Verkehr
13.4.2019
Von vorOrt.news

Vorbeugung gegen den „Kampf um die Straße“

Fahrradclub ADFC konkretisiert Wünsche und Forderungen für die Umgestaltung der Hauptstraße

Die Tutzinger Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) hat ihre Vorstellungen für die Umgestaltung der Hauptstraße konkretisiert. Kürzlich hat zu diesem Thema eine Veranstaltung stattgefunden Morgens verdeckt ein Lieferant die Ampel Ortsgruppensprecher Martin Held und sein Stellvertreter Claus Piesch haben nun zahlreiche Wünsche und Anregungen nochmals zusammengefasst. Sie verbinden dies mit drei Anträgen an die Gemeinde: Sie soll ein weiteres Bürgerforum zur Umgestaltung der Hauptstraße veranstalten, den zu diesem Zweck installierten Arbeitskreis einberufen und die Planer mit einer Detailplanung für den Abschnitt Ortsmitte beauftragen.

Die Anträge

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Bei einem der bisherigen Bürgerforen: Verkehrsplaner Neuwert am Pult, Vertreter der Gemeinde rechts

Bürgerforum: Der ADFC beantragt, dass die Gemeinde ein Bürgerforum zur Umgestaltung der Hauptstraße veranstaltet. Damit sollen interessierte Bürger die Gelegenheit bekommen, über die Planung detailliert informiert zu werden und zugleich ihre Wünsche, Anforderungen und Ideen zur Umgestaltung der Hauptstraße sowie zum Umfeld der Hauptstraße in den weiteren Planungsprozess einzubringen.

Arbeitskreis: Der ADFC beantragt, den Arbeitskreis der Gemeinde zur Umgestaltung der Hauptstraße einzuberufen. Damit könnten die unterschiedlichen Interessen und Blickwinkel für die anstehende Detailplanung vergleichbar der vorangehenden Phase der Planung zum Abschnitt Süd eingebracht werden.

Beauftragung Verkehrsplaner und Gestalterin: Der ADFC beantragt, dass die Gemeinde den Verkehrsplaner und die Gestalterin beauftragen, eine Detailplanung für den Abschnitt Mitte zu erstellen. Mit ihr soll die Vielzahl der unterschiedlichen Anforderungen an den öffentlichen Raum und damit eine Abstimmung des Platzbedarfs nachvollziehbar gemacht werden.

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„Die Jugend mehr einbeziehen“

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Was will die Jugend? Schulschluss am Gymnasium

Claus Piesch, der auch Vorsitzender des Starnberger Kreisjugendrings ist, plädiert nochmals für eine geeignete Einbeziehung der Jugend bei der Gestaltung der Hauptstraße. Sie werde für die nächsten Jahrzehnte festgelegt: „Das bedeutet: Unsere Kinder und Enkel werden damit zurechtkommen müssen - und das mit einer sicherlich stark veränderten Mobilität.“

Die Jugendlichen müssten nicht „durch Menschen, die für sie sprechen“ einbezogen werden, sagte Piesch, sondern für sie selbst müssten dafür geeignete kreative Formate geschaffen werden: „Die einfache Einladung zum ‚Bürgerforum am Montagabend um halb acht’ ist dafür ungeeignet.“

Die meisten Tutzinger Kinder und Jugendlichen besuchten eine der drei Schulen im Ort, Gymnasium, Realschule und Volksschule. Dort ließen sich Zeiten finden, in denen die Beteiligung einfließen könne.

Ortsmitte: Abstimmung der unterschiedlichen Rollen im Verkehr

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Raum für Grün: Einmündung der Marienstraße in die Hauptstraße

Die beantragte Detailplanung für die Tutzinger Ortsmitte soll „die Vielzahl der unterschiedlichen Anforderungen an den öffentlichen Raum und damit eine Abstimmung des Platzbedarfs nachvollziehbar“ machen. Derzeit, so der ADFC, liege ausschließlich eine Parkraumbilanz für Kraftfahrzeuge vor. Die anderen Funktionen, die entsprechend Platz brauchen, würden dagegen nur nachrangig ausgewiesen.

