
Die Tutzinger Siedlung Bareisl soll erweitert werden. Das Münchner Unternehmen Eigenheimbau GmbH will dort ein weiteres viergeschossiges Mehrfamilienhaus mit 21 Wohneinheiten für Mietwohnungen errichten. Der neue Block soll an der Stelle nahe des Bareislgrabens entstehen, an der sich derzeit ein Spielplatz befindet. Ein bisher durch bestehende Gebäude gebildetes „U“ würde sozusagen zu einem „O“ ergänzt.
Die Siedlung am Bareisl ist eine von drei in den 1960er und 1970er Jahren vor allem für Bundeswehr-Angehörige und ihre Familien errichteten Wohnanlagen in Tutzing. Als erste von ihnen wurde 1960 die Siedlung „Am Höhenberg“ bezugsfertig, dan folgten 1964 „Am Bareisl“ und 1972 die „Luswiese“. „Mein Vater hat die Siedlungen Luswiese, Bareisl und Höhenberg gebaut“, sagte Eigenheimbau-Geschäftsführer Stefan Schmidt vorige Woche, als er das neue Vorhaben in einer Bauausschuss-Sitzung des Tutzinger Gemeinderats vorstellte.
Die Mitglieder des Bauausschusses haben die Konzeptionin einem Empfehlungsbeschluss an den Gemeinderat einstimmig befürwortet. Die Präsentation in der Sitzung ging recht schnell vonstatten, Details waren für Außenstehende schwer zu erkennen. Offenbar ist ein knapp zwölf Meter hohes Gebäude mit Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und einem weiteren Aufsatz, einer so genannten Laterne, vorgesehen.
"Rettet den Bareisl"

In der Bevölkerung am Bareisl machen sich unterdessen deutliche Widerstände gegen dieses Projekt bemerkbar. Immer wieder treffen sich Einheimische dort, wo das neue Mehrfamilienhaus vorgesehen ist, zu intensiven Gesprächen. Sogar eine Petition ist bereits mit dem Titel „Rettet den Bareisl“ gestartet worden: https://www.change.org/p/rettet-den-bareisl Bisher werden 231 Unterstützer registriert.
Kritisch setzt sich auch der Bürgerverein „Tutzinger Liste“ mit der Planung auseinander. Er sieht darin erneut einen Beleg für das Fehlen eines Gesamtkonzepts für Tutzing. Die erste Bürgermeisterin und der Gemeinderat hätten das Vorhaben bislang einzig unter dem Aspekt Wohnraum- und Parkplatzbeschaffung diskutiert: „Das reicht nicht.“ Einmal mehr werde damit die Dringlichkeit eines gesamtgemeindlichen Entwicklungskonzepts (GEK) für Tutzing vorgeführt. https://www.tutzinger-liste.de/blog/neue-petition-in-tutzing-gegen-bauvorhaben-gestartet-rettet-den-bareisl/
Kritiker: „Drastisch abnehmende Lebensqualität“

Zahlreiche Kritikpunkte werden in der Petition und in den Diskussionen aufgeführt: Ein Vorhaben dieser Größe werde innerhalb der geplanten Fläche eine untragbare Belastung darstellen, es werde eine jahrelange Großbaustelle geben. Alter Baumbestand werde vernichtet, die Grünfläche werde versiegelt werden, von einer ökologischen Ausgleichsfläche sei bisher nicht die Rede. Schmidt kündigte in der Sitzung zwar einen Spielplatz an, doch in der Siedlung wohnende Menschen befürchten, dass der beliebte Naturspielplatz, an dem sich im Sommer bis zu 35 Kinder mit Eltern versammelten, und damit der soziale Raum für Groß und KIein verlorengehen werde. Es werde eine „drastisch abnehmende Lebensqualität“ geben, die in diesem Gebiet wohnenden Menschen verlören ihren „Garten“ und Platz für das Miteinander.
Zusammen mit dem Neubau soll eine Tiefgarage mit 64 Stellplätzen errichtet werden, wie Schmidt im Bauausschuss ankündigte. Das werde eine der größten Tiefgarage Tutzings werden, argumentieren die Kritiker. Deren Absicherung, wohl mit einem Stahlverbau, werde wahrscheinlich unter dem Bareisl Graben liegen. Der Schaden für das angrenzende Biotop sei nicht abzuschätzen. Dort befinde sich ein Vogelparadies für zahlreiche Arten, das im Frühjahr zugleich großes Brutgebiet sei, so für Graureiher.
Eigentümer: "Es muss auch kaufmännisch vertretbar sein"

