Wegen der jüngsten Verkehrsausschuss-Sitzung des Tutzinger Gemeinderats hat sich die Initiative "Rettet die Bahnhofstraße" an vorOrt.news gewandt. Die Anwohner zeigen sich verwundert darüber, wie ihre Vorschläge behandelt worden sind.
Hier die Stellungnahme der Initiative "Rettet die Bahnhofstraße" im Wortlaut:
____________________________
'"Belastung der Anwohner und Gefährdung der Schulkinder wächst permanent"
Dass in der Bahnhofstraße viel Verkehr ist, weiß jeder, der dort wohnt oder hin zieht. Durch vielerlei Umstände, wie nicht endende Baustellen, neue Buslinien, gesperrte Durchfahrt Bräuhausstraße, immer häufigeren Schienenersatzverkehr, neue Bebauung u.v.a.m. wächst die die Belastung der Anwohner und die Gefährdung der Schulwegkinder jedoch seit Jahren permanent.
Darüber haben sich langjährige Anwohner der Bahnhofstraße Gedanken gemacht, sich an die Bürgermeisterin gewandt und Optimierungsvorschläge vorgetragen. Das Thema wurde dann auch auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses gesetzt.
Unsere Vorschläge sahen in etwa vor:
Vorschläge für die Bräuhausstraße

Die einseitige Sperrung der Bräuhausstraße zwingt Fahrer nach Süden (z.B. Aldi, Edeka) zu einem Umweg über die Bahnhof- und Hauptstraße. Das bedeutet nach unseren Schätzungen 75.000 bis 100.000 unnötig gefahrene Mehrkilometer im Jahr, die Bahnhof und Hauptstraße verstopfen und die Umwelt belasten.
Wir wollen auch nichts Neues, sondern nur, wie es immer war, die Bräuhausstraße beidseitig befahrbar. Mit einem gleichzeitigen Halteverbot und Durchfahrtsverbot für LKWs wäre Platz genug. Es würde vorwiegend Pendler treffen. Auch Anwohner äußerten sich dazu positiv. Schon diese Maßnahme würde den Verkehr gerechter verteilen und zu einer deutlichen Entlastung des gesamten Tutzinger Verkehrs führen.
Sachlich auseinander gesetzt hat man sich im Ausschuss damit nicht. Es wurde mit dem derzeitigen Totschlagsargument für alles – Umbau der Hauptstraße – abgeschmettert. Wer weiß, wann jemals der Ausbau der Hauptstraße beginnt.

