Traubing
29.9.2019
Von vorOrt.news

Behörden bringen Traubinger zur Verzweiflung

Dorferneuerung stockt - Verzögerung bei Friedhofsmauer - Maibaumfeier 2020 fällt aus

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Die Brücke beim Kriegerdenkmal muss saniert werden. Aber wann das geschehen wird, weiß niemand. © L.G.

Peter Stich nahm kein Blatt vor den Mund. „Das Wasserwirtschaftsamt g’hört auf den Mond g’schoss’n“, schimfte der Tutzinger Gemeinderat bei einer Versammlung der „Traubinger Gemeinschaft“, deren Vorsitzender er ist. Später bekräftigte er das noch: „Das Wasserwirtschaftsamt ist a Katastrophe." Wie zur Bestätigung rief er dem Autor von vorOrt.news zu: "Das können’s ruhig schreiben.“

Was ist passiert? Das Wasserwirtschaftsamt verlangt auf einmal ein neues Gutachten für die seit vielen Jahren ersehnte Sanierung der Brücke beim Traubinger Kriegerdenkmal. Stich und viele andere Traubinger können es nicht fassen: Plötzlich taucht die Forderung nach einem Gutachten für eine Brückensanierung auf, die seit vielen Jahren als erforderlich gilt und schon ebenso lange auch mit dem Wasserwirtschaftsamt besprochen wird. So ein Gutachten werde „sehr teuer“ werden, vermutet Stich. Und vor allem wird es, das ist allen Traubingern klar, die Sanierung der Brücke wieder mal auf lange Zeit verschieben.

Verzögerungstaktik einer Behörde? vorOrt.news hat am Freitag beim Wasserwirtschaftsamt nachgefragt: Warum erst jetzt ein solches Gutachten gefordert wird, weshalb das nicht schon vor Jahren geschehen ist? Diese Frage könne sie uns nicht beantworten, erklärte die für die Landkreise Starnberg und Landsberg zuständige Abteilungsleiterin. Nähere Auskünfte zu detaillierten Fragen, die wir gestellt haben, sollen wir demnächst erhalten.

Die Abteilungsleiterin ist seit Dezember vorigen Jahres in dieser Position, wie sie auf Nachfrage sagte. Die Traubinger beobachten nämlich mittlerweile auch die personelle Entwicklung beim Wasserwirtschaftsamt argwöhnisch: Häufige Änderungen dort halten sie für einen wesentlichen Grund ihrer Probleme. Tatsächlich fällt ein reger Wechsel an der Spitze des Wasserwirtschaftsamts auf. In den vergangenen Jahren gab es mehrmals einen Wandel an der Spitze der Behörde.

Konzepte immer wieder über den Haufen geschmissen

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Der Vorstand der Traubinger Gemeinschaft: (v.li.) Vitus Schlechtleitner, Gabriele Lemke, Peter Stich und Renate Adamietz © Traubinger Gemeinschaft

Was beim Wasserwirtschaftsamt vor sich geht, ist aber für die Traubinger nur ein Beispiel für eine kaum nachvollziehbare Vorgehenswiese gleich bei mehreren Behörden und auch den so genannten Spartenträgern. Das sind die Verantwortlichen für Leitungen unterschiedlichster Art wie Wasser und Abwasser, Strom und Gas, Telefon und Breitband. Man bekomme sie schier nicht an einen Tisch, wetterte Stich am Rande der Versammlung.

Der Frust sitzt tief bei den Traubingern. Sie hatten sich so viel von der „Dorferneuerung“ versprochen, einem Programm, mit dem die bayerische Staatsregierung den ländlichen Raum stärken will. Mit großem Engagement sind diese Arbeiten schon vor zehn Jahren in Traubing eingeleitet worden. Die Bürger haben sich in dieser langen Zeit erheblich engagiert, einen dicken Wunschkatalog erarbeitet, Ideen entwickelt, an Plänen mitgearbeitet. Doch die Dorferneuerung stockt. Immer, wenn endlich etwas voranzugehen schien, kommt die nächste Enttäuschung. Irgendeine Behörde sah und sieht immer irgendein Problem. Oder, diesen Eindruck haben viele Traubinger, die Verantwortlichen der Behörden und Spartenträger sprechen erst gar nicht miteinander.

