Dr. med. Bert te Wildt, Chefarzt der Psychosomatische Klinik Kloster Dießen, verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der Psychiatrie und Psychosomatischen Medizin. Seine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen im Bereich der Verhaltenssüchte, insbesondere der Internetabhängigkeit sowie der Nutzung digitaler Technologien in der Psychotherapie. Dr. te Wildt gilt als Deutschlands führender Experte für Internetabhängigkeit und hat unter anderem das Buch "Digital Junkies" verfasst. In Dießen setzt er seine Forschung über Mediensucht fort.
Sucht, Vereinsamung und Verwahrlosung sind die Kehrseiten des World Wide Web. Als Ersatz für unerfüllte Wünsche und unerreichte Ziele ist das Internet der Nährboden für neue Verhaltenssüchte. Online-Spielabhängigkeit, Cybersexsucht und die Abhängigkeit von sozialen Netzwerken entstehen im Netz, altbekannte Süchte wie Glücksspiel- und Kaufsucht verlagern sich dorthin. Kritisch beleuchtet er anhand von ausgewählten Fallbeispielen die Gefahren einer exzessiven Internetnutzung, die zur Sucht und einer therapiebedürftigen psychischen Erkrankung werden kann. Dabei ist er weit davon entfernt, dass Internet und die digitale Entwicklung generell zu verdammen.
Der Vortrag findet am Donnerstag, dem 21. Februar 2019, um 19.30 Uhr im Roncallihaus, Tutzing, Kirchenstraße statt.
Bert te Wildt: Digital Junkies
Internetabhängigkeit - die verkannte Sucht
Diesen Text hat Alexandra Plath für www.droemer-knaur.de verfasst.
Die Zahlen sind alarmierend: Mehr als eine Million Menschen im deutschsprachigen Raum gelten als internetabhängig. Tendenz steigend, denn vor allem Kinder und Heranwachsende laufen Gefahr, sich in den digitalen Welten zu verlieren. In Digital Junkies erklärt Bert te Wildt diese neue Verhaltenssucht und legt anhand zahlreicher Beispiele dar, wie Internetabhängigkeit entsteht, wie sie diagnostiziert werden kann und welche Folgen sie nach sich zieht.
Bert te Wildt ist Deutschlands führender Experte für Internetabhängigkeit. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Arzt und Psychologe intensiv in Wissenschaft und Praxis mit Menschen, die unter einer exzessiven Internetnutzung leiden. In seiner Medienambulanz der Uniklinik Bochum behandelt er Jugendliche und Erwachsene, die alle Anzeichen schwerer Abhängigkeit zeigen. Te Wildt kennt Jugendliche, die bis zu 16 Stunden am Tag Computer spielen und wegen Schlafentzug und anderer Beschwerden in der Klinik landen. Er kennt Erwachsene, die sich in Onlinespielen, Chatrooms und auf Cybersexseiten verloren haben. Internetsüchtige vernachlässigen Schule, Arbeitsplatz und soziale Kontakte. Sie werden gefährlich depressiv oder aggressiv, wenn ihnen der Zugang zum Netz verwehrt wird. Auf Schlaf, Mahlzeiten und Hygiene achten sie nicht mehr, bis hin zur Verwahrlosung.
Dass Internetabhängigkeit eine ernstzunehmende Suchterkrankung darstellt, belegt der Psychotherapeut und Wissenschaftler anhand zahlreicher Beispiele und Fallgeschichten. Dabei ist te Wildt weit davon entfernt, dass Internet und die digitale Entwicklung generell zu verdammen. Vielmehr beleuchtet er kritisch die Gefahren einer exzessiven Internetnutzung, die zur Sucht und einer therapiebedürftigen psychischen Erkrankung werden kann.
Wann wird aus der Begeisterung für das Internet eine Sucht?
Te Wildt erklärt, dass sich die Folgen einer Internetabhängigkeit generell in drei Lebensbereichen niederschlagen: im Umgang mit dem eigenen Körper, mit sozialen Beziehungen und mit der eigenen Leistungsfähigkeit. Charakteristische Symptome einer Internetabhängigkeit sind:
ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Internet, auch wenn man nicht online ist
Vernachlässigung der beruflichen und zwischenmenschlichen Verpflichtungen
Kontinuierliche Steigerung der Dosis
Kontrollverlust
Entzugserscheinungen bei Internetabstinenz
Die drei häufigsten Varianten der Internetabhängigkeit
Te Wildt betont, dass das Internet generell nicht abhängig macht, aber bestimmte Angebote im Netz ein Suchtpotenzial bergen. Aufschlussreich hebt er die drei häufigsten Varianten der Internetabhängigkeit hervor: die Online-Spielsucht, die Cybersexsucht und die Abhängigkeit von sozialen Netzwerken.
Die Abhängigkeit von Online-Spielen ist die weitverbreitetste Art der Internetsucht und in Fachkreisen international unter dem Namen "Internet Gaming Disorder" als Krankheitsbild anerkannt. Am häufigsten betroffen sind junge Männer, die schon immer viel Zeit mit Computerspielen verbracht haben und die sich auf der Schwelle zum Erwachsenwerden in den Online-Spielwelten verlieren. Eingängig schildert te Wildt die Risiko- und Alarmzeichen sowie Therapieansätze und Behandlungsmöglichkeiten.
Von besonderer Bedeutung ist die Prävention bei Kindern, die heute von frühauf mit digitalen Medien aufwachsen. Daher ist ein angemessener Umgang essentiell, der mit der Medienkompetenz der Erwachsenen und mit ihrer Vorbildfunktion beginnt. Eindringlich warnt te Wildt davor, Kinder zu früh und zu lange vor digitalen Bildschirmmedien sitzen zu lassen, so dass wichtige Entwicklungsaufgaben in der realen Welt unbewältigt bleiben:
"Wenn die Heranwachsenden bereits einen Großteil ihrer Kindheit im Netz verbringen, besteht die große Gefahr, dass sie von Anfang an in eine Abhängigkeit von der digitalen Welt hineinwachsen und in der analogen realen Welt und im eigenen Körper gar nicht richtig heimisch werden."
Anhand zahlreicher pädagogischer und politischer Präventionsmaßnahmen erklärt te Wildt einleuchtend, wie wir uns und unsere Kinder vor Internetabhängigkeit und ihren Folgen schützen können. Digital Junkies ist ein wichtiges Buch zu einem brisanten Thema, das nicht nur Eltern und Pädagogen unbedingt zu empfehlen ist.
Quelle: https://www.droemer-knaur.de/leselounge/8471463/bert-te-wildt-digital-junkies
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