Man besitzt das Auto nicht selbst, sondern teilt es sich mit Anderen: So steht es in einer Broschüre des Vereins ÖkoMobil Pfaffenwinkel e.V. Sein Geschäftsführer Martin Heinz würde das Carsharing-Angebot gern vom Landkreis Weilheim-Schongau nach Tutzing ausweiten. Und die Chancen stehen gut: Kürzlich war Heinz im Umwelt-, Energie- und Verkehrausschuss des Tutzinger Gemeinderats zu Gast und hat das alles erläutert.
Bei den Tutzinger Kommunalpolitikern kam das recht gut an. Heinz bot ihnen an, mit Unterstützung der Gemeinde in Tutzing eine Station aufzubauen. Bürgermeisterin Marlene Greinwald deutete an, dass die Unterstützung der Gemeinde in einem Stellplatz bestehen könnte. Wo so ein Stellplatz sinnvollerweise eingerichtet werden könnte, darüber ist im Ausschuss noch nicht konkret gesprochen worden. In Pullach gebe es neben der S-Bahn schon lange Parken nur für Carsharing, sagte Pfitzner, der dort beruflich tätig ist. Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) verwies darauf, dass Parkplätze für Carsharing-Autos nach einer neuen gesetzlichen Regelung privilegiert auf öffentlichem Grund eingerichtet werden können. „Das Problem daran ist, dass das Gesetz da ist, die Verordnung aber noch nicht“, sagte Heinz dazu. Wichtig sei es, dass man hierfür einen zentral gelegenen Platz aussuche.
Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) fragte, ob man einen solchen Vertrag nicht ausschreiben müsse. Ob dies notwendig ist oder ein regionaler Anbieter beauftragt werden kann, das will Bürgermeisterin Greinwald nun klären lassen.
Das Auto wird Nutzern nur bei längerer Buchung gebracht
Derzeit ist Carsharing Pfaffenwinkel in Weilheim, Peißenberg, Peiting, Schongau, Murnau, Bernried, Penzberg und Benediktbeuern vertreten. Insgesamt nutzen laut Heinz 300 Personen dieses Angebot. 23 Autos stehen ihnen zur Verfügung: Kleinwagen, Limousine, Kombi, Siebensitzer und ein Cabrio. Sie befinden sich allerdings an unterschiedlichen Orten, der Siebensitzer beispielsweise in Schongau, das Cabrio in Weilheim. Wer ein bestimmtes Fahrzeug haben möchte, muss es sich also dort abholen, wo es sich befindet. Nur wenn er es für längere Zeit – beispielsweise zwei Wochen Urlaub – buchen möchte, ist Heinz nach eigenen Worten bereit, es dem betreffenden Nutzer zu bringen. Für kürzere Buchungen lohne das nicht.
Bereits jetzt lägen Buchungen für Weihnachten und Ostern vor, sagte Heinz. Üblich sei aber eher die spontane Nutzung. „In Weilheim gibt es nie das Problem, dass es kein Auto gibt“, versicherte der Geschäftsführer. Vielleicht bekomme man nicht sein Lieblingsauto, aber es seien immer Autos verfügbar: „In Bernried haben wir drei Autos stehen.“ Und das, obwohl es dort nur 15 regelmäßige Nutzer gebe. Die zwei „schönen“ Autos seien praktisch immer ausgebucht. „Man kann auch ins Ausland fahren“, bekräftigte Heinz. Auch ein Mitfahrer könne am Steuer sitzen. Die Preise seien auf den Cent genau kalkulierbar.
"Bei weniger als 10 000 Kilometern im Jahr billiger als eigenes Auto"
Und was kostet das alles genau? Der Regeltarif: 511 Euro Kaution, 51 Euro Aufnahmegebühr, 11 Euro monatliche Bereithaltungsgebühr. Hinzu kommt ein Zeittarif von 2,10 bis 2,70 Euro plus ein Kilometertarif von 27 bis 33 Cent. Es gibt auch Einsteiger-, Feriengast- und Studententarife. Alle Kosten, von der Versicherung über die Steuern bis zur Reinigung, sind darin laut Heinz enthalten. Für viele Haushalte sei Carsharing günstiger als ein eigenes Auto, bekräftigt der Verein. Auch für Familien, die nicht jeden Tag einen Zweitwagen benötigen, sei Carsharing eine günstigere Alternative: „Wer weniger als 10 000 Kilometer im Jahr mit dem Auto zurücklegt, der spart mit Carsharing bares Geld.“
Zunächst muss man einen Rahmenvertrag abschließen, dann erhält man ein Zugangscode in Form eines Schlüssels. Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) mahnte, mit der Zeit zu gehen, so etwas laufe heutzutage gerade bei jüngeren Menschen über eine App. „Das können wir uns derzeit nicht leisten“, erwiderte Heinz, „das kostet 1000 Euro pro Auto.“ In absehbarer Zeit werde es aber vielleicht möglich sein.
Angebote für Gewerbetreibende und Hotels
Auch Gewerbetreibenden und Kommunen bietet der Verein laut Heinz an, Teile ihrer Fuhrparks über Carsharing zu organisieren. Die Gemeinde Benediktbeuern beispielsweise nutze diese Möglichkeit bereits. Tutzinger Gewerbetreibende hätten daran schon Interesse geäußert, sagte Gemeinderat Bernd Pfitzner (Grüne) - auch, weil der nächste Autoverleih erst in Starnberg sei. Er sieht Nutzungspotenziale ebenso bei Beherbergungsbetrieben, deren Gäste mit dem Zug anreisen.
Dieser Gedanke gefiel auch dem Tourismusreferenten Dr. Toni Aigner (Freie Wähler) gut. „Wir haben einen speziellen Gästetarif“, sagte Heinz, machte aber sogleich eine Einschränkung: In seiner Region habe er mit einer Werbeaktion alle Hotels angeschrieben – doch die Resonanz sei „null“ gewesen. „Der große Run, den wir uns da erwartet haben, ist nicht gekommen“, gestand er. Verständnis zeigte er dafür durchaus, so wegen der Halterhaftung: Es sei problematisch, die Aufgabe, sich von jedem Fahrer den Führerschein zeigen zu lassen, an die Hoteliers zu delegieren.
Im Gegensatz zum „Free Floating“, bei dem Nutzer das Auto nach Benutzung auf jedem freien Parkplatz abstellen können, muss das Fahrzeug bei diesem System immer wieder an die selbe Stelle zurückgebracht werden, an der es der Benutzer abgeholt hat. Was BMW und Mercedes mit ihren Free-Floating-Angeboten „Drive now“ und Car2go“ machen, bezeichnete Heinz als „Missverständnis“: „Carsharing ist etwas ganz Anderes.“ Es gehe nicht darum, junge Leute zum Auto fahren zu veranlassen, sondern zu erreichen, dass möglichst wenig Autoverkehr stattfinde: „Das Ziel ist es, dass die Leute ihre Privatautos abschaffen und mehr zu Fuß gehen, Rad fahren oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen.“ In Untersuchungen sei nachgewiesen worden, dass Carsharing die Zahl der Privatautos reduziere. Heinz gab sicher überzeugt: „Jeder, der sein Privatauto abschafft und sich für Carsharing entscheidet, fährt weniger Auto.“ Gewiss sei immer wieder mal ein Auto erforderlich, gestand er zu: „Dazu dient Carsharing.“
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