Bauplanung
25.5.2023
Von vorOrt.news

327 Unterstützer für Bareisl-Petition

Treffen der Grünen heute um 18 Uhr stößt auf viel Interesse – Intensive Diskussionen über Neubauprojekt

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In der Tutzinger Siedlung Bareisl wird es heute am frühen Abend voraussichtlich spannend werden. Wegen der um sich greifenden Kritik an Plänen für einen neuen Wohnblock hat die Gemeinderatsfraktion der Tutzinger Grünen für heute, Donnerstag, 25. Mai, um 18 Uhr einen Besichtigungstermin angesetzt. Ihre Mitglieder wollen sich bei dieser Gelegenheit gemeinsam ein Bild von der Situation am Bareisl machen. Eigentlich soll es sich in erster Linie um ein informelles Treffen für die Gemeinderatsfraktion der Grünen handeln und keine offizielle Veranstaltung sein, erklärt Bernd Pfitzner, Gemeinderat der Grünen, auf Nachfrage. Die Nachricht von diesem Termin hat am Bareisl aber schnell die Runde gemacht.

Es wird erwartet, dass etliche in dieser Gegend wohnende Einheimische zu diesem Termin kommen werden, die sich nach auch intensiv darauf vorbereiten, wie einer von ihnen, Korbinian Schlingermann, gegenüber vorOrt.news mitgeteilt hat. Alle Tutzinger Verantwortlichen von Gemeinderat bis Feuer seien zum Austausch eingeladen, betont Schlingermann. Die wegen des Neubauprojekts organisierte Petition „Rettet den Bareisl“ stößt unterdessen auf immer mehr Zustimmung. Innerhalb weniger Tage ist die Zahl der Unterstützer von 230 auf 327 am heutigen Sonntagvormittag gestiegen: https://www.change.org/p/rettet-den-bareisl

Sieben Zwei-Zimmer-Wohnungen, 13 Drei-Zimmer-Wohnungen, eine Vier-Zimmer-Wohnung

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In diesem Bereich soll der neue Wohnblock errichtet werden. Die bestehenden Gebäude - hinten, links und der Bau, aus dem fotografiert wurde - bilden ein "U", das durch den Neubau zu einem "O" geschlossen werden soll © privat

Das Münchner Unternehmen Eigenheimbau GmbH hat kürzlich im Bau- und Ortsplanungsausschuss des Tutzinger Gemeinderats die geplante Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 21 Wohneinheiten für Eigenbestand ("kein Verkauf!") vorgestellt. Vorgesehen ist danach ein Gebäude mit Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und "Staffelgeschoss", einer so genannten "Laterne" mit extensivem Gründach.

Insgesamt sieben Zwei-Zimmer-Wohnungen, 13 Drei-Zimmer-Wohnungen und eine Vier-Zimmer-Wohnung sollen entstehen. Die Gebäudestruktur soll durch Fassadenversatz und zwei Treppenhäuser geprägt werden, zu den Firsthöhen der Nachbargebäude soll es einen Höhenbezug geben. Durch die Positionierung der Gebäude soll ein Innenhofcharakter erreicht werden. Weiter geplant sind nach der Präsentation Fassadenbegrünung, Rigolenentwässerung, Regenwadsserzisterne und eine Phtovoltaikanlage für Eigenverbrauch.

Eine 1613 Quadratmeter große Tiefgarage soll 64 Stellplätze enthalten. Dabei wird erine "hohe Erdüberschüttung für intensive Bepflanzung" angekündigt. Hinzu kommen sollen Fahrradabstellplätze, Kellerabteile, separate Zugänge zu den Nachbargebäuden und eine Einfahrt mit ausreichender Rückstaufläche. Im Außenbereich soll es nach der Präsentation einen großzügigen Kinderspielplatz geben. Bestehende Garagen sollen für "Grünflächenzugewinn" rückgebaut werden. Eine Gartenanlage soll wesentlicher Bestandteil der Innenhofgestaltung sein.

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Das Neubauprojekt hat intensive Diskussionen entfacht

Die Diskussion über das neue Wohnbauprojekt wird nicht nur in der betroffenen Nachbarschaft, sondern mittlerweile in ganz Tutzing kontrovers geführt, so auch in Kommentaren auf vorOrt.news. Dabei kommen zahlreiche Aspekte zur Sprache, vom Bedarf an bezahlbarem Wohnraum über Naturschutz und Überschwemmungsgefahren bis zu Aufenthaltsqualität und Verkehrsbelastungen. Auf scharfe Kritik stoßen auch Mängel bei der Instandsetzung der bestehenden Wohnungen. Angeblich seien verschimmelte Wohnungen vermietet worden.

"Eingeschränkte Zugriffsmöglichkeit von Rettungsdienst und Feuerwehr'"

Josef Stümpfl, der jahrzehntelange Erfahrungen bei der Tutzinger Feuerwehr und in leitenden Positionen bei der Münchner Berufsfeuerwehr hat, warnt gegenüber vorOrt.news vor einem „täglichen Verkehrskollaps“ auf der Traubinger Straße. Er befürchtet auch eine „deutlich eingeschränkte zeitliche Zugriffsmöglichkeit von Rettungsdienst und Feuerwehr in die dezentralisierten Bereiche“ bis hinauf zum ehemaligen "Südlabor", wo sich heute Kindergärten befinden.

