Gastronomie
26.8.2020
Von vorOrt.news

Entscheidung "existenzgefährdend"

Scharfe Kritik der Tutzinger SPD wegen Entzugs der Arbeitserlaubnis für eine Äthiopierin

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Der Tutzinger SPD-Vorsitzende Werner Hensel will eine Arbeitserlaubnis für die Äthiopierin erreichen © L.G.

Scharf kritisiert der Vorsitzende der Tutzinger SPD, Werner Hensel, eine Entscheidung der Ausländerbehörde im Landratsamt Weilheim-Schongau. Sie hat einer aus Äthiopien stammenden Frau die Arbeitserlaubnis entzogen, weil sie über keinen Pass aus ihrer Heimat verfügt. Äthiopierin darf in Tutzing nicht arbeiten Die 32-Jährige hat im "Tutzinger Hof" eine Festanstellung, sie ist dort beliebt und wird als Arbeitskraft dringend benötigt.

Hensel hat sich in dieser Angelegenheit an Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald gewandt. Hier sein Schreiben im Wortlaut:

"Als Vorstand der SPD Tutzing bitten wir Sie, Ihren Einfluss im Landratsamt geltend zu machen, um diesen Verwaltungsakt aufzuheben. Viele Bürgermeister/innen und Oberbürgermeister/innen in Deutschland schalten sich ein, um solche Härtefälle auszugleichen/abzuwenden. Ob das in Bayern auch so ist, vermag ich nicht einzuschätzen.

Ein Härtefall liegt hier nach unserer Einschätzung in mehrfacher Weise vor.
Der Gewerbebetrieb Tutzing Hof, durch die Coronakrise schwer angeschlagen, verliert durch diese wenig durchdachte behördliche Maßnahme einen dringend benötigten Mitarbeiter. Gerade in der gut laufenden Urlaubszeit ist diese Maßnahme des Landratsamtes nicht nachvollziehbar und sogar existenzgefährdend. Soll einer der wenigen Gewerbebetriebe in Tutzing wirklich dafür bestraft werden, dass er in einer „Achse der Willigen“, Asylsuchende immer wieder integriert und in der Lage ist, Gewerbesteuern zu zahlen? Hier wird ein gewerbetreibendes Ehepaar bestraft, dass sich voll und ganz in Ihrem Betrieb einbringt. Wer so hart arbeitet darf grau und gezeichnet aussehen. Das kann man nicht von jedem Immobilien vermietenden Tutzinger Einkommensmillionär behaupten.
Frau Fikerte Kasahu darf jetzt - nicht mehr arbeiten, - verdient kein eigenes Geld, zahlt keine Miete mehr. Das macht jetzt wieder der Staat. Der bayrische Staat macht es sich hier wie so häufig recht einfach und erfüllt eine vorzeigbare Abschiebe-Qoute in dem er auf Asylsuchende zugreift, die er schnell in den Betrieben abgreifen kann. Dabei handelt es sich aber um arbeits- und integrationswillige Menschen. Bei auffälligen Asylsuchenden dürfte dieses „abschöpfen“ wohl nicht so erfolgreich sein.
Im vorliegenden Fall, wird zudem eine alleinlebende Frau in eine ausweglose Situation gebracht. Ohne Wohnung droht wohl wieder Lagerbetrieb mit überwiegendem Männeranteil. (Ich möchte diese Stelle wohlwollend beschreiben, obwohl wir wissen, dass es sich hier ggf. um ein schändliches Vorgehen handelt.)

Als SPD Ortsverein bitten wir Sie, sich für eine Bleiberecht der Servicekraft im Tutzinger Hof beim Landratsamt Weilheim einzusetzen."

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Tutzinger kämpfen seit Jahren für Arbeitsmöglichkeiten von Asylbewerbern

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Seit Jahren setzt sich der Ökumenische Unterstützerkreis in Tutzing für eine sinnvolle Integration von Asylbewerbern durch Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland ein. Wegen der erheblichen Probleme dabei hat der Unterstützerkreis vor zwei Jahren eigens einen Flyer erstellt (siehe Bild). „Bayerische Politik verhindert Integration“, kritisierte der Kreis scharf. Firmen verlieren ausländische Mitarbeiter Mitarbeiter der Initiative beklagten, dass von ihnen betreute Personen mit Migrationshintergrund plötzlich keine Arbeitsgenehmigungen mehr bekämen und dass Asylbewerber in mehreren Tutzinger Unternehmen, in denen sie bereits tätig waren, nicht mehr arbeiten könnten. Gleichzeitig suchten viele Tutzinger Firmen händeringend Personal, so beispielsweise in der Gastronomie.