In der Sitzung war von „bezahlbarem Wohnen“ die Rede. Darunter könne man sich heutzutage viel vorstellen, sagte Dr. Ernst Lindl (CSU). Er fragte die Bauwerber nach konkreten Vorstellungen. Bei derzeit insgesamt 100 Wohnungen in den Blöcken am Bareisl betrage die Durchschnittsmiete zurzeit 12,50 Euro pro Qudratmeter, sagte Eigenheimbau-Geschäftsführer Schmidt. Er kündigte für die neuen Wohnungen 16,50 Euro an. Christine Nimbach (fraktionslos) sagte, das seien sehr hohe Mieten, sie selbst zahle in der Kellerwiese 10 Euro Warmmiete. Schmidt erwiderte, die Mieten seien ortsüblich. Die Heiz- und Warmwasserkosten könnten nicht eingepreist werden: „Es muss auch kaufmännisch vertretbar sein.“ Bei Sozialbindung lägen die Mieten um die 12 Euro, sagte er. „Wir werden uns nicht nach oben ausweiten.“
Nach Angaben des Tutzinger Bauamts ist die Eigenheimbau GmbH bereit, für 14 Wohnungen eine Mietpreisbindung einzugehen, damit günstiger Wohnraum entstehen könne. Schmidt schränkte aber in der Sitzung ein, dass sich diese 14 Wohnungen nicht auf den neuen Wohnblock beschränken, sondern auf die gesamte Anlage verteilen sollen. Ein Vertrag zur langfristigen Festsetzung eines bestimmten Anteils von Wohnungen mit bezahlbaren Mieten soll nach dem Beschluss des Ausschusses vorbereitet werden. Die genaue Ausgestaltung blieb allerdings offen. Die Kritiker am Bareisl bezeichnen die in der Bauausschuss-Sitzung genannten Miethöhen als irreführend, zum Teil würden höhere Mieten gefordert. Sie vermuten, dass der Neubau in erster Linie zu üblich hohen Tutzinger Mietpreisen vermietet werde und die neuen „Sozialwohnungen“ in den alten Wohnblöcken geschaffen würden. Die überwiegend kleinen Wohnungen seien nicht für junge Familien geeignet, man denke wohl ehr an gut verdienende Singles und kinderlose Paare. Wenn dennoch Familien angesprochen würden, müsse die Gemeinde bei Betreuungsangeboten handeln, denn Kindergartenplätze seien in Tutzing Mangelware.
"Wir sind seit 50 Jahren hier und wollen es auch bleiben"

Die Kritiker vermissen auch Investitionen im Bestand. Es gebe keine ausreichende Wärmedämmung, auch sei keine energetische Sanierung zu erkennen. Die Heizung werde in allen Wohnblöcken bisher mit Öl betrieben. Stattdessen seien nun Investitionen in einen Neubau vorgesehen. In der Sitzung des Bauausschusses hat auch Dr. Ernst Lindl (CSU) gesagt, die Bauten am Bareisl seien „optisch ein wenig in die Jahre gekommen“. Schmidt verwies demgegenüber auf einige bereit erledigte Sanierungsmaßnahmen, von den Dächern bis zu den Treppenhäusern. „Da finde ich 16,50 Euro vertretbar“, sagte er. Etliche Mieter seien noch aus der Bundeswehrzeit in den Wohnungen, sie hätten alte Mietverträge. Bei Mieterhöhungen werde man „vernünftig“ vorgehen und nicht mit größeren Sprüngen, versicherte Schmidt. „Wir sind langfristig interessiert“, betonte er: „Wir sind seit 50 Jahren hier und wollen es auch bleiben.“
In der Sitzung des Bauausschusses sind viele der von den Kritikern erwähnten Aspekte nicht zur Sprache gekommen. Es gab zwar einige Diskussionen und kritische Anmerkungen, vom Verkehr bis zur Raumaufteilung. Doch generell wurde das Vorhaben von den meisten Kommunalpolitikern begrüßt. Das sei ein günstiger Platz für eine Nachverdichtung“, meinte Stefan Feldhütter (Freie Wähler). Angesichts eines relativ großen Anteils vorgesehener Zwei-Zimmer-Wohnungen warb er für mehr Drei-Zimmer-Wohnungen, die für Familien geeignet seien. Nicht ganz klar ist bisher offenbar, ob es sich bei dem betreffenden Grundstück baurechtlich um Innenbereich oder Außenbereich handelt.
"Zusätzliche Belastung für die Traubinger Straße"

