Verkehr
13.12.2017
Von Lorenz Goslich

Geld soll das Parken steuern

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Oft ist am Bahnhof alles zugeparkt - aber längst nicht nur von Tutzingern © L.G.

Manch einem Tutzinger sind sie ein Dorn im Auge: Weilheimer Kennzeichen, aber auch andere wie etwa die aus Tölz. Kann ihre Häufung am Bahnhof durch neue Pläne reduziert werden? Änderungen sind vorgesehen. Wie genau sie aussehen werden, scheint noch nicht entschieden zu sein, doch es dürfte darauf hinauslaufen, dass die bisher kostenlos nutzbaren Parkplätze am Tutzinger Bahnhof über kurz oder lang kostenpflichtig werden.

Gespräche der Gemeinde Tutzing mit der Gesellschaft „DB BahnPark“ sind vorOrt.news bereits bestätigt worden Bahngesellschaft soll Parkflächen betreiben Doch generell interessiert an Tutzing wäre auch ein anderes Unternehmen, die „P+R Park & Ride GmbH München“. Ihr Geschäftsführer Wolfgang Großmann hat in einem Gespräch mit vorOrt.news gesagt, dass seine Gesellschaft ein Angebot abgeben würde, wenn die Gemeinde Tutzing auf sie zukäme.

Die DB BahnPark befindet sich mehrheitlich im Eigentum der Bahngesellschaft DB Station&Service, der auch der größte Teil der zurzeit vorhandenen Parkflächen am Tutzinger Bahnhof gehört. Demgegenüber ist die P+R Park & Ride GmbH ein Unternehmen der Stadt München. Sie betreut alle Park-and-ride-Anlagen im Stadtgebiet von München, aber auch weitere Anlagen außerhalb der Stadtgrenzen im Auftrag der jeweiligen Gemeinden, so beispielsweise in Fürstenried oder Grafing. Um weitere Anlagen in anderen Gemeinden würde sie ihr Tätigkeitsgebiet offenkundig gern erweitern.

Tagespreise in und um München von 50 Cent bis 1,50 Euro

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An kostenlose Parkplätze am Bahnhof haben sich viele gewöhnt - ist das in Tutzing bald vorbei? © L.G.

Überlegungen wie in Tutzing gibt es auch anderswo: Mit kostenpflichtigen statt kostenlosen Parkplätzen soll die Nutzung gesteuert werden. So stellen nach Großmanns Worten beispielsweise am Park-and-ride-Platz Klinikum Großhadern viele Klinikbesucher ihre Fahrzeuge ab, was sie eigentlich nicht sollen.

Nach Großmanns Angaben ist Park-and-ride zwar bundesweit überwiegend kostenfrei. Doch das wird hier und da geändert. München hat im Jahr 2000 begonnen, ein Entgeltsystem einzuführen. Ab 2004 sind alle Park-and-ride-Anlagen im Münchner Stadtgebiet kostenpflichtig geworden. Die verlangten Preise sind unterschiedlich. Im Münchner Stadtgebiet, beispielsweise am Innsbrucker Ring, sind es am Tag 1,50 Euo, in Neu-Perlach, Fürstenried-West oder Petershausen ein Euro, in Grafing 50 Cent. In München gibt es auch Mehrfach-Parktickets. „Das ist subventioniert“, sagt Großmann. Das Geld werde als Beitrag der Kunden verstanden, die Anlagen sollen dadurch nicht komplett finanziert werden.

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Belgischer Parkraum-Konzern Interparking mittelbar an DB BahnPark beteiligt

Interessiert an einer Ausweitung ihres Angebotsspektrums scheint auch die DB BahnPark zu sein. An ihr ist neben DB Station&Service AG auch die Contipark International Parking GmbH beteiligt. Sie gehört wiederum zum belgischen Parkraum-Bewirtschafter Interparking, einem Unternehmen mit Tochtergesellschaften in neun europäischen Ländern.

Die DB BahnPark hat ihre Tätigkeit seit ihrer Gründung 2005 deutlich verstärkt. Zurzeit ist sie nach eigenen Angaben für mehr als 310 Parkhäuser, Tiefgaragen und Parkplätze an 152 Bahnhöfen zuständig. Insgesamt würden 31 550 Stellplätze angeboten.