Wie eine Bestätigung für eine nicht gerade gut durchdachte Planung wirken tatsächlich erstaunliche Veränderungen. Konzepte, die eigentlich schon fest vereinbart wirkten, werden immer wieder über den Haufen geschmissen. Erst sollte eine Erneuerung der Starnberger Straße Priorität haben, dann plötzlich wurde sie fallen gelassen. Da sollten die Schwerpunkte der Maßnahmen auf einmal im Ortszentrum, bei der Weilheimer Straße - mit der Brücke beim Kriegerdenkmal und der Gestaltung eines Dorfplatzes dort - liegen. Aber dann gab es die nächste Wende – nun soll wieder die Sanierung der Starnberger Straße im Vordergrund stehen. Doch auch da kommen die Spartenträger laut Stich nicht zusammen.

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Selbst der Projektleiter beim Amt für ländliche Entwicklung ist enttäuscht

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Die Friedhofsmauer wird nach wie vor gestützt. Ihre Erneuerung verzögert sich. © L.G.

So hat sich in diesen zehn Jahren fast alles immer weiter verzögert. Das Hü und Hott, das Wenn und Aber der Behörden bringt die Traubinger schier zur Verzweiflung. „Bayern stärkt seinen ländlichen Raum und fördert die Standort- und Lebensqualität durch die Dorferneuerung“ - so steht es auf der Webseite des zuständigen bayerischen Landwirtschaftsministeriums. In Traubing mehren sich die Stimmen, dass das alles nur heiße Luft ist.

Johannes Mühlbauer, der zuständige Projektleiter beim Amt für ländliche Entwicklung Oberbayern, engagiert sich sehr für die Traubinger. Er fungiert seit Jahren als Vorsitzender ihrer so genannten Teilnehmergemeinschaft, über die die vom Staat verlangte Mitwirkung der Bürger bei der Dorferneuerung organisiert wird. Aber auch Mühlbauer scheint zwischen den Mühlen der Behörden zerrieben zu werden. Bei seinen Besuchen in Traubing wirkte er selbst tief enttäuscht, dass so Vieles nicht vorangeht.

Als wäre das alles nicht genug, kam vor zwei Jahren auch noch der Zusammenbruch der Friedhofsmauer bei der Traubinger Kirche St. Mariä Geburt mitten im Ort dazu. Saniert werden kann die aus Feld- und Tuffsteinen bestehende, 340 Jahre alte Mauer nicht. Deshalb soll sie durch eine neue Betonmauer ersetzt werden. Die alte Mauer ist eigentlich denkmalgeschützt, aber das Landesamt für Denkmalpflege hat schon zugestimmt. Die Erneuerung sollte eigentlich im Herbst dieses Jahres beginnen. Doch auch daraus wird wieder nichts, wie bei der Versammlung der Traubinger Gemeinschaft bekannt wurde. Der Baubeginn ist aufs Frühjahr 2020 verschoben worden.

Damit fällt auch die fürs nächste Jahr vorgesehene Maibaumfeier in Traubing flach. Bauarbeiten an der Mauer ganz nah an dem Platz, an dem der Maibaum aufgestellt werden soll - das passt nicht zusammen, sagte Stich bei der Versammlung der Traubinger Gemeinschaft.

Mit der Dorferneuerung hat die Friedhofsmauer nicht direkt etwas zu tun. Aber irgendwie scheint in Traubing alles zusammenzukommen. Ihre Zuversicht scheinen die Bürger des Tutzinger Ortsteils nicht zu verlieren, obwohl ihre Geduld seit Jahren auf harte Proben gestellt wird. Sie probieren es mit einer bemerkenswerten Gelassenheit. Am Beispiel der Brücke beim Kriegerdenkmal hat es Stich bitter so formuliert: Ihre Sanierung sei bestimmt 2020 noch nicht zu erwarten. Vielleicht stattdessen 2022, vielleicht auch 2025.

Oder gar nicht. Wer weiß?

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 2218
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