Von vorOrt.news

Sanierte Schule soll das Zentrum neu beleben

„Bildungscampus“ mitten in Tutzing - "Voll digitales Arbeiten" - Ex-Hallenbad wird Eisspeicher mit PVT

Mai24-1.jpg
Die Reste der alten Mittelschule sind stehen geblieben, weil das statische Grundkonzept des Gebäudes erhalten werden soll © L.G.

Wenn man zurzeit an der Mittelschule auf der Traubinger Straße vorbei spaziert, sieht man „ein fürchterlich scheußliches Grundskelett“. So formulierte es nicht etwa ein Kritiker der Schulsanierung, sondern der Planer des Projekts, Klaus Zeiler vom Weilheimer Büro Bioplan, in einem Gespräch mit Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn in dessen Podcast-Reihe zu aktuellen Tutzinger Themen. Eine Folge hat Horn ganz der Mittelschule und ihrer Sanierung gewidmet. Dabei hat er sich von Zeiler viele Details erklären lassen – darunter auch ein recht bemerkenswertes Vorhaben beim Heizkonzept: Das ehemalige Tutzinger Hallenbad soll zum Eisspeicher für die Grund- und Mittelschule werden.

„Wir werden die Wärme und Kühlung über einen Eisspeicher schaffen“, bestätigte Zeiler. Dabei soll nach seinen Worten die Verbindung von Photovoltaik und Thermie genutzt werden – also die Kombination vom Strom- und Wärmeerzeugung durch eine so genannte PVT-Anlage, die Photovoltaik und Thermie in einem Modul zusammenführt. „Damit werden wir nahezu autark sein“, bekräftigte Zeiler. Die Heizung werde auch ein großes Kostenthema sein, sagte Zeiler auf eine Frage von Horn: „Wir sind gerade dabei, das durchzurechnen.“ Man könne aber jetzt schon sagen, dass es ein sechsstelliger Betrag sein werde, den man jährlich an Heizkosten sparen werde.

Hallenbad-weg.png
Das frühere Hallenbad soll künftig als Eisspeicher genutzt werden. Der alte Eingang (links) ist schon verschwunden (rechts). © L.G.
Anzeige
Banner-Baustelle-B.png

Eine Begegnungsstätte in der Nähe von Kirche und Rathaus

Mittelschule4a.png
Das "Skelett" des Altbaus soll mit Holz verschalt werden. Im Erdgeschoss soll es einen vielseitig nutzbaren Mehrzweckraum geben. © Bioplan

Der alte Mittelschulbau steht derzeit als „Skelett“ da, weil das statische Grundkonzept des Gebäudes erhalten und für die spätere Erweiterung genutzt werden soll. Alles, was an Beton und statischen Teilen erhalten werden konnte, habe man aus Gründen der Nachhaltigkeit erhalten. Über kurz oder lang werde das Gebäude nun eingerüstet werden, kündigte Zeiler an. In den Sommermonaten werde der Zimmerer kommen. Das Gebäude werde aufgestockt werden, es werde ein neues Dach mit einer neuen Firstrichtung geben.

„Am Ende des Jahres werden alle Gerüste weg sein“, sagte der Planer, „und die Fassaden sowohl vom alten Schulhaus als auch vom Mittelschulgebäude werden mit den Fenstern und mit dem Dach dastehen.“ Beim Mittelschulgebäude werde es eine Holzverschalung und dreifach isolierte Holzfenster geben. Vieles, was abgebrochen worden ist, sei statisch nicht mehr relevant und sehr marode gewesen. Diese Teile würden durch Holzbauten ersetzt. Im Sommer 2025 soll das Projekt abgeschlossen sein, wie Horn und Zeiler ankündigen.

