Wirtschaft
17.6.2020
Von vorOrt.news

„Ein Seehof-Hotel ist wirtschaftlich tragfähig“

Potenzialanalyse untersucht zwei Varianten mit 139 und 159 Zimmern - Bürgermeisterin wirbt um Investoren

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"Hohes touristisches Potenzial": Das Seehof-Grundstück aus der Vogelperspektive - noch mit dem alten Dampfersteg. Vorn Kurhaus (re.) und Eisdiele (li.), links die Bebauung an der Marienstraße. © BG

Eine Hotelnutzung des Tutzinger Seehof-Grundstücks ist machbar und wirtschaftlich tragfähig. Zu diesem Ergebnis ist das Beratungsunternehmen Drees & Sommer in einer „Potenzialanalyse“ gekommen, berichtete Christoph Winkelkötter, Geschäftsführer der Starnberger Wirtschaftsfördergesellschaft gwt, am Dienstag im Tutzinger Gemeinderat. Von Drees & Sommer selbst war kein Vertreter gekommen.

Ziel der Potenzialanalyse war es nach Angaben der Gemeinde, die allgemeine touristische Nachfrage sowie das bestehende Beherbergungsangebot im Landkreis Starnberg zu bewerten und die daraus ableitbaren Potenziale aufzuzeigen. Als Zielgruppen für ein Hotel sieht Drees & Sommer einen „Mix“ aus Freizeittourismus und Geschäftsreisenden, wie Winkelkötter sagte. Die Beratungsgesellschaft hat auf viele Stärken von Tutzing hingewiesen, so hohe touristische Attraktivität und hohe Kaufkraft. Ebenso erwähnt hat sie aber auch etliche Schwächen, so Mangel an „Premium-Angeboten“ und an bebaubaren Grundstücksflächen. Als Quintessenz der Analyse bezeichnete es Winkelkötter aber, dass ein Hotel in bestimmter Qualität und Quantität an diesem Standort lohnen und funktionieren werde. Untersucht wurden zwei Hotel-Varianten: die eine mit 139 Zimmern bei 3,5 Geschossen, die andere mit 159 Zimmern bei vier Geschossen.

Gemeinderat hatte 2019 Entwurf für etwa 70 Hotelzimmer gebilligt

Ein im vorigen Jahr vorgestellter Entwurf für die Bebauung des Seehof-Grundstücks mit vier Gebäuden soll demgegenüber nur Platz für etwa 70 Hotelzimmer bieten, wie Stadtplaner Prof. Florian Burgstaller damals sagte. Diesen Entwurf hatte der Gemeinderat im März 2019 einstimmig als Grundlage für den Bebauungsplan gebilligt. Den Charme einer solchen Lösung sahen die Kommunalpolitiker unter anderem darin, dass neben den vier parallel zur Bebauung an der Marienstraße angeordneten Gebäuden noch freier Platz neben der Schlossstraße bliebe (siehe Skizze unten), die damit zum "Schlossboulevard" werden könnte, wie es Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) seinerzeit formulierte. Die "Blickachse zum See" würden viele gern erhalten.

Die jahrelange Diskussion über ein neues Seehof-Hotel war unter anderem besonders von einer Kontroverse darüber beherrscht worden, ob sich nur ein größeres Hotel - mit mehr als 100 Zimmern - oder auch ein kleineres Hotel - mit deutlich weniger als 100 Zimmern - wirtschaftlich betreiben lassen werde. Dabei wurde auch immer auf den hohen Grundstückspreis von wohl mittlerweile acht Millionen Euro oder mehr verwiesen, der in eine Rentabilitätsberechnung einfließen müsse.

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Keine Angaben zur Wirtschaftlichkeit des Projekts

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Das Gebäudequartett Seehof neben dem "Schlossboulevard" und dem Schloss (unten) im Entwurf von 2019: Passen doch mehr als 70 Hotelzimmer hinein? © Entwurf: Prof. Florian Burgstaller

Die Präsentation der Potenzialanalyse hat gerade in dieser Hinsicht viele Fragen offen gelassen. So wurde nach Angaben der Gemeinde unter anderem auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts hochgerechnet. Doch dazu machte Winkelkötter in der öffentlichen Sitzung keine konkreten Angaben. Ebenso gab es im öffentlichen Teil keine Erklärung zur auffallenden Differenz von 70 Hotelzimmern, die Stadtplaner Burgstaller für den 2019 gebilligten Entwurf genannt hatte, und 139 oder 159 Zimmern in den Varianten von Drees & Sommer. Deshalb war nicht zu erkennen, ob die beiden in der Potenzialanalyse untersuchten deutlich größeren Hotelvarianten mit dem vom Gemeinderat im vorigen Jahr befürworteten Entwurf zu vereinbaren sind oder ob für diese Hotelgröße eine ganz neue Planung erforderlich ist.

Diese Frage hat am Dienstag im Gemeinderat keine Rolle gespielt. Es wurde auch nicht erläutert, weshalb nur so große Varianten untersucht worden sind und nicht die von Burgstaller im vorigen Jahr genannte Größe von 70 Hotelzimmern. Möglicherweise hatte die Gemeinde nur eine Untersuchung großer Varianten in Auftrag gegeben; hierzu gab es keine Informationen.

Zu all dem hatten die Gemeinderäte im öffentlichen Teil auch keine Nachfragen. Zu einer Diskussion über die vorgestellte Potenzialanalyse kam es nicht. Vielleicht waren die betreffenden Fragen schon vorab im nicht öffentlichen Teil geklärt worden, in dem auch der für die Gemeinde tätige Rechtsanwalt Dr. Volker Gronefeld anwesend war. Er nahm an der öffentlichen Sitzung nicht mehr teil.

Greinwald: "Wir wünschen uns dort ein Hotel"

Bürgermeisterin Marlene Greinwald warb nach Winkelkötters Vortrag um Investoren für ein Hotel auf dem Seehof-Grundstück. „Jetzt geht es darum, dass wir jemand finden, der an diesem wunderschönen Platz ein Hotel bauen will", sagte sie. Diese Äußerung deutet darauf hin, dass der derzeitige Eigentümer des Seehof-Grundstücks, das Unternehmen UBM Development, dies nicht will.

Durch die Untersuchung von Drees & Sommer fühlte sich Greinwald in der Auffassung bestätigt, dass es sich beim Seehof um einen Standort mit „hohem touristischen Potenzial“ handele. Mit dem weitgehend fertigen großen Dampfersteg unweit vom Seehof und weiteren Faktoren werde dieser Effekt noch verstärkt. Auch verkehrstechnisch sei Tutzing mit der guten Erreichbarkeit, gerade durch den öffentlichen Personennahverkehr, in einer viel besseren Lage als manche andere Tourismusregion, so beispielsweise das Tegernseer Tal.

„Wir wünschen uns dort ein Hotel“, bekräftigte die Bürgermeisterin zum Seehof. Diese Botschaft gelte es in die Öffentlichkeit zu tragen, damit potenzielle Investoren Interesse an diesem Standort fänden: „Ich kann mir vorstellen, dass jemand genau dort ein Hotel bauen will.“

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