Sport
21.2.2018
Von vorOrt.news

Andreas Wellinger freut sich schon auf Tutzing

Viele Tutzinger sind begeistert von Olympiasieger Andreas Wellinger, den nicht wenige Bürger dieser Gemeinde gut kennen. Er selbst freut sich schon darauf, bald mal wieder an den Starnberger See kommen zu können. „Mein Opa lebt in Tutzing“, hat er uns in einer E-Mail aus Südkorea geschrieben, „und wenn ich die Möglichkeit habe, zum Beispiel auf dem Weg zum Training nach Garmisch, dann besuche ich ihn immer mal wieder.“

Drei Medaillen für den Skispringer mit familiären Tutzinger Wurzeln: Da strahlt schon auch ein wenig olympischer Glanz auf diese Gemeinde ab.

"Meine Familie ist ein großer Rückhalt für mich"

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Einer seiner größten Fans: Manfred Urlinger ist stolz auf eine Autogrammkarte, die er vor Jahren von Andraes Wellinger bekommen hat © L.G.

Andi Wellinger hat in Tutzing viele Fans. So zum Beispiel Manfred Urlinger. Er ist mit Dieter Hummel, Andreas Wellingers Opa, befreundet. Eine alte Autogrammkarte des Skispringers hegt und pflegt er. „Ich werde ständig auf ihn angesprochen“, sagt auch Andis Tante Marion Weiß, die wie Hummel in Tutzing wohnt. Beim Fußballtraining ist sie von Kindern gefragt worden: „Bist du auch berühmt?“ Sie hat dann beim nächsten Mal gleich Autogrammkarten ihres Neffen verteilt. Seine Familie sei ein großer Rückhalt und auch ein Förderer von ihm, schrieb uns Andi Wellinger: „Ohne sie hätte ich das alles nicht erreichen können. Ganz liebes Dankeschön dafür.“ Tatsächlich hat das Umfeld der Familie, in der der Sport seit langer Zeit eine große Rolle spielt, zweifellos eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des 22-Jährigen gespielt. Der Sport scheint dieser Familie im Blut zu liegen.

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Dieter Hummel war als Staatsanwalt und Stadionsprecher bei den Olympischen Spielen 1972

Andis Mutter Claudia Hummel ist in der Ruhpoldinger Chiemgau-Arena unter anderem für die Abwicklung der Sportveranstaltungen zuständig, sie ist Kampfrichterin und Sprungrichterin. Schon sein Uropa Hans Hummel, der übrigens am selben Tag wie Andi Wellinger Geburtstag hat, war in den 1930-er Jahren ein sehr guter Geräteturner beim MTV München, und seine Uroma hat Gymnastikkurse gegeben.

Opa Dieter Hummel ist Jurist, er war früher Oberstaatsanwalt in München. Eine steile weitere Karriere hätte ihm wohl bevorgestanden, aber er zog es vor, Präsident des Amtsgerichts Starnberg zu werden. Bei dieser Entscheidung hat seine Sportleidenschaft eine nicht geringe Rolle gespielt, für die er damit mehr Zeit aufbringen konnte. In jungen Jahren hat es Hummel als Leichtathlet zu ansehnlichen Erfolgen gebracht. In den 1950-er Jahren führte er dann als Leichtathletik-Trainer die Mädchen des MTV München zu beachtlichen Siegen, so bei bayerischen Juniorenmeisterschaften. Für diese Aufgabe gewonnen hat ihn Rudolf Sedlmayer, der damalige Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbands, der auch Abteilungsleiter des MTV München war. Immer wieder hat Hummel wichtige Aufgaben im Sport übernommen, so im Bayerischen Leichtathletikverband und im Deutschen Skiverband (DSV). Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Josef Ertl machte seine eigene Funktion als DSV-Präsident davon abhängig, dass Hummel sein Stellvertreter wurde. Hummels Rechtskenntnisse wurden immer gern genutzt. So berief ihn der Deutsche Leichtathletik-Verband schon Anfang der 1970er Jahre in eine Anti-Doping-Kommission.

1972 war Hummel - wie auch der Schauspieler Joachim „Blacky“ Fuchsberger - einer der Stadionsprecher bei den Olympischen Spielen in München. Als damaliger erster Staatsanwalt musste er auch nach dem Terroranschlag palästinensischer Terroristen schnell zum Tatort. Schon 1970 hatte er nach einem Attentat auf Transitpassagiere der israelischen Fluggesellschaft EL AL die Ermittlungen geführt; damals musste er die Freilassung der Attentäter wegen neuer Erpressungen erleben. 1980 war Hummel Pressesprecher der Deutschen Olympiamannschaft 1980 in Lake Placid.

Der Vater von Andreas Wellinger war früher Trainer der Tutzinger Skifahrer

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Lokal und überregional für den Sport aktiv: Dieter Hummel in den 1990er Jahren bei einer Feier in Sölden © privat

Besonders aber hat sich Dieter Hummel über viele Jahre fürs Skifahren engagiert. So war er Skitrainer bei Sport-Scheck und aktiv im Deutschen Verband für das Skilehrerwesen. Nachdem er 1973 mit seiner Frau Hilla und seinen Töchtern Claudia und Marion nach Tutzing gezogen war, integrierte er sich schnell ins Team der Skiabteilung beim TSV Tutzing. Mit deren langjährigem Sportwart Hans Hofmair leistete er intensive Aufbauarbeit, so mit Gletschertrainings, die über viele Jahre in Sölden (Tirol) stattgefunden haben.