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Kommentare

Nein, Herr Krebs so naiv sind "wir“ nicht. In einem Rechtsstaat gibt es natürlich die Möglichkeit der unterschiedlichen Auslegung von Gesetzen. Es gibt aber offensichtlich auch eindeutige Regeln wie in diesem Fall : Betrieb nicht Prüfungsbestandteil Einem Landrat bzw. einer Landrätin solche Unterstellungen zu machen ist nicht zielführend und zu pauschal. So wie ich das nun aus dem Artikel herauslese, konnte Frau Kasahun gar keine Arbeitserlaubnis haben. Wenn dem so ist, verstehe ich das rumgejammerte des Herrn Hensel und der Tutzinger Gastronomin erst recht nicht.
Zudem müssen sich manche Branchen wie die Gastronomie mal Gedanken machen warum sie keine Angestellten findet. Dies liegt zum größten Teil an der schlechten Bezahlung und an den schlechten Arbeitsbedingungen. So gut es auf den ersten Blick auch klingen mag wenn Migranten und Asylbewerber hier Arbeit finden, es ändert nichts daran, dass man von dem Gehalt trotz Mindestlohn oft nicht leben kann. Seien wir ehrlich, hier wird die Notsituation der Asylbewerber oft auch ausgenutzt um das Lohnniveau niedrig zu halten. Würden sich diese Branchen auch für Migranten und Flüchtlinge einsetzen, wenn sie daraus keinen Nutzen ziehen würden?
(Bearbeitet)
Die zentrale Sachfrage ist doch, ob die Tutzinger Bürgermeisterin von den FW die richtige bzw. die optimale Adresse für das Schreiben der Tutzinger SPD ist?
Wie der in derlei Rechtssachen erfahrene Anwalt bereits mit anderen Worten feststellte: Wer attackiert, sollte zuallererst das richtige Ziel ins Visier nehmen.
Wenn man in der Sache mehr als nur eine vorübergehende Empörungsdarstellung fürs lokale Publikum erreichen will, gibt es doch viele andere Mittel und Wege; sowohl klassisch-traditionell (z. B. persönliche politische Hintergrundkontakte zu den Weilheimer Kollegen nutzen, regionaler Wirtschaftslobbyismus oder ggf. juristische Unterstützung) als auch zeitgeistig-modern... (z.B. Petitionen und andere Aktionen im Internet)
@Herrn Kerbs: ich meine, dass es sinnvoll ist, sich erst einmal zu informieren, wen man als Sündenbock hinstellt. Und das ist in diesem Fall jedenfalls nicht "der Landrat". Sollten Sie mit "der Landrat", den "man" in Tutzing gewählt hat, tatsächlich die Landrätin von Weilheim-Schongau gemeint haben, passt ja alles. Ich kenne übrigens weder Herrn Frey noch Frau Jochner-Weiß so gut, dass ich sagen könnte, ob sie "erzkonservativ" sind. Ohne CSU-Wähler zu sein, vermute ich, dass es auch innerhalb der CSU Erz- und nicht Erzkonservative gibt, sogar unter deren Amtsträgern. Und schließlich ist das Thema "Beschäftigungserlaubnis für Geduldete ohne Pass" so schwierig, dass man nicht einfach unterstellen kann, ein Landrat (der das ja auch gar nicht, schon gar nicht allein einfach so entscheidet) von einer anderen Partei hätte unter denselben Bedingungen einfach mal so eine Beschäftigungserlaubnis erteilt. Bedauerlicherweise ist das nicht so. Aber vielleicht lässt sich die Landrätin ja doch noch überzeugen, wünschenswert wäre es.
Wenn ich mal einmischen darf. Diesbezügliche Gesetze werden in Berlin gemacht. Für die Umsetzung und Einhaltung sind die Ausländerbehörden zuständig. Es darf aus meiner Sicht deshalb keine Rolle spielen welcher Partie ein Landrat angehört oder in welchem Landkreis so ein Fall auftritt. Deshalb verstehe ich auch die Kritik an der Behörde nicht nur weil die ihren Job machen.
Knapp daneben. Zuständig ist das Landratsamt Weilheim-Schongau. Mit seiner Landrätin.
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