Gemeindeleben
12.3.2020
Von vorOrt.news

Tutzing wird Fairtrade-Gemeinde

Bewerbung angenommen - Der Titel wird demnächst vergeben

Die Gemeinde Tutzing wird eine „Fairtrade-Gemeinde“. Von dem dafür zuständigen Verein „TransFair“ wird sie demnächst diesen Titel erhalten. Er hat ihre Bewerbung nach Angaben von Bürgermeisterin Marlene Greinwald angenommen. Für eine solche Auszeichnung muss eine Kommune nachweislich fünf Kriterien erfüllen, die das Engagement für den fairen Handel auf verschiedenen Ebenen einer Kommune betreffen. Er soll bessere Preise für Kleinbauernfamilien und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Beschäftigte auf Plantagen in Entwicklungs- und Schwellenländern ermöglichen.

Das sind die fünf Kriterien:

1. Ratsbeschluss

Die Kommune verabschiedet einen Ratsbeschluss zur Unterstützung des fairen Handels. Bei allen Sitzungen des Rates und der Ausschüsse sowie im Büro des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin muss wird fair gehandelter Kaffee und ein weiteres Produkt aus fairem Handel angeboten werden.

2. Steuerungsgruppe

Eine Steuerungsgruppe wird gebildet, die auf dem Weg zur Fairtrade-Gemeinde und darüber hinaus die Aktivitäten vor Ort koordiniert. Diese Gruppe besteht aus mindestens drei Personen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft.

3. Fairtrade-Produkte im Sortiment

In den lokalen Einzelhandelsgeschäften und bei Floristen sowie in Cafés und Restaurants werden mindestens zwei Produkte aus fairem Handel angeboten. Richtwert ist hier die Einwohnerzahl.

4. Zivilgesellschaft

Öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Vereine und Kirchen-/Glaubensgemeinden setzen Informations- und Bildungsaktivitäten zu fairen Handel um und bieten Produkte aus fairem Handel an.

5. Medien & Öffentlichkeitsarbeit

Die Steuerungsgruppe macht Öffentlichkeitsarbeit über die Aktivitäten zum Thema Fairtrade in der Kommune. Die lokalen Medien berichten über die Ereignisse vor Ort.

Peru_Hawkey_Fairtrade-obs-TransFair-e.V.-TransFair-e.V.--Sean-Hawkey.jpg
In Tutzing gekaufte Bananen helfen Bananenproduzenten wie Appbosa in Peru - darauf deuten Studienergebnisse hin © obs/TransFair e.V./Sean Hawkey
Anzeige
Beautiful-Serie-1.png

Viel Engagement in Tutzing

Initiativen für eine Fairtrade-Gemeinde gibt es in Tutzing schon seit Jahren. Bereits Ende 2013 haben sich 227 Einheimische in einer Unterschriftenliste mit diesem Ziel eingetragen.Im November 2017 wurde eine „Steuerungsgruppe“ gegründet, wie sie in den Kriterien verlangt wird. Anfang 2018 kam es zu einem Gemeinderatsbeschluss, dass Tutzing Fairtrade-Gemeinde werden soll. Im Mai 2019 teilte Bürgermeisterin Marlene Greinwald im Gemeinderat mit, dass die Bewerbungsunterlagen eingereicht worden seien.

Die Bedingungen in Tutzing nach den Kriterien von „TransFair“ gelten zum Teil schon länger als gut. So wird auf viel Engagement in Einrichtungen wie den beiden Akademien, in den Kirchen, im Kloster und in den Schulen verwiesen. Die Benedictus-Realschule beispielsweise ist seit Dezember 2018 eine „Fairtrade-School“. Entsprechende Initiativen gibt es ebenso im Gymnasium und in der Grund- und Mittelschule. Auch im Einzelhandel, in Supermärkten und Discountern gehören Fairtrade-Produkte zu den Sortimenten.

Fußbälle aus fairer Herstellung

Weltladen1.jpg
Sehr aktiv ist das Team des Tutzinger Weltladens © L.G.