Horn sprach von einem „Bildungscampus“. Das Angebot werde von der Grund- und der Mittelschule über die Musikschule bis zu Mittagsbetreuung und zwei Konzepten der Ganztagsschule reichen. Damit werde Tutzing die gestiegenen rechtlichen Ansprüche erfüllen, aber auch den Lebenssituationen von Familien gerecht werden. Zeiler bezeichnete es als Glück, dass der „Campus“ zusammengeführt werden könne, mit dem denkmalgeschützten alten Schulgebäude als Zentrale und Verwaltungsbau in der Mitte und den anderen Gebäuden, die sich rundherum sortierten.

„Das war die Chance, die wir hier gesehen haben, dass man in der Nähe von Kirche und Rathaus das Dorfzentrum wiederbeleben könnte“, sagte Zeiler. Horn verwies auf historische Bilder, auf denen man Tutzing „nackert“ sehe, mit ein paar Gebäuden am See, der alten Kirche, dem Rathaus und mittendrin auf einer weiten Wiese die Volksschule. Sie werde nun zu einer Begegnungsstätte werden.

Mai24-6.png
Das alte Schulgebäude soll auf historischer Grundlage saniert werden. Oben Blicke ins Innere. © L.G.

Bauen "so gesund wie machbar" - aber dabei kommt oft der Brandschutz in die Quere

Mai24-3.jpg
Ein Schulgarten zur Kirche St. Joseph hin, Spielflächen und sogar eine Boulderwand sind im Außenbereich der Schule vorgesehen © L.G.

Das alte Schulhaus soll laut Zeiler über das alte Portal, den Mitteleingang, erschlossen werden. Auch der Innen- und Pausenhof werde komplett neu gestaltet werden. Er werde sowohl den Grundschülern als auch den Mittelschülern zur Verfügung stehen. Es werde eine Boulderwand sowie spezielle und auch behindertengerechte Spielflächen für Mädchen und Buben in den erhöhten Bereichen geben. Man werde um das alte Schulhaus herum gehen können, die Verbindungsbauten würden alle entfernt. Die Turnhalle, das alte Schulhaus und das Mittelschulgebäude werden laut Zeiler barrierefrei erreichbar sein.

Zur Kirche St. Joseph hin ist ein Schulgarten vorgesehen. Das von der Landschaftsplanerin und der Schulleitung erarbeitete Konzept wird von der Regierung von Oberbayern als Nachhaltigkeitskonzept gefördert, wie Zeiler sagte. Im Innenbereich werde man allergiefreie Kleber und mineralische Farben verwenden. Im alten Schulhaus gebe es teilweise Kalkfarben und Verzierungen, die ein Kirchenmaler aufbereiten werde. Die alten Fenster werde man mit speziellen Isolierglasscheiben für historische Zwecke nachhaltig herrichten. Was noch an Schadstoffen vorhanden sei, werde entfernt. Man werde Kautschukböden verlegen, im Erdgeschoss einen Eichenparkettboden.

„Wir werden – natürlich unter Einhaltung des Kostenbudgets – versuchen, so gesund wie machbar zu bauen" versicherte Zeiler. Oft komme dabei der Brandschutz in die Quere, speziell bei der Auswahl der Wärmedämmstoffe. „Da müssen wir dann halt drauf reagieren“, folgerte er.

25 Millionen Kosten: "Ein Riesenberg"

Villa2.jpg
Das Pfand: Die Bereitschaft zum Verkauf der Kustermannvilla war Voraussetzung für die Sanierung der Mittelschule © L.G.

Horn sprach auch deutlich die hohen Kosten der Schulsanierung an: „Tutzing ist keine ganz kleine Gemeinde, aber 25 Millionen sind erst einmal ein Riesenberg.“ Nicht alles davon muss die Gemeinde Tutzing bezahlen. Die staatliche Förderung durch die Regierung von Oberbayern soll mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, hinzu kommen finanzielle Beiträge anderer Gemeinden, die Schüler nach Tutzing schicken, sowie eine KfW-Förderung wegen Nachhaltigkeit, falls die entsprechenden Bedingungen erfüllt werden.

