Gastronomie
20.7.2019
Von vorOrt.news

Midgardhaus vor Änderungen

Fritz und Marlies Häring wollen in absehbarer Zeit aufhören – Verhandlungen über die Nachfolge laufen

Midgard5.jpg
Wie ein verwunschenes Schloss: Das Midgardhaus © L.G.

Beim Midgardhaus deuten sich Änderungen an. Der Wirt Fritz Häring, der das bekannte Restaurant bereits seit mehr als drei Jahrzehnten zusammen mit seiner Frau Marlies führt, will sich offenbar über kurz oder lang zurückziehen. Noch ist es nicht soweit. Wie es aussieht, wird die Gaststätte in nächster Zeit noch so weiter laufen wie bisher. Doch an einer Nachfolgelösung wird bereits gearbeitet.

Wie Bürgermeisterin Marlene Greinwald auf Anfrage bestätigt hat, laufen Verhandlungen - mit wem, das will sie bisher öffentlich noch nicht bekanntgeben. Es kann sich wohl auch noch einige Zeit hinziehen. Auf jeden Fall scheint der Interessent recht konkrete Pläne zu haben, und offenbar will er auch einiges investieren. So soll der Bau eines Saals im Gespräch sein. Die alte Villa steht aber unter Denkmalschutz, da sind bauliche Veränderungen nicht so einfach. Der bisherige Baubestand soll offenbar nicht vergrößert werden.

In den 1970er Jahren sollte an dieser Stelle ein Hotel entstehen

Midgard11.jpg
Die alte Villa im 19. Jahrhundert © Sammlung Gernot Abendt

Als Fritz Häring und seine Frau Marlies das Midgardhaus in den 1980er Jahren übernommen haben, waren heftige Auseinandersetzungen um die Villa schon Jahre vorbei. In den 1970er Jahren sollte das Gebäude abgebrochen werden, an seiner Stelle wollte das Unternehmen Steigenberger ein Hotel errichten. Gegen diese Pläne gab es starke Proteste. Eine Bürgerinitiative formierte sich, schließlich wurden die Hotelpläne aufgegeben. Bis heute haben ältere Tutzinger das „Midgardhaus-Lied“ nicht vergessen. Auf dem Höhepunkt der Affäre haben Gegner der Hotelpläne zur Melodie vom Wildschütz Jennerwein die Abbruchpläne bei einer Veranstaltung im Andechser Hof drastisch verrissen. Von „Krieg im Ort“ war in alten Zeitungsberichten die Rede.

Die Vorgänge machten vielen Tutzingern erstmals eine offenkundige Erfolgswahrscheinlichkeit von Kritik Einheimischer an lokalpolitischen Vorhaben bewusst, die nicht allen gefallen. Die Initiative ergriffen hat damals das Ehepaar Christa und Joachim Jaworski, das selbst von 1958 bis 1975 in der Villa gewohnt hatte. Nach und nach gesellten sich Gleichgesinnte, darunter auch Gemeinderäte, dazu.

Anzeige
Banner-April24-3.png

Fritz Häring hat das Midgardhaus weit über Tutzing hinaus bekannt gemacht

Ha-ring-Fritz1.jpg
Fritz Häring in seinem Element: in der Küche des Midgardhauses

Die Gegner der Hotelpläne gingen damals ebenso ungewöhnlich wie pragmatisch vor: Sie räumten im seinerzeit arg heruntergekommenen Midgardhaus auf. Damit wollten sie beweisen, dass das historische, 1853 vom Grafen von Vieregg errichtete Gebäude vielleicht doch erhaltenswert sein könnte, das mit namhaften Bewohnern vom „Waldschmidt“ Maximilian Schmidt über den Ägyptologen Georg Ebers bis zum Fabrikanten Hermann Scholl verbunden ist.

Auch einige Prominente gewannen sie zur Unterstützung. Die damals noch vor allem als Schauspielerin bekannte Marianne Koch, die einige Monate zuvor ihren Doktor der Medizin gemacht hatte und schon lange in Tutzing wohnte, klinkte sich ebenso ein wie der Architekt und Karikaturist Ernst Maria Lang. Er bezeichnete ein Hotel-Modell bei der denkwürdigen Veranstaltung im Andechser Hof, von den Gegnern dieser Planung umjubelt, als „Fort Tutzing, dazu gebaut, eventuelle Angriffe von Schlachtschiffen von der Seeseite her abzuwehren“. Die Kehrtwende brachte dann im April 1977 eine Gemeinderatssitzung: Ein paar Gemeinderäte, die zuvor als Hotelbefürworter gegolten hatten, schwenkten um - und das Projekt wurde abgelehnt.

Dann wurde das Midgardhaus zum Restaurant. Einige erste gastronomische Versuche waren nicht von besonderem Erfolg gekrönt. Dann kamen die Härings und machten das Midgardhaus zu dem, was es heute ist. Unter Häring, der sich auch mit Fernsehsendungen einen Namen gemacht hat, ist das Midgardhaus in den vergangenen Jahrzehnten weit über Tutzing hinaus bekannt geworden. Fritz Häring scheint auch eng in die Überlegungen für einen Wechsel eingebunden zu sein.

Greinwald: Enge Abstimmung mit Gemeinde und Landratsamt

Midgard6.jpg
Kein Wunder, dass dieses grandiose Ambiente potenzielle Nachfolger anlockt © L.G.

Selbst will sich Fritz Häring dazu derzeit nicht äußern. Aber die Branche ist sehr persönlich geprägt, man kennt sich, da kommt man schnell ins Gespräch. Das grandiose Ambiente der alten Tutzinger Villa mit den beiden gusseisernen Löwen davor neben einer in den See führenden Steintreppe muss für Gastronomen mit Gefühl für hochwertige bayerische Atmosphäre ein erheblicher Reiz sein. Die Verhandlungen mit dem potenziellen Nachfolger laufen seit Monaten, auch die Gemeinderäte haben davon schon vor längerer Zeit erfahren, allerdings nur in nicht öffentlicher Sitzung.

Bei den Planungen werde es eine enge Absprache mit der Gemeinde und dem Landratsamt gebe, versichert Bürgermeisterin Greinwald. Wann der Übergang auf den neuen Pächter zu erwarten ist, scheint bisher noch offen zu sein. Der Vertrag mit Fritz Häring läuft noch sehr lange, nach Greinwalds Angaben bis zum Jahr 2038. Zunächst werden wohl komplexe vertragsrechtliche Gestaltungen zu klären sein. So ist auf der einen Seite die Gemeinde Grundeigentümer, auf der anderen Seite hat Häring einen Erbbauvertrag.

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 2045
Über den Autor

vorOrt.news

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.
Feedback / Fehler melden