Vorschläge für die Bahnhofstraße

Der nächste Vorschlag - Tempo 30 in der Bahnhofstraße - würde zu einer gewaltigen Minimierung des Lärmpegels und der Gefährdung der Schulkinder führen.
Auch dieser Vorschlag wurde weitgehend abgeschmettert, mit dem Argument, es fahre eh keiner schneller, das hätten die Messungen ergeben.
Wie dilettantisch die Messungen mit nur temporär funktionierenden, zunächst völlig unsinnig vor dem Krankenhaus gegenüber der Parkzone platzierten und dazu noch warnenden Geräten durchgeführt wurden, lässt einen nur den Kopf schütteln, zumal die Geräte auch Fußgänger mit 5km/h anzeigten.
Den Lärmpegel macht nicht nur die Höchstgeschwindigkeit, sondern vor allem auch das Beschleunigen auf der oberen freien Rennstrecke in beide Richtungen. Und da würde es einen gewaltigen Unterschied machen, ob man von 20 auf 30 oder von 20 auf 40 oder 50 beschleunigt. Wir alle hier erleben aber und sehen auch auf den Geräten ständig höhere Geschwindigkeiten.
Das versuchsweise Aufstellen eines Tempo-30-Schildes wurde abgelehnt, unter anderem mit dem Argument, „es hält sich eh keine Sau an Schilder“.
Zum Schluss wurde für uns Anwohner dann aber als Zuckerl eine verdeckte Messung und Vertagung beschlossen.
"Nicht mal ein paar Minuten Redezeit räumte man ein"
Am Ende der Sitzung standen fassungslose Anwohner auf der Straße, die sich über die von ihnen gewählten Volkvertreter sehr wunderten. Nicht mal ein paar Minuten Redezeit räumte man ein, unsere Probleme vorzutragen. Brauchte man ja auch nicht. Es wohnt zwar keiner der Räte in der Bahnhofstraße, aber nahezu jeder wusste besser als die Anwohner, was sich da abspielt.
Kommentar hinzufügen
Kommentare
vielen Dank für Ihre Zeilen.
Selbstverständlich stimme ich Ihnen zu; ein Besucher hat zumeist andere Eindrücke als ein Akteur selbst.
Als zum Hinhören vergatterter Besucher wäre es für diesen bei Nicht-Bauthemen schon weiterführend, die Grundlagen von Entscheidungen zu verstehen. Was dann auch mit der Art der Gesprächssteuerung zu tun hat. Insbesondere am Thema 30Km/h lässt sich gut ausmachen, wie wenig die Grundlagen der grundsätzlichen Ablehnung herausgearbeitet wurden. Argumente aus dem Bauch heraus wie "keine Sau hält sich dran" (Zitat), sind übrigens eine gute Basis dafür, aus dem Mehrheits-Stadium "ich bin dagegen, basta" per geduldigem Gespräch herauszukommen.
Ihrem Leitspruch kann ich sehr gut folgen, schließlich hilft er, die Dinge zu verstehen. Mein Leitspruch ist "Neues schaffen heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt Neues schaffen". Mir hilft also Stephane Hessel weiter. Franzose, Widerstandskämpfer, Schriftsteller: Indignez-vous!
Gerne hätte ich Sie auf Ihrer auf der Rathausseite angegebenen Homepage angeschrieben, diese aber "out of order " ist. Und eine Email an Sie, Grüne, nicht beantwortet wurde.
In der Hoffnung, nicht die Nettiquette vorOrt.news verletzt zu haben
Ihr HF
Helge Haaser, Passau
ich kann ja verstehen, dass Sie sehr enttäuscht sind über das Ergebnis der Diskussion im Gemeinderat. Allerdings gilt im Gemeinderat die freie Rede für deren Mitglieder. Wenn jemand gegen die Diskussionsordnung verstoßen sollte, so ist es Aufgabe der Versammlungleitung ihn darauf aufmerksam zu machen. Einen Antrag bringe ich gerne zu Sachthemen ein, kann ihn aber nicht über die Art oder den "Gehalt" von Wortbeiträgen von Kolleginnen oder Kollegen stellen. Das im Gemeinderat "zumeist höchst wilden und völlig substanzlos" diskutiert wird, so wie Sie es ausdrücken, kann ich nicht bestätigen. In dem Gemeinderat dieser Wahlperiode gibt es eigentlich ein gutes Miteinander. Es werden sachlich Argumente oder Meinungen ausgetauscht, ab und zu versehen mit ein paar "Spitzen" gegen den politischen Gegner. Ich wünschen mir auch öfter mal andere Mehrheitsentscheidungen als sie gefällt werden und muss feststellen, dass gute Argumente einfach "weggewischt" werden, aber das lässt sich leider nicht ändern. Die Bürgerinnen und Bürger haben den Gemeinderat so gewählt, wie er jetzt ist. Ich kann auch meine Kolleginnen und Kollegen ganz gut einschätzen, so dass ich weiß, welche Anträge eine Chance auf Mehrheiten haben und welche nicht. Auch wenn mir eine Tempo-30-Zone im Kerngebiet von Tutzing sehr gut gefallen würde, so weiß ich, dass sich da momentan keine Mehrheit im Gemeinderat für finden wird. Deshalb spare ich mir diesen Antrag für später auf.
Einer meiner "Leitsprüche" hilft mir bei der Arbeit des Gemeinderates sehr weiter. Er stammt von dem amerikanischen Philosophen und Theologen Reinhold Niebuhr: " Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."
Ein Kollege von ihm prägte einmal das Wort Fremdschämen, er wurde auch in der Presse veröffentlicht. Der Tutzinger Gemeinderat hat allen Grund, sich öffentlich zu schämen für das, was er der Öffentlichkeit an Entscheidungskultur anbietet.
Helge Haaser, Passau
http://www.tutzinger-liste.de/blog/26-10-hochbelastete-bahnhofstrasse/#comment-10406
Wer es noch genauer wissen will, welche Geschichte die Bahnhofstraße hat, der ist mit folgendem Link dann endgültig bedient:
http://www.tutzinger-liste.de/blog/die-herkunft-zeigt-die-zukunft/
Mit normalem Verstand ist der Vorgehensweise im Gemeinderat nicht mehr zu folgen. Es gehört das Volk ausgewechselt, nur so kehrt Ruhe ein.