Aktivitäten und generell für alle Bürger verbunden: Die Angebote sollen ihnen allen zur Verfügung stehen – und darüber hinaus auch externen Partnern, wie Monika Mayer ankündigte: „Wir wollen den Park für Menschen aus Tutzing und für andere öffnen.“
Nebenan hat ein Kreis privater Gesellschafter vor fünf Jahren ein anderes Projekt realisiert, das seinerseits viel Aufsehen erregt hat: Die Initiatoren haben im Beringerpark ein Hospiz eingerichtet, für das sie in der hiesigen Region großen Bedarf sahen. Doch weil es angeblich keinen Bedarf für zusätzliche Hospizbetten gab, hat die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände damals einen Versorgungsvertrag für das Tutzinger Haus abgelehnt. Ein bestehendes Hospiz in Polling (Landkreis Weilheim-Schongau) wurde als ausreichend betrachtet. Deshalb musste das Tutzinger Hospiz schon nach wenigen Monaten wieder geschlossen werden. Kurz darauf ist das Münchner Unternehmen Fero Medik mit einem Intensivpflegedienst in das Gebäude eingezogen. Die Gesellschafter, unter ihnen der bekannte Tutzinger Arzt Dr. Egon Gniwotta, zeigen sich bis heute schwer enttäuscht darüber, dass ihnen die Realisation ihres Hospizes trotz ihres großen, privat finanzierten Engagements verwehrt worden ist. Für sie war das alles „von parteipolitischen Vernetzungen begleitet.“
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Eva-Maria Lidl