"Rutschgefährdung am Bareislgraben"

Zum Thema Natur- und Umweltschutz wird immer wieder auf den direkt neben der Siedlung verlaufenden Bareislgraben verwiesen. In den Kommentaren findet sich eine Warnung, dass der Bareislgraben wie die meisten auf Tutzing zulaufenden Gräben als „feinerdreicher, rutschgefährdeter Einhang“ gelte. Trotz technischer Möglichkeiten bei Neubauten werden Befürchtungen für den Fall von Starkregenereignissen geäußert. Bedenken sind bei Treffen am Bareisl in den vergangenen Tagen gerade auch wegen einer in diesem Bereich geplanten großen Tiefgarage mit 64 Stellplätzen laut geworden.

Entlastung für den Wohnungsmarkt oder nicht?

Pro und contra thematisiert wird in den Diskussionen der Bedarf an Wohnraum in Tutzing. Hier werden Zweifel daran geäußert, dass durch das Neubauprojekt am Bareisl tatsächlich „bezahlbare“ Wohnungen entstehen werden. Dort wird argumentiert, dass selbst mittel- oder hochpreisige Neubauten den lokalen Wohnungsmarkt entlasteten, weil dadurch mittelbar billigere Wohnungen frei würden. In einem Kommentar wird argumentiert, wenn nicht in die Höhe gebaut werden solle, blieben nur Bauerweiterungen in der Fläche und Nachverdichtungen, „bis man sich von Fenster zu Fenster fast die Hände reichen kann“. Wenn man überhaupt nicht baue, würden dagegen die Preise erst recht noch stärker steigen.

Wohnanlage "Am Bareisl", Tutzing

Aus der Präsentation des Unternehmens Eigenheimbau GmbH, München, im Bau- und Ortsplanungsausschuss des Tutzinger Gemeinderats

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Kommentare

Ein sehr guter Kommentar von Korbinian Schlingermann. Ja, unsere gewählten und mit dem Wohl der BÜRGER beauftragten Politiker.....
Sind nicht im Herbst Wahlen? Da könnte ich mir schon so einige Verschiebungen vorstellen. Kann es denn sein, dass 21 neue Wohnungen wichtiger sind, als die Erhaltung der Bareisl-Natur und die Interessen von so vielen seit Jahrzehnten treuen Mietern?
Unbezahlbar.
Nicht Familien und kinderfreundlich
Eine Veranstaltung, die am Ende einige Fragen offen ließ. Ein Eigentümer, der die Gelegenheit verpasst hat sich seinen zu Recht beunruhigten Mieterinnen und Mietern zu stellen und seine Perspektive zu präsentieren. Eine verpasste Chance. Einerseits Gemeindevertreter, die sich - wie angekündigt - die Zeit genommen haben, um den vielen Betroffenen zuzuhören und ihre Sorgen um die jahrelange Großbaustelle, 3 Meter vor ihrem Balkon, ernst zu nehmen. Andererseits Gemeindevertreter, die darauf bedacht waren die Betroffenen vor "falschen Hoffnungen" zu warnen und für das Projekt zu werben. Warum es eine falsche Hoffnung ist, dass sich der Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung mit dem Neubauprojekt befasst, die einstimmige Befürwortung des Bauausschuss kritisch hinterfragt und nach Prüfung möglicherweise revidiert - so wie es eine breite Unterstützung erfahrende online Petition fordert - bleibt ein Rätsel. Es klingt nach einer sehr berechtigten und keineswegs falschen Hoffnung. Gar die Begriffe "Lüge" und "Terrorismus" fielen und wurden den Betroffenen in großer Runde unterstellt. Eine Tonart, die den Anwesenden zu denken gibt. Schon zu Beginn entstand der Eindruck zweier Fronten. Nicht jedoch die zwischen Betroffenen und Eigentümer. Denn dieser verpasste die Gelegenheit einiges klarzustellen.
Die Front entstand traurigerweise zwischen Betroffenen und einzelnen Gemeindevertretern, die sich unmissverständlich als Advokat der Investorensicht präsentierten mit immer gleichem Argument. Wohnraum um jeden Preis. Die Naiven, die geglaubt hatten, die Mehrheit der Gemeindevertreter würde eine neutrale Sicht zwischen Betroffenensicht und Investorensicht einnehmen oder gar ehrliches Verständnis für diejenigen betroffenen Tutzinger aufbringen, die sie als Abgeordnete und gewählte Volksvertreter doch mindestens mit gleichem Engagement vertreten sollten, wurden an diesem Tag eines besseren belehrt. Die zahlreichen Nachteile (Gentrifizierung durch zusätzlichen teuren Wohnraum, Naturzerstörung, Verkehrskollaps, Flächenversiegelung, Überlastung der Abwassersysteme und einiges mehr), die dieses Mega-Projekt am Bareisl mit sich bringen wird, werden konsequent ignoriert und die Verantwortung hierfür mit Leichtigkeit an die Verantwortlichen in Starnberg übertragen. Der Tenor ist eindeutig. Eine Gemeinde, die im Grunde genommen nichts tun kann. Fragwürdig, fiel doch zum Ende der Veranstaltung immerhin vereinzelt das Wort "Veränderungssperre" als allerletztes Mittel. Auch naturschutzrechtlich tun sich nach und nach Handlungsmöglichkeiten auf. Die Hinweise auf schützenswerte Flora und Fauna verdichten sich durch Ortsbegehungen Sachkundiger. Doch wo kein Wille vorhanden und noch dazu politischer Erfolg angeblich an Wohnungszubau und Nachverdichtung gemessen wird - möge er noch so planlos und retrospektiv sein - da liegt es leider an Tutzingerinnen und Tutzingern, wie aktuell am Bareisl, sich dem deutlich entgegenzustellen und ihre Meinung so laut kund zu tun, dass sie sogar in der Gemeinde nicht mehr überhört werden kann. Eine wirklich besorgniserregende Entwicklung.
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