„Da wir alle im Verkehr unterschiedliche Rollen übernehmen, ist es für uns alle wichtig, jede Rolle zu berücksichtigen“, konkretisiert Claus Piesch. An vielen Stellen an der Hauptstraße sei unklar, wer Vorrang hat und welcher Verkehr wie geführt wird. Der Architekt Martin Büscher wird damit zitiert, dass die dadurch entstehenden Unstimmigkeiten zum „Kampf um die Straße“ führten. Eindeutige Aufteilung schaffe hier Sicherheit.

Als erforderlich bezeichnet der Fahrradclub deshalb „eine abgestimmte Planung aller platzrelevanten Anforderungen und Funktionen“. Als Ausgangspunkt dafür wird ein Beschluss des Gemeinderats genannt im Abschnitt Mitte den Fußgängern Vorrang einzuräumen sowie die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Erwähnt werden mindestens zwei Meter breite Gehwege, zusätzlicher Platz für Sitzgelegenheiten, die Ausweisung von Plätzen, Raum für Grün, Fahrradstellplätze, Pkw-Behindertenparkplätze, Bushaltestellen, Lieferzonen und Pkw-Parkplätze.

Zu Fuß gehen müsse barrierefrei möglich sein, fordert der ADFC. Absenkungen der Fußwege und Indikatoren für Sehbehinderte müssten in Abstimmung mit Fachleuten geplant werden. Fußwege müssten breit genug sein, damit man sich komfortabel und sicher begegnen könne, damit für Sitzgelegenheiten und Pflanzen Platz sei und damit man sich auch mit Kinderwägen, Rollatoren, Gehhilfen oder Rollstühlen gut und sicher bewegen könne.

Besucher der ADFC-Veranstaltung regten an, die Flächen eindeutig zu kennzeichnen, die Radwege beispielsweise rot einzufärben. Für die Hauptstraße wurde im mittleren Teil eine ebene Fläche ohne Bürgersteige vorgeschlagen.

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Klares Signal: Der ADFC will eine Tempobeschränkung in der Ortsmitte

Gerade im Abschnitt Mitte hält der ADFC eine klare Botschaft an alle Beteiligten für wichtig: Dies ist ein Abschnitt für unterschiedliche Funktionen. Dazu sei es wichtig, dass Tempo 30, gegebenenfalls auch Tempo 40 Stundenkilometer ein klares Signal setze. Nach der aktuell gültigen Verwaltungsvorschrift des Bundes zur Straßenverkehrsordnung (StVO) in der Fassung vom 22. Mai 2017 sei innerorts rechtlich Tempo 30 bzw. Tempolimit 40 km/h auf Staatsstraßen ebenso wie auf Bundesstraßen möglich (detaillierte Information des ADFC hierzu im pdf unten).

ADFC Sprecher Martin Held stellte als Beispiel eine Tempo-30 Regelung innerorts auf einer Bundesstraße in Nördlingen (Bayern) über eine Länge von einem Kilometer vor. „Es ist vorteilhaft, wenn bereits während der Phase des Umbaus die zukünftige Temporegelung zum Thema gemacht wird“, mahnte Held. Hinzu kommen müsse „natürlich gegenseitige Rücksichtnahme“.

Durch weniger Hindernisse bei der Verkehrsführung werde alles flüssiger vorankommen, sagt der ADFC voraus. Für Fahrräder müssten geeignete Abstellmöglichkeiten eingeplant werden. Ausdrücklich begrüßt der Club die Initiative der Gemeinde Tutzing, am Bahnhof Tutzing Fahrradstellplätze auszubauen und zu erweitern. Dies erweitere die Kapazität der vorhandenen Fläche und erhöhe damit die Wirksamkeit der geplanten Verbesserungen für den Radverkehr, so durch die Radschutzstreifen in den Abschnitten Süd und Nord der Hauptstraßen-Sanierung. Für Fahrradabstellplätze empfiehlt der ADFC verschiedene Modelle. Sie könnten von den Gewerbetreibenden auch mit Werbung versehen werden.