Hummel hat etliche frühere Rennläufer fürs Training der Kinder und Jugendlichen gewonnen, so Schorsch Sonnenberger, Willi Lesch, Peter Dürr, Walter Hölzler und Herrmann Wellinger, den Vater von Andreas Wellinger. Die Tutzinger Skiabteilung entwickelte sich so zum damals über Jahre erfolgreichsten Skiverein des Landkreises Starnberg.

1978 wurde Hummel in den Vorstand des Deutschen Skiverbands gewählt. Dessen Präsident Josef Ertl machte seine eigene Wahl davon abhängig, dass er sein Stellvertreter wurde. Noch viele Jahre war Hummel aktiv, er hat auch an Skiwettbewerben für Journalisten („Eurovision“) und für Juristen („Skilex“) teilgenommen und bis vor ein paar Jahren hoch engagiert Tutzinger Kinder im Fußball betreut.

Der weiteste Sprung aller Teilnehmer gleich beim ersten Weltcup-Auftritt

Überrascht von den aktuellen Erfolgen seines Enkels ist Hummel nicht - er beobachtet seinen sportlichen Werdegang und vor allem auch seine Begeisterung schon sehr lange, auch wenn Andreas in Weißbach im Berchtesgadener Land aufgewachsen ist. „Der Andi hat als Kind in Martin-Schmitt-Bettwäsche geschlafen“, erinnert er sich. Und als Vier- oder Fünfjähriger habe er beim Skifahren immer vor allem Spaß daran gehabt, querfeldein zu fahren, über Gräben und über Baumstümpfe zu hüpfen.

Hummel hat schon vor Jahren geschmunzelt, als sich selbst manche Experten über die sich nach und nach einstellenden Erfolge wunderten. Für ihn hat sich das alles schon lange angedeutet. Als Andi noch bei den nordischen Kombinierern aktiv war (bis 2010), regte er bei seinem Trainer den Wechsel zu den Spezialspringern an, weil er seine Fähigkeiten auf diesem Gebiet erkannt hatte, doch der zögerte noch. Dann klappte es aber doch, und bereits kurz darauf siegte Andi bei den Olympischen Jugend-Winterspielen in Innsbruck im Mixed-Teamwettbewerb -übrigens zusammen mit Tom Lubitz und Katharina Althaus, die jetzt in Pyeongchang die Silbermedalle gewonnen hat.

Gerade mal zwei Wochen vor dem Weltcup-Auftakt 2012 in Lillehammer informierte Bundestrainer Werner Schuster Andi Wellinger, dass er bei dem Spitzenwettbewerb springen durfte - und er wurde auf Anhieb Fünfter. Im ersten Durchgang gelang ihm sogar gleich der weiteste Sprung aller Teilnehmer. Dann ging’s Schlag auf Schlag weiter: Eine Woche später erster Weltcup-Sieg mit der Mannschaft, 2014 erster Einzelsieg im Weltcup.

Viele weitere gute Ergebnisse folgten. Im November 2014 kam ein schwerer Sturz dazwischen, aber schon bei den Junioren-Weltmeisterschaften im Februar 2015 holte er im Einzel und im Team die Silbermedaille. Ende Januar 2017 errang er seinen zweiten Weltcupsieg, bei den nordischen Skiweltmeisterschaften in Lahti gewann er auf der Normal- und der Großschanze Silber, und er wurde Weltmeister mit der Mixed-Mannschaft gemeinsam mit Carina Vogt, Svenja Würth und Markus Eisenbichler.

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Die Erfolge haben sich lange angedeutet: Autogrammkarte von Andreas Wellinger für Manfred Urlinger © L.G.

Bis zum Besuch von Tutzing dauert es noch eine Weile

Beim Skifliegen am Vikersundbakken zog Andi Wellinger anschließend mit dem deutschen Rekordhalter Severin Freund gleich (245 Meter). Hummel hat seinen Enkel einmal als Fliegertyp bezeichnet: „Je größer die Schanze, umso lieber ist es ihm.“ Bei der damals neuen Raw Air-Tour wurde er Dritter hinter dem Österreicher Stefan Kraft und dem Polen Kamil Stoch.

Zwölf Podestplätze hat Andreas Wellinger in der vorigen Saison erreicht,. Das brachte Platz vier in der Weltcup-Gesamtwertung. Und nun, in Pyeongchang, die bisherige Krönung seiner Laufbahn: Goldmedaille auf der Normalschanze, Silbermedaille auf der Großschanze und Silbermedaille im Mannschafts-Wettbewerb zusammen mit Karl Geiger, Stephan Leyhe und Richard Freitag. Damit ist Andreas Wellinger der erfolgreichste Skispringer der diesjährigen Olympischen Winterspiele.

Mit seinem Opa werde er nach der Saison bestimmt mal anstoßen, kündigte Andi Wellinger in seiner Mail an uns an. Aber das wird wohl noch eine Weile dauern. Auch nach den Olympischen Spielen geht es relativ schnell mit den sportlichen Aktitiväten weiter. „Wir kommen Ende der Woche nach Hause“, so Wellinger, „zwei bis drei Tage Verschnaufpause.“ Dann geht es nämlich schon wieder weiter zum Weltcup nach Lathi in Finnland, und im Anschluss beginnt die Raw Air Tour in Norwegen, bei der er im vorigen Jahr den dritten Platz belegte.

Quelle Titelbild: L.G.
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