Die Gemeinde Tutzing erhöht ihren Gewerbesteuer-Hebesatz von 300 Prozent auf 330 Prozent. Da die Berechnungsweise (siehe weiter unten auf dieser Seite) kaum verständlich ist, erläuterte es Bürgermeister Ludwig Horn so: Tutzinger Gewerbetreibende müssen künftig zehn Prozent Gewerbesteuer mehr als bisher bezahlen. Wer also bisher 1000 Euro abführen musste, wird nun mit 1100 Euro zur Kasse gebeten. „Mit 330 Prozent sind wir ziemlich genau im Mittelfeld“, sagte Horn zum Vergleich mit den anderen Kommunen im Landkreis Starnberg.
„Wann ist für unser Gewerbe das Maximum erreicht?“
Im Jahr 2024 konnte der Haushaltsansatz der Gewerbesteuereinnahmen – 8 Millionen Euro – mit 11,24 Millionen Euro erheblich übertroffen werden. Die „enormen Mehreinnahmen“ werden aber als Ergebnis einmaliger Gewerbesteuerzahlungen bezeichnet. "Enorme Mehreinnahmen" Für das laufende Jahr rechnet die Gemeinde mit 9,4 Millionen Euro Gewerbesteuer-Einnahmen.
Der Bürgermeister machte kein Geheimnis daraus, dass es über die Erhöhung der Gewerbesteuer viele Diskussionen gegeben hat. Die immer wieder gestellte Frage formulierte er so: „Wann ist für unser Gewerbe das Maximum erreicht?“ Horn berichtete über „nicht leichte“ Gespräche mit mehreren Gewerbetreibenden. Dabei sei Verständnis, aber auch viel Unverständnis geäußert worden. Auf allen Ebenen – Einkommensteuer, Umsatzsteuer, nun auch Gewerbesteuer – müssten die Betriebe mehr bezahlen. Gleichzeitig klagten viele Gewerbetreibende über mangelhafte Infrastruktur. Als eklatantes Beispiel sei immer wieder die schlechte Mobilfunk-Anbindung in dieser hiesigen Gegend erwähnt worden. Gute Verbindungen seien essenziell für die Geschäftsbetriebe. Einer seiner Gesprächspartner sei extra an einen anderen Standort gefahren, um beim Gespräch mit dem Bürgermeister eine gute Verbindung zu haben. „Ich würde am liebsten selbst das Glasfaser in die Häuser legen“, sagte Horn. Ein anderer Schwerpunkt in den Gesprächen seien die Straßen gewesen.
"Schmerzhaft - aber wir brauchen das Geld"
Horn zog daraus die Konsequenz, „an alle höheren staatlichen Ebenen“ einen „klaren Appell“ zu richten: „Mehr geht nicht – wir sind jetzt an der Grenzbelastung unserer Handlungsspielräume.“ Immer weiter steigende Ansprüche seien für die Kommunen nicht mehr tragbar: „Wenn es so weitergeht, wir die Kommunalverwaltung bald nicht mehr so sein wie in den vergangenen Jahren.“ Auch die hiesige Bevölkerung wird das nach Horns Erwartungen zu spüren bekommen: „Wir müssen den Bürgern klar sagen, dass nicht mehr alles geht, wir können uns nicht mehr jeden Luxus leisten, wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren.“
Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) bezeichnete die Erhöhung der Gewerbesteuer als richtig, obwohl sie nicht in die Landschaft passe. Die Tutzinger Gewerbetreibenden seien ohnehin besonders belastet, so durch die jahrelange Sanierung der Hauptstraße. Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) sagte: „So schmerzhaft die zehnprozentige Erhöhung ist – wir brauchen das Geld.“ Er hoffe, dass die Gewerbesteuer nur einer von zahlreichen Standortfaktoren sei, die Gewerbetreibende dazu bringe, ihre Geschäfte in Tutzing und nicht anderswo zu machen. Es gebe schon Hinweise auf Erweiterungs- und Ansiedlungspläne von Unternehmen in Tutzing, fügte er hinzu. Pläne für ein kleines neues Gewerbegebiet in Traubing an der Starnberger Straße hat der Gemeinderat in der selben Sitzung mehrheitlich gegen eine Stimme befürwortet. Neue Flächen für Gewerbe in Traubing Die Ausweisung weiterer Gewerbeflächen - in Traubing-Süd und in der ehemaligen Kiesgrube an der B2 - ist seit langem im Gespräch, erwies sich aber bisher aus verschiedenen Gründen als nicht realisierbar.
Die Berechnungsformel für die Gewerbesteuer
Bernd Pfitzner von den Grünen begrüßte die Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes als eine „sehr weise Entscheidung“. Seine Partei habe seit Jahren eine Erhöhung zumindest auf den Nivellierungssteuersatz gefordert, der die kommunale Steuerkraft vergleichbar machen soll und in Bayern mit 310 Prozent festgelegt ist. Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes abgelehnt Die Gewerbesteuer sei eine Gewinnsteuer, sagte Pfitzner. Die Unternehmen profitierten von einer guten Infrastruktur, und für diese benötige die Gemeinde Geld. Personengesellschaften könnten die Gewerbesteuer zudem im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften bei der Einkommensteuer anrechnen lassen: „Das ist eine Chance für uns, Gelder nach Tutzing umzuleiten.“
Sehr kritisch äußerte sich Georg Schustert (FDP) zur Gewerbesteuer-Erhöhung. Bei jedem Gewerbetreibenden fielen nun zehn Prozent für eigene Investitionen weg. Die Erhöhung passt nach Schusters Meinung auch in keiner Weise zur vielfach schlechten Infrastruktur: „Nicht mal in der Hauptstraße kann man vernünftig telefonieren.“ Überall werde alles teurer, von den Mieten über die Umweltkosten bis zu den Versicherungen: „Wie soll man das alles noch bezahlen?“
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