Contipark widerspricht Vorwürfen wegen zu teurer "Knöllchen"

Bei Contipark laufen die Überlegungen klar auf kostenpflichtige Parkplätze hinaus. Da das Unternehmen die Parkeinrichtungen gegen Entgelt anmiete und gehalten sei, Gewinne zu erwirtschaften, könnten die Parkflächen nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, erklärte das Unternehmen im vorigen Jahr in einer Pressemitteilung.

Mit der betreffenden Mitteilung hat sich Contipark veranlasst gesehen, zu Vorwürfen wegen zu teurer "Knöllchen" Stellung zu nehmen. Wie aus der Mitteilung hervorgeht, wird eine "Karenzzeit" von mindestens fünf Minuten, bei größeren Parkeinrichtungen von zehn Minuten gewährt, um das Parkentgelt am Parkscheinautomaten zu entrichten. Eine Vertragsstrafe im Fall der Zuwiderhandlung ist 2016 von 23 auf 30 Euro erhöht und mit "allgemeinen Preissteigerungen" begründet worden. Zu Vorhaltungen, die Städte würden nach dem Bußgeldkatalog nur zehn Euro verlangen, erklärte Contipark in der Mitteilung, der Bußgeldkatalog sehe zehn Euro lediglich bis 30 Minuten Überschreitung vor. Der Betrag steige in wenigen Stufen an, bis ab drei Stunden 35 Euro fällig würden.

Das Parken ist nur ein Aspekt - auch die Fahrpreise spielen eine Rolle

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Diese Häufung nervt nicht wenige Tutzinger © S.G./L.G.

Ob die Einführung einer Kostenpflicht in Tutzing Bahnpendler aus anderen Regionen wie Weilheim oder Tölz abschrecken würde, müsste sich zeigen. Denn da spielt noch ein anderer Aspekt eine nicht zu unterschätzende Rolle: Die Bahnfahrt beispielsweise von Weilheim nach München ist soviel teurer als das MVV-Ticket von Tutzing nach München, dass nicht wenige Pendler wohl schon aus diesem Grund Tutzing als Startbahnhof vorziehen.

Eine Monatskarte von Tutzing nach München kostet beim MVV zurzeit 175,10 Euro, eine solche von Weilheim nach München bei der Deutschen Bahn 236 Euro. Wer also in Wielenbach oder Pähl wohnt, kommt billiger weg, wenn er nach Tutzing fährt statt nach Weilheim. Gemessen an dieser Preisdifferenz käme ein Pendler mit dem Bahn-Start von Tutzing statt Weilheim immer noch besser weg, wenn ein Tages-Parkticket 0,50 Cent, einen Euro oder selbst 1,50 Euro kosten würde. Die "Abschreckung" durch solche Parkpreise wäre damit fraglich. Ginge es vor allem um diesen Effekt, müssten wohl eher drei oder vier Euro pro Tag angesetzt werden. Die müssten dann aber die Tutzinger Pendler genauso bezahlen.

Von Parken mit Kunst bis "Kiss+Ride"

Auf der Tutzinger Bürgerversammlung kürzlich, auf der eine Kostenpflicht für die Parkplätze angeregt wurde, ist auch nach Verschönerungen des Bahnhofs gefragt worden. In dieser Hinsicht werden von den Betreibern ebenfalls Vorschläge gemacht. Bei DB BahnPark wird auf ein Konzept „Schöner parken“ verwiesen. Der Bogen spannt sich von knalligen Farbgebungen bis zu Kunst der unterschiedlichsten Art. In Gelnhausen (Hessen) gibt es sogar ein „Graffiti-Parkhaus“. Darüber hinaus werden mancherorts spezielle Angebote gemacht. So kommen Zonen fürs kurze Anhalten und Verabschieden wieder in Mode – unter dem Titel „Kiss+Ride“.

Quelle Titelbild: S.G./L.G.
ID: 248
Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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Kommentare

Ein gutes Gedächtnis schadet nie! Auch hier nicht: Etwa im Jahre 2010 begann der amtierende Bürgermeister Stephan Wanner Gespräche mit seinem Weilheimer Kollegen und den MVV. Sein Ziel war es, das S-Bahnnetz bis Weilheim zu erweitern oder zumindest Weilheim in den MVV-Tarif einzubinden. Damit wäre das Thema "WM am Bahnhof Tutzing" erledigt gewesen. Derlei Gespräche - das weiß man - ziehen sich. Sie endeten mit der Abwahl Wanners. Schade.
Helge Haaser Passau
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