Von Gymnasium Tutzing

Zu Gast in Frankreich

Ein Bericht von Franziska und Andreas Müller

Eine Schulstunde muss nicht 45 Minuten dauern, vor dem Dessert gibt es Käse und Baguette und für das Frühstücksbrot braucht man nicht unbedingt einen Teller – all das sind Erfahrungen, die 21 Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe des Gymnasiums Tutzing im Rahmen des deutsch-französischen Schüleraustausches mit Le Thillot und Rupt-sur-Moselle vom 15. bis zum 22. Januar im südwestlichen Lothringen machen durften.

Gespannte Erwartung

Schon im September waren die Vorbereitungen angelaufen. Die Tutzinger Schülerinnen und Schüler waren mit je einer französischen/einem französischen Jugendlichen zu einem Tandem gekoppelt worden, hatten die Steckbriefe ihrer Partnerinnen und Partner studiert, mit ihnen E-Mails und Textnachrichten ausgetauscht und Gastgeschenke eingekauft. Trotzdem – oder genau deshalb – herrschte am Morgen des 15. Januar bei der Abfahrt in Tutzing um Punkt 8 Uhr gespannte Erwartung. Schließlich hatten die Jugendlichen eine Woche vor sich, die sie in einem fremden Land in einer fremden Familie verbringen würden. Wie gut würden sie mit ihren Gasteltern und -geschwistern harmonieren? Und wie weit würden sie mit ihrem Französisch im echten Leben kommen? Dem einen oder anderen kamen die dreieinhalb Jahre Französischunterricht am Gymnasium plötzlich viel zu wenig vor…

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Erlebnisreiche Tage gab es für Tutzinger Gymnasiasten in Frankreich
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Aus eins mach zwei – Die Anzahl der Partnerschulen verdoppelt sich

Nicht nur für die Schülerinnen und Schüler bot der Austausch viel Neuartiges, auch auf der Ebene der Durchführung hatte sich im Vergleich zum Vorjahr eine Änderung ergeben: Zur bisherigen Partnerschule, dem Collège Jules Ferry in Le Thillot (rund 350 Schülerinnen und Schüler) war eine weitere im etwa 15 Kilometer entfernten Rupt-sur-Moselle hinzugekommen – das Collège Jean Montemont (rund 150 Schülerinnen und Schüler). So konnten nicht nur für alle interessierten deutschen Jugendlichen ein(e) correspondant(e) gefunden werden. Vor Ort bedeutete dies, auch wenn die großen Programmpunkte gemeinsam durchgeführt wurden, eine Zweiteilung: Elf Schülerinnen und Schüler besuchten das Collège in Rupt, während zehn dem Collège in Le Thillot zugeteilt waren.

Gastfreundliche Aufnahme in den Familien

Ganz gleich, wie die Erwartungen im Vorfeld waren – die französische Seite erfüllte sie voll und ganz. Nach einer siebenstündigen Busfahrt wurden alle Deutschen von ihren Gastfamilien herzlich aufgenommen. Den ersten Abend verbrachten dann alle in ihren Gastfamilien, wobei einige bereits erste Erfahrungen mit der französischen Esskultur machen durften: Zwischen der oft bereits opulenten Hauptspeise und dem Dessert gab es einen aus Baguette und Käse bestehenden Zwischengang.

Schule à la française

Das eigentliche Programm begann am Morgen des 16. Januar: Die Tutzinger Reisegruppen wurden beim Frühstück von der Schulleiterin begrüßt und festigten in Kennenlernspielen ihre Kontakte (Rupt-sur-Moselle) oder erfuhren beim Rathausbesuch vom Bürgermeister Wissenswertes zur lokalen Geschichte (Le Thillot). Vor allem aber erhielten die Jugendlichen durch die Teilnahme am regulären Unterricht Einblick in den französischen Schulalltag, der sich in vielen Punkten vom deutschen unterschied. Vor Unterrichtsbeginn und nach jeder Pause etwa sammelten sich die Klassen in ihrem eigenen Rechteck auf dem Pausenhof und wurden dort von der Lehrkraft abgeholt, eine Schulstunde dauerte ganze 55 Minuten, außerdem wurde bei Unterrichtsausfall keine Vertretungslehrkraft eingeteilt, sondern die Klassen arbeiteten unter Aufsicht eines surveillant (zumeist ein Student) in einem für solche Stunden vorgesehenen Raum (salle de permanence). Weniger positiv nahmen die meisten Tutzinger Schülerinnen und Schüler hingegen die Tatsache auf, dass der Unterricht an französischen Collèges in der Regel täglich zwischen 16.30 Uhr und 17.30 Uhr endet.

