
Es war ein langer Prozess. Vor fast zwei Jahrzehnten hat der Roche-Konzern das Tutzinger Gelände des von ihm übernommenen Unternehmens Boehringer-Mannheim verlassen, das dort lange einen wichtigen Betrieb unterhalten hat. Seitdem scheiterten alle möglichen Versuche einer Neugestaltung. Das große Areal in Bahnhofsnähe blieb über Jahre eine Industriebrache. Doch nun zeichnen sich mehr und mehr die Konturen eines neuen Gewerbegebiets mit insgesamt fünf mehrgeschossigen Gebäuden ab.
Eines von ihnen, das dreieckige Bauwerk an der Bräuhausstraße, steht bisher. Daneben haben die Bauarbeiten an der neuen fünfstöckigen Firmenzentrale des IT-Unternehmens Lobster begonnen, im unteren Bereich sollen drei weitere größere Gebäude mit je vier bis fünf Stockwerken folgen. Das mittlere von ihnen soll ein Hotel mit zwei Gebäudeflügeln und einem Hof dazwischen werden. Zwischen diesen drei Gebäuden und dem Krankenhaus soll eine neue Zufahrt von der Bahnhofstraße aus entstehen.

Verschiedenfarbige Stockwerke, zurückspringende Dachgeschosse

Stadtplaner Prof. Florian Burgstaller sprach im Gemeinderat von einem „neuen Ortskern“. Er präsentierte die aktuelle Planung und stellte besonders die Fassadengestaltung in den Vordergrund, der der Gemeinderat zustimmte. Es soll sich nicht um „nüchterne“ Bürogebäude handeln, wie Burgstaller sagte.
Mit Methoden wie verschiedenfarbigen Stockwerken und zurückspringenden Dachgeschossen soll eine Gliederung und Auflockerung der Bauwerke erreicht werden. Entlang der abwärts führenden Bahnhofstraße sollen die Bauwerke in der Höhe abfallend gestaffelt werden, so dass sie zum Ort hin immer niedriger werden. Besonderen Wert legte Burgstaller auf das Gesamtkonzept. „Es geht nicht um einzelne Häuser“, sagte er, „sondern um den Zusammenhang auf dem Weg vom Bahnhof zum See.“ Eine Wegebeziehung mit verschiedenen Plätzen, Restaurants, einem Biergarten und weiteren Aufenthaltsmöglichkeiten soll sich eines Tages vom Bahnhof über das ehemalige Roche-Areal und das benachbarte Krankenhaus-Gelände weiter bis zum Seeufer hinunter ziehen.
Ein Gewerbegebiet mit begehbaren Terrassen
Mehrere Gemeinderäte schwärmten von attraktiven, hochwertigen Bürogebäuden, so Dr. Ernst Lindl (CSU) und Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste). Der mit den neuen Bauten entstehende zunehmend städtische Charakter des Tutzinger Bahnhofsviertels sorgte nur noch für wenig Diskussionen. Leider sei die ganze Planung „unerfreulich städtisch“ geworden, sagte Ortsplanungsreferent Wolfgang Marchner (Bürger für Tutzing), der das Konzept aber ansonsten lobte: „Das ist ein Gewerbegebiet, aber nicht langweilig und öde.“ Begehbare Terrassen, wie sie vorgesehen sind, seien nicht gerade typisch für ein Gewerbegebiet. Man dürfe auch nicht die frühere Situation mit den Ruinen der alten Industriegebäude vergessen: „Das war auch nicht gerade ein erfreulicher Anblick.“
Der "städtische Standard" begann mit "Lakeside-Living"

Zur Größe der neuen Gebäude sagte Burgstaller. "Was da mal stand, war wesentlich höher als was kommen wird."
Den städtischen „Standard“ habe man vor Jahren mit der benachbarten Wohnsiedlung Lakeside-Living geschaffen, sagte Bernd Pfitzner (Grüne), der dem neuen Konzept positive Aspekte abgewinnt: „Das ist im Landkreis Starnberg mein Lieblingsgewerbegebiet.“ Der Standort befinde sich im Ort, und es würden keine zusätzlichen Flächen versiegelt.
Christine Nimbach (Grüne) plädierte für Begrünung der Dachflächen und insgesamt für „mehr Nachhaltigkeit“, so beim Lobster-Gebäude. Marchner erinnerte auch an hohe Kosten, die die Eigentümer zu übernehmen hatten, so mit der Verlegung der Bräuhausstraße und dem Abbruch der alten Gebäude. Dem Unternehmen Boehringer-Mannheim habe man einst an dieser Stelle Bauten erlaubt, sagte er, „die man heute nicht mehr genehmigen würde“.
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Kommentare
Jeder versteht dass Tutzing Gewerbesteuer möchte und dazu Anstrengungen unternimmt. Der Sinn eines Gewerbegebietes ist auch jedem klar und unbestritten. Das ist nicht das Thema.
Unverständlich ist jedoch wo und wie langsam und nervend für die Umwelt das speziell hier auf dem alten TGZ Gelände geschieht. An anderer Stelle entstehen ganze Ortsteile während man hier seit Jahren noch am Abbruch baggert.
Zeigt aber damit auch dass die Nachfrage nicht so hoch sein kann. Auch die von Ihnen zitierte verkehrsgünstige Lage am Bahnhof hört dann auf, wenn die Firma etwas größer und die internationaleren Kunden/Besucher mit dem Flieger anreisen. Für meine Firma wäre dieser Standort undenkbar gewesen.
Für den Standort Tutzing mit seiner einmaligen Lage wäre es m.E. viel sinnvoller an Tourismuskonzepten zu arbeiten, statt innerorts Gewerbegebiete zu forcieren.
Und was das jetzige Ensemble angeht. Auch wenn Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Ein Bild sagt wohl alles. Schlimmer geht kaum (siehe die beiden Fotos direkt über den Kommentaren).
Bleibt zu hoffen dass künftige Bauten schöner werden.
Bleibt zu hoffen, dass der untere Teil schöner wird. Vor allem aber auch dass es überhaupt Interessenten gibt, welche die hier beschriebenen Visionen verwirklichen wollen. Und man die Planung nicht ohne den Wirt gemacht hat.
Aber wenn es in diesem Tempo weiter geht werden wir das alle nicht mehr erleben.