Parkmöglichkeiten nötig - aber "nicht zwingend direkt am Ziel"

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Lastwagenverkehr benötigt Ladezonen, sagt der ADFC-Ortssprecher

Anwesende Gewerbetreibende stellten in verschiedenen Diskussionsbeiträgen auf den Bedarf für Pkw-Stellplätze in der Hauptstraße für die ansässigen Geschäfte ab. „Wer mit dem Auto fährt, benötigt Parkmöglichkeiten“, sagte auch Claus Piesch. Diese müssten jedoch nicht zwingend direkt am Ziel liegen. In der Ortsmitte seien im Umfeld von 100 bis 150 Metern reichlich Parkmöglichkeiten vorhanden - jetzt und auch nach der Umgestaltung.

Ein „passives Parkleitsystem“ mit Schildern könnte nach Pieschs Meinung helfen. Wichtig sei dabei, dass Behindertenparkplätze in ausreichender Anzahl und in kurzen Abständen eingerichtet würden. Auch an Ladesäulen für E-Fahrzeuge sei zu denken. Nachrüstung bei späterer Einrichtung sei sehr aufwändig.

Weiter müssten Läden beliefert werden können, auch Postdienste müssten ihre Fahrzeug abstellen können. An geeigneten Stellen müssten deshalb Ladezonen eingerichtet werden. Gewerbetreibende könnten sich untereinander absprechen, sagte Piesch, damit die Regelbelieferung nicht zeitgleich komme: „Dann reichen die Ladezonen für alle.“

Bereich Süd: Gehweg bis Kallerbach, Radschutzstreifen auch südlich von Tutzing

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Staatsstraße ohne Gehweg: Teilnehmer einer ADFC-Tour vor einem Jahr am Kallerbach, wo der Bau mittlerweile im Gange ist

Nicht nur die Hauptstraße, sondern auch den Umgriff angrenzender Straßenabschnitte will der ADFC bei der Neugestaltung direkt mit beachtet sehen. So setzt er sich für einen durchgängigen Gehweg entlang der gesamten Lindemannstraße von der Ortsgrenze bis zur Einmündung Hauptstraße / Bernrieder Straße ein - konkret vom versetzten Ortsschild bei der Einmündung Am Kallerbach an. Zumindest eine Querungshilfe hält er dabei für erforderlich, weil der Gehweg vermutlich zunächst auf der Ostseite verlaufen und später dann an den vorhandenen Gehweg auf der anderen Straßenseite anschließen werde. Der Bau der neuen Wohnanlage am Kallerbach macht einen Gehweg für die Clubsprecher „umso dringlicher“.

Die Detailplanung im Abschnitt Süd sollte nach Auffassung des ADFC öffentlich gemacht werden. Dieser Abschnitt sei mit seiner Lage am Johannishügel, dem Kustermannpark und dem See bei Tutzingern wie Gästen beliebt.

Der vorgesehene Radschutzstreifen sollte nach Meinung des Clubs südlich des geplanten Kreisels fortgeführt und mit Querungshilfen realisiert werden. Gesichert werde damit zugleich der überörtliche Ausbau des Fahrrad- Alltagsroutennetzes in Richtung Unterzeismering und Bernried. Eine Initiierung der Planung für diese Abschnitte des Alltagsroutennetzes durch die Gemeinde hält der ADFC auch aus finanziellen Gründen für wichtig, damit dafür rechtzeitig Mittel des Freistaats Bayern beantragt werden könnten. Anschließend an die Umgestaltung der Hauptstraße könne damimt auch die „Netzwerkqualität“ durch den Radweg in Richtung Unterzeismering und Bernried verbessert werden.

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 1773
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