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Auf dem Höhenkamm am Berg Hohneck wurde es abenteuerlich

Kultur und Natur – ein vielfältiges Programm

Richtig in Fahrt kam das Programm mit der Exkursion in die ehemalige Regionshauptstadt Nancy am Freitag (17. Januar). Beim Besuch im Muséum-Aquarium konnten die Schülerinnen und Schüler nicht nur einheimische und exotische Fische bestaunen, sondern auch eine ganze Sammlung von Tierpräparaten aus aller Welt. Besonders imponierte dabei ein zwei Tonnen schweres Walross. Unbestrittener Höhepunkt war jedoch ein Abstecher zu einem der schönsten Plätze der Welt, der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegten Place Stanislas, deren Kulisse – Statuen, vergoldete Brunnen, klassizistische Gebäude, die meisten für unvergessliche Fotos und Selfies nutzten.

Dem Bereich Outdoor zuzurechnen war dagegen die etwa zweistündige Schneewanderung am Berg Hohneck (20. Januar), die die Gruppe durch eine Wintertraumlandschaft unter anderem zur ehemaligen deutsch-französischen Grenze führte. Abenteuerlich wurde es auf dem zugigen Höhenkamm, wo sich die Jugendlichen durch starke Windböen, Nebel und knöcheltiefen Schnee kämpften, aber auch mit herrlichen Panoramablicken belohnt wurden. Glücklicherweise konnten sich alle anschließend auf einer bewirtschafteten Berghütte mit einer heißen Schokolade aufwärmen, bevor die süßen Seiten des Lebens in den Mittelpunkt rückten: In der Confiserie von La Bresse verfolgten die Schülerinnen und Schüler den gesamten Produktionsprozess von Mentholbonbons von der Zuckerlösung bis in die Verpackung nach – und nutzten anschließend ausgiebig die Gelegenheit, sich mit süßen Souvenirs und Mitbringseln einzudecken.

Das freie Wochenende

Regelrecht ins Schwärmen gerieten viele Schülerinnen und Schüler mit Blick auf das Wochenende (18. und 19. Januar), das sie in ihren jeweiligen Gastfamilien verbrachten. Denn die französischen Gastgeber hatten sich für ihre deutschen Schützlinge vielfältige Programmpunkte ausgedach. Eine GoKart-Fahrt, die Besichtigung von Strasbourgs Altstadt und ein Raclette-Abend waren ebenso geboten wie Schlittschuhlaufen, der Besuch eines Eishockeyspiels oder Reiten.

Ein Abschied - aber nur auf Zeit

Speziell am Wochenende festigten sich bei einigen Tutzingerinnen und Tutzingern die Beziehung zu ihren familles d’accueil, und so fiel der Abschied auf beiden Seiten oft nicht leicht. Schon am Dienstag (21. Januar) war das gemeinsame Programm mit einem Badminton-Turnier und einem Spielenachmittag (in Rupt-sur-Moselle) oder einem Besuch in den lokalen Kupferminen und einem Völkerballturnier ausgeklungen. Und als am frühen Mittwochmorgen die Deutschen in den Bus Richtung Heimat stiegen, tauschten sie zum Abschied nicht nur ganz souverän Küsschen mit ihren Gastmüttern und neuen französischen Freundinnen aus, sondern konnten auch die Tränen teilweise nicht unterdrücken. Doch so traurig der Abschied gewesen sein mag, es war nur ein Au revoir auf Zeit – bis die Franzosen Mitte März zum schon ungeduldig erwarteten Gegenbesuch nach Tutzing kommen werden. À suivre...

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