Welche Kosten genau auf die Gemeinde Tutzing zukommen werden, steht noch nicht endgültig fest. Früher waren einmal zwölf Millionen Euro geschätzt worden. Wie das finanziert werden soll, gehört seit längerer Zeit zu den intensiv diskutierten Themen im Ort und auch mit dem Landratsamt. Um eine Genehmigung für die Schulsanierung zu erhalten, musste sich die Gemeinde schon vor einiger Zeit bereiterklären, notfalls die historische Kustermannvilla hierfür quasi als Pfand einzusetzen, also im Fall des Falles zu verkaufen. Die Sanierung selbst hat die Gemeinde mit einem so genannten Geschäftsbesorgungsvertrag an das Unternehmen Bayern-Grund abgetreten, das der Bayerischen Landesbank und der Sparkassenorganisation nahesteht. Bayern-Grund hat die Baubetreuung und zunächst auch die Finanzierung übernommen. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Zwischenfinanzierung - die Bezahlung ist nur aufgeschoben worden - und die Geschäftsbesorgung läuft quasi als Schattenhaushalt neben dem Haushalt der Gemeinde her. Ob andere Finanzierungslösungen gefunden werden, mit denen der Verkauf der Kustermannvilla verhindert werden kann, ist ein kommunalpolitischer Dauerbrenner.

Das digitale Klassenzimmer

Sanierung16.jpg
"Eine richtige Begegnungsstätte" im Erdgeschoss der Schule soll künftig für alle möglichen Nutzungen zur Verfügung stehen © Bioplan

Horn bedankte sich in seinem Podcast auch sehr bei der Bundeswehr und speziell Brigadegeneral Rainer Simon. Die Bundeswehr habe die Auslagerung der Schüler in die Feldafinger Kaserne ermöglicht und sich als „ein Superpartner der Kommunen im Umkreis“ erwiesen.

Von Planer Zeiler wollte Horn wissen, was man für die 25 Millionen Euro an Bautätigkeiten erhalten werde. „Die Grundsanierung des historischen Schulgebäudes“, antwortete Zeiler. Darüber hinaus werde es künftig eine Ganztagsschule sein, mit einer Mensa, einem Hort, einer Grundschule, zwei Schulküchen: „Es wird eine ganz moderne Schule sein – wir reden da vom digitalen Klassenzimmer.“ Die Tafel im herkömmlichen Sinn werde es nicht mehr geben.

„Die Mittelschule muss endlich aufgewertet werden.“

Speziell im musischen Bereich werde es einen Kunst-, Werk- und Handarbeitsraum geben, der – durch Schiebewände abgeteilt – in einen großen Saal übergehen könne. Im Erdgeschoss werde es, wenn alle Räume geöffnet sind, eine Riesenfläche für Mensa, Vorraum und unterschiedlichste Veranstaltungen geben – „eine richtige Begegnungsstätte“. Mit diesem Ziel habe man auch die Lehrer sehr überzeugen können. Sie wurden in den ganzen Prozess stark eingebunden, sagte Horn.

„Die Mittelschule muss endlich aufgewertet werden.“ Das, betonte Zeiler, sei von vornherein ein wichtiges Ziel gewesen. Er selbst sei ein großer Verfechter des Handwerks. Künftig bestehe auch die Möglichkeit, auch an der Mittelschule Kunstausstellungen oder Konzerte zu veranstalten. Horn verwies auf den modularen Aufbau des Schulsystems und begrüßte gerade auch das „Verständnis vom voll digitalen Arbeiten“.

Weitere Informationen zur Sanierung der Schule:
https://www.tutzing.de/wichtige-meldung/sanierung-der-grund-und-mittelschule-tutzing/

Podcast von Bürgermeister Ludwig Horn:
https://open.spotify.com/show/5qLW7SorErucXEwAdrRjxk?go=1&sp_cid=6583fcd2f963d4343ff29d9b2802eb39&utm_source=embed_player_p&utm_medium=desktop&nd=1&dlsi=7a36f8a3a00a451e

ID: 6844
Über den Autor

vorOrt.news

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.
Feedback / Fehler melden