Besonders aktiv ist auf diesem Gebiet seit Jahren der Weltladen, der seit seinem Umzug in die Hauptstraße erheblich an Attraktivität gewonnen hat. Schwieriger war der Nachweis von Fairtrade-Erzeugnissen in der Gastronomie, sagt Josefine Anderer-Hirt, die Klimaschutzmanagerin des Landkreises Starnberg, die im Landratsamt für dieses Thema zuständig ist. Solche Produkte hatte beispielsweise das „Café Käthe“ im Angebot, das aber inzwischen geschlossen worden ist. Mittlerweile scheinen die Kriterien jedoch auch in dieser Hinsicht erfüllt zu sein.

Dennoch fordern die Verantwortlichen alle - vom Handel über die Gastronomie bis zu Behörden, Bürgern und Vereinen - dazu auf, faire Produkte noch viel mehr ins tägliche Leben einzubeziehen. So gibt es beispielsweise Fußbälle aus fairer Herstellung. Manche Vereine haben sie schon bestellt, sagt Josefine Anderer-Hirt, doch das seien bisher eher seltene Fälle. Für Auskünfte in allen Fragen des fairen Handels steht die Klimaschutzmanagerin im Landratsamt gern zur Verfügung (Tel. 08158 / 148-352). Sie werde auch versuchen, benötigte Informationen zu beschaffen und Kontakte herzustellen.

Studie belegt: Fairtrade hilft benachteiligten Produzenten

Elfenbeinku-ste-obs-TransFair-e.V.-Fairtrade---Eric-St-Pierre.jpg
Bauern brauchen bessere Preise: Kakaoproduzentin in der Elfenbeinküste bei der Arbeit © obs/TransFair e.V./Fairtrade | Eric St-Pierre

Eine Wirkungsstudie des "Centrums für Evaluation" in Saarbrücken belegt den positiven Einfluss von Fairtrade auf die ländliche Entwicklung in den Anbauländern. Trotz dieser Erfolge ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft in ihrer Existenz bedroht. Die Produzenten erwirtschaften durch die steigenden Absätze 23 Prozent mehr Prämiengelder, die sie eigenverantwortlich investieren können. Als Wachstumstreiber gelten Kaffee, Banane, Rohkakao und Blumen. Textilien mit Fairtrade-Baumwolle entwickeln sich ebenfalls positiv. Bei Einkaufstaschen, T-Shirts, Bettwäsche und Handtüchern ist starkes Wachstum zu verzeichnen, ebenso bei der Beschaffung von Berufsbekleidung aus Fairtrade-zertifizierter Baumwolle. Beim Centrum für Evaluation in Saarbrücken sind konkrete Fallbeispiele bekannt, die den Beitrag des fairen Handels zur Armutsminderung und ländlicher Entwicklung belegen. Probleme gibt es aber nach wie vor, so massiven Preisdruck bei Bananen. Bei Kaffee leiden die Produzenten besonders unter den negativen Folgen des Klimawandels. Mit der Studie glaubt das Centrum für Evaluation aber belegen zu können, dass Fairtrade den Kleinbauern essentielle Entwicklungschancen ermöglicht.

Der Verein TransFair e.V. wurde 1992 mit dem Ziel gegründet, benachteiligte Produzentengruppen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Als unabhängige Organisation handelt TransFair e.V. nicht selbst mit Waren, sondern setzt sich dafür ein, den Handel mit fair gehandelten Produkten und Rohstoffen zu fördern und mehr Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu erreichen. www.fairtrade-deutschland.de. TransFair gehört zum internationalen Verbund Fairtrade International e.V., in dem Fairtrade-Organisationen aus 25 Ländern und die drei kontinentalen Produzentennetzwerke zusammengeschlossen sind. Fairtrade International entwickelt die international gültigen Fairtrade-Standards. www.fairtrade.net

ID: 2782
Über den Autor

vorOrt.news

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.
Feedback / Fehler melden