Die Tiefgarage mit 64 Stellplätzen bedeute drei Stellplätze pro Wohnung, wunderte sich Stefanie Knittl (SPD). Die Parkplätze seien für die gesamte Wohnanlage gedacht, erwiderte Schmidt. Er schilderte die Parksituation rundherum in den Straßen als schwierig, es werde alles zugeparkt, es gebe zu wenig Stellflächen. „Wir arbeiten schon an einem Parkausweis“, sagte er. Eine Tiefgarage bezeichnete er als dringend notwendig.
Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP) spannte den Bogen weiter: Das alles werde den Verkehr rundherum verstärken und eine zusätzliche Belastung für die Traubinger Straße bringen. Auch die Kritiker am Bareisl vermissen detaillierte Konzepte zum Umgang mit dem Verlust der vorhandenen Fläche sowie einen Mangel eines detaillierten Konzepts zur Verkehrsentlastung im Gebiet Bareisl, Zugspitzstraße, Traubinger Straße. Dieses Projekt sei vom Tutzinger Gemeinderat „erneut genauer zu hinterfragen und unter Umständen abzulehnen“, fordern sie. Schmidt sagte dazu, pro Wohneinheit gebe es eher immer weniger Autos, und auf der Traubinger Straße gebe es Geschwindigkeitsbegrenzung. „Wir haben eine hervorragende Erschließung mit dem ÖPNV“, sagte Bürgermeisterin Marlene Greinwald: „Da hoffe ich, dass wir weiter vorankommen.“ Weber-Guskar erkundige sich nach der Möglichkeit eines Wendehammers für den Bus, damit er in die Siedlung Bareisl fahren kann. Der Bus dürfe nicht rückwärts fahren, sagte Greinwald, deshalb sei nicht möglich gewesen. Am Bareisl werde der Bus dennoch gut angenommen, wie sie gehört habe.
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Und das nicht nur hier oben sondern die ganzen angrenzenden strassen.
Und die Mieten kann sich keiner leisten.
Und vorallem die Tiere im Wald ( Fledermäuse unter Zeugen gesichtet).
Hauptsache das Geld.
Anderes ist nicht wichtig.
Die armen Kinder.
Alles wegnehmen und traurige Kinder haben.
Die haben alle kein Herz.
Aber immer behaupten Kinder sind die Zukunft.
Nochmal zum Wasser. Ernsthaft, wohin wird dieses zusätzliche Oberflächenwasser abgeleitet? In den Bareislgraben? In die modernen oder alten Kanäle? Info-Veranstaltung zur Situation? Mit einer Tiefgarage unter der Wiese wird dort wohl kaum etwas versickern können. Der bleibende Grünstreifen dürfte sich wohl eher wie Asphalt verhalten. Dafür müssen Lösungen vorgestellt werden, damit sich das Wasser am Ende nicht den Weg über die Straße Richtung Benediktenweg und Ort sucht.
Wenn man in Tutzing nicht (wieder) in die Höhe bauen will, bleibt nur die Alternative immer weiter in die Flächen zu gehen. In den Außenbereichen genauso, wie bei der Nachverdichtung... bis man sich von Fenster zu Fenster fast die Hände reichen kann.
Wenn man gar nichts tut, schießen die Preise erst recht noch steiler durch die Decke.
Selbst mittel- oder hochpreisige Neubauten entlasten (mal mehr, mal weniger) den lokalen Wohnungsmarkt; denn wer eine echte "Oberklassen" Wohnung findet, muss zumindest nicht mehr in billigeren Segmenten wildern und dort die eigentliche Zielgruppe überbieten.
Die Wohnung werden von Eigenheimbau so schon nicht in Stand gebracht.
Das sind teilweise total verschimmelte Wohnung die Vermietet werden.
Und dann solchen Mieten dafür verlangen?
Noch dazu wichtige Grünfläche wegnehmen wo es für Kinder eh kaum Orte gibt zum Spielen.
Einfach nur abartig solche Vorhaben.
Vielleicht hat ja der Vater aus gutem Grund Abstand zu dem geologisch schwierigen Geläuf gehalten?
Der Bareislgraben gilt wie so ziemlich alle auf Tutzing zulaufenden Gräben beidseits als „Feinerdereicher, rutschgefährdeter Einhang“. Das mag technisch alles an Ort und Stelle händelbar sein. Aber was passiert im weiteren Grabenverlauf? Was passiert bei einem Starkregenereignis?
Wer darauf eine treffende Antwort hat, möge sich zu erkennen geben.
Bezahlbaren Wohnraum schaffen ist wichtig. Gerade auch in Tutzing. Das Pflegepersonal in Krankenhaus und anderen Einrichtungen braucht die kurzen Wege.
Aber (auch) die Eigenheimbau täte gut daran, sich im Sinne von Natur- und Umweltschutz lernfähig zu zeigen und andere Wege zu beschreiten.