Bauplanung
1.7.2021
Von vorOrt.news

Seeblick, Wertverlust, Wirtschaftlichkeit

Im Seehof-Verfahren nehmen die Planer zu zahlreichen Aspekten und Kritikpunkten StellungMit Unterstützung von Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg, Gemeinderat der Tutzinger Liste

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Der aktuelle Entwurf für das Seehof-Grundstück mit dem künftigen Hotel in der Mitte. Rechts der Zugang zum Dampfersteg, daneben eine Gastronomie in Bootshüttenform, links die öffentliche Bootslände, dazwischen viel Platz zum Promenieren. © Prof. Florian Burgstaller

Der Seehof beschert Tutzings Gemeinderäten nach wie vor viel Arbeit. 170 Seiten umfassten die Unterlagen zur neuen Planung in der Sitzung des Bau- und Ortsplanungsausschusses am Dienstag. Die Ausschussmitglieder beschäftigten sich mit zahlreichen Aspekten des Themas und beleuchteten auch etliche Kritikpunkte, auch solche, die von Nachbarn vorgebracht worden waren. Schließlich gab es einen einstimmigen Billigungsbeschluss. Ob und von wem das Projekt in der vorgesehen Form realisiert wird, ist allerdings offen. Der derzeitige Eigentümer des Seehofs, das österreichische Unternehmen UBM Development, hat mehrmals bekräftigt, dass er ein Hotel, wie es die Gemeinde wünscht, nicht bauen wird, sondern das Grundstück verkaufen will. Hoffnungen auf Seehof-Investoren In der Sitzung des Bauausschusses war von Anfragen mehrerer Investoren die Rede. In Tutzing kursieren schon seit einiger Zeit Gerüchte, dass unter anderem Interesse an einer „Seniorenresidenz“ auf dem Seehof-Gelände bestehen soll. Konkret ist dazu oder zu anderen Plänen noch nichts bekannt.

Unabhängig davon soll der betreffende Bebauungsplan Nr. 78 „Ortszentrum Tutzing, Teilbebauungsplan 7 ‚Seehof‘“ nun im beschleunigten Verfahren weitergeführt werden. Dazu soll eine weitere Auslegung gehören. Der Entwurf des Bebauungsplans in der Fassung vom 20. April 2021 hatte bis zum 1. Juni öffentlich ausgelegen. Nach der neuen Planung sollen 4451 Quadratmeter Fläche versiegelt werden, das entspricht einer leichten Entsiegelung von 127 Quadratmetern gegenüber dem alten, noch gültigen Bebauungsplan Nr. 35.

Die Planerin Lydia Knözinger-Ehrl vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München erläuterte die Einzelheiten. Nach einer „naturfachlichen Relevanzprüfung“ sollen keine geschützten Arten betroffen sein, von der Planung sollen keine negativen Auswirkungen ausgehen. Eine schallschutztechnische Beurteilung habe das Landratsamt bestätigt. Nachzuarbeiten sei noch eine ergänzende schalltechnische Betrachtung der benachbarten Evangelischen Akademie.

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Seit langem eine Brachfläche: Das Seehof-Grundstück. rechts die Nachbarbebauung an der Marienstraße © L.G.
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Zahlreiche Bedenken, Sorgen und Kritik waren zu dem Vorhaben aus der Bevölkerung geäußert worden, vor allem von nördlichen Anliegern. Angesprochen wurden folgende Punkte:

Abstandsflächen

Sie würden nach neuem Recht eingehalten, versichern die Planer. Darüber hinaus gebe es einen „Puffer“ von 1,5 bis 1,9 Metern.

Sonneneinstrahlung:

Verwiesen wurde auf eine so genannte Besonnungsstudie. Danach werde es zu keiner übermäßigen Verschattung der nördlich gelegenen Gebäude kommen. Zugrunde gelegt wurden Messungen am 21. März bei vier Stunden Sonne von 10 bis 14 Uhr. Eine befürchtete Verschattung durch Bäume werde dadurch verhindert, dass die Bäume mit drei Metern - bei Sträuchern zwei Metern - Abstand zwischen die Gebäude gepflanzt würden. Außerdem würden zwei Bäume aus der Planung entfernt.

Seeblick:

Der Seeblick wird für einige Anlieger entfallen, wie zu entsprechenden Hinweisen bestätigt wurde. Die Planungskonzeption für den Seehof sei aber als Lösung für ganz Tutzing zu verstehen. Der Bebauungsplanentwurf löse zahlreiche Konflikte und habe viele positive Aspekte. Der wegfallende Seeblick erscheine in der Abwägung weniger bedeutend.

Parkplätze:

Wiederholt waren Bedenken geäußert worden, dass 58 Stellplätze, wie vorgesehen, zu wenig Parkfläche darstellten. Dazu sagte die Planerin, man habe die Stellplatzverordnung beachtet. Allerdings bestätigte sie, dass die empfohlenen Werte bei Parkplätzen für Mitarbeiter und bei den Parkplätzen für die Besucher einer vorgesehenen Gastronomie am Seeufer unterschritten würden. Sie wies auf das Ziel hin, den Parksuchverkehr zu minimieren.

Verkehr:

Zu Erwartungen eines erhöhten Verkehrsaufkommens wurde erklärt, nicht die derzeitige Situation einer Brachfläche sei die Ausgangssituation, sondern das ehemalige Hotel mit dem dazugehörigen Verkehr. Als Maßstab gilt also die damalige, nicht die heutige Situation. Zum Lieferverkehr für das Hotel wurde darauf hingewiesen, dass die Anlieferung von der Schlossstraße aus geplant sei, nicht von der Marienstraße aus durch die "Mariengasse". Für diesen Bereich waren Probleme befürchtet worden.

Fremdenverkehr:

Die Gebietseinstufung als "Sondergebiet Fremdenverkehr" wurde als zutreffend bezeichet. Die Lärmschutzgrenzwerte seien reduziert worden, auch gegenüber dem alten Bebauungsplan Nr. 35.

Wirtschaftlichkeit:

In Frage gestellt worden ist verschiedentlich die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Mit Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit glauben die Planer solchen Bedenken begegnen zu können. Auch zahlreiche Anfragen von Investoren belegen für sie, dass Interessenten offenkundig durchaus eine Wirtschaftlichkeit erwarten.

Städtebauliches Konzept:

Das Plankonzept wurde in Stellungnahmen teils als zu groß, zu lang und zu wuchtig kritisiert. Die Planer hielten entgegen, die vorgesehenen neuen Gebäude seien niedriger als im alten Bebauungsplan zugelassen. Als vergleichbar große Gebäude erwähnten sie das Schloss mit der Evangelischen Akademie, das Gymnasium, das Krankenhaus, das Roncallihaus sowie die Grund- und Mittelschule.

Abwasser

Es gab Behauptungen, die Niederschlagswasserbeseitigung sei nicht geregelt. Das wurde als unzutreffend bezeichnet. Der Abwasserverband Starnberger See habe den Anschluss an den Niederschlagswasserkanal bestätigt.

Wertverlust von Nachbarimmobilien

Einige Eigentümer befürchten Wertverluste ihrer benachbarten Immobilien. Dies gehöre nicht ins Bauleitverfahren, erklärten die Planer dazu. Ein etwaiger Wertverlust sei kein Vorrangthema.

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