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Tutzinger Preis wartet noch immer auf Macron

Akademie konnte Frankreichs Staatspräsident die 2018 verliehene Auszeichnung bisher nicht übergeben

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Feine Unterschiede: Dunja Hayali kam sofort, Emmanuel Macron noch nicht © Haist / eat archiv

Vor Dunja Hayali war Emmanuel Macron. Dem französischen Staatspräsidenten hat die Evangelische Akademie Tutzing 2018 ihren „Toleranzpreis“ zuerkannt, den sie im zweijährigen Rhythmus verleiht. Die ZDF-Moderatorin Hayali ist von der Akademie in diesem Jahr mit dem Toleranzpreis ausgezeichnet worden. Sie war am Samstag zur Verleihung im Tutzinger Schloss. Doch auf Macron wartet der Preis noch immer. Vor zwei Jahren hatte die Akademie angekündigt, dass Frankreichs Staatsoberhaupt persönlich nach Tutzing kommen werde, um Auszeichnung entgegenzunehmen. Nur einen Termin dafür müsse man noch finden. Das ist bisher nicht gelungen.

Die Auszeichnung von Dunja Hayali war die elfte Verleihung des Toleranzpreises, und immer ging er an bekannte Persönlichkeiten. Ein einziger hat ihn nicht selbst abgeholt: Wolfgang Schäuble, damals Bundesfinanzminister. Alle anderen kamen aus diesem Grund nach Tutzing: die früheren Bundespräsidenten Roman Herzog und Christian Wulff, der Dirigent Daniel Barenboim, der Schriftsteller Henning Mankell, Karim Aga Khan IV., die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, der selbst in Tutzing lebende Musiker und Komponist Peter Maffay sowie 2016 der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

"Mutiger Vordenker für die Erneuerung Europas"

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"Am Rande des Abgrunds" steht die EU für Emanuel Micron © obs / The Economist

Dass Macron nicht mal schnell einen Abstecher nach Tutzing macht, dürfte damit zusammenhängen, dass er zurzeit in vieler Hinsicht unter Druck steht. Plakativ belegen das die Massenproteste der „gilets jaunes“, der „Gelbwesten“, gegen seine Reformpolitik – Stichworte Rente, Bahn, Asylpolitik, Abschaffung der Vermögensteuer. Viel Aufsehen erregt hat der französische Staatspräsident auch mit seiner Initiative für Europa („Initiative pour l’Europe“), die ein Plädoyer für die Neugründung eines souveränen, geeinten und demokratischen Europas ist. Weil die Nationen allein für sich wenig ausrichten könnten, will er eine internationale Zusammenarbeit bei allen wichtigen Themen erreichen.

In einem Interview mit der Wochenzeitung "'The Economist" bekräftigte Macron im November 2019 seine Warnung, dass Europa "am Rande des Abgrunds stehe", und seine Forderungen für die EU: nach einer eigenen militärischen Einheit sowie politischem Zusammenschluss mit Regelungen in den Bereichen Technologie, Daten und Klimawandel. Die Resonanz auf Macrons Vorschläge reicht von begeisterter Zustimmung bis zu tiefer Skepsis. Seine Ideen gelten aber als wesentliche Beiträge zu den bevorstehenden Diskussionen über einen Umbau der EU, die in diesem Jahr mit einer Konferenz zur Zukunft Europas beginnen sollen.

Die Evangelische Akademie Tutzing hat Macron, als sie ihm ihren Toleranzpreis zuerkannte, als „mutigen Vordenker für die Erneuerung Europas“ gewürdigt. Sein Engagement gegen Nationalismus, sein Bemühen um eine Vertiefung der Gemeinschaft sowie sein Eintreten für Toleranz und Souveränität, Solidarität und Gerechtigkeit seien wegweisend.

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Viele Bezugspunkte zwischen Frankreich und Tutzing

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Die Partnerschaft von Tutzing und Bagnères-de-Bigorre besiegelten 1975 Dr. Alfred Leclaire (li.) und André de Boysson © privat

In der hiesigen Region gibt es zu Frankreich viele Bezugspunkte. Bei der Entscheidung, Macron auszuzeichnen, scheinen sie zwar keine wesentliche Rolle gespielt zu haben, doch über die Jahrzehnte sind teils enge persönliche Beziehungen entstanden. Schon seit 43 Jahren ist Tutzing mit Bagnères-de-Bigorre in Südfrankreich über eine Partnerschaft verbunden. Ähnliche Partnerschaften gibt es in anderen Gemeinden und Städten wie beispielsweise Bernried (Samoreau) oder Starnberg (Dinard). Dr. Alfred Leclaire, von 1970 bis 1996 Tutzinger Bürgermeister, hat die Partnerschaft 1975 mit seinem Amtskollegen André des Boysson besiegelt.

"Ans Wunderbare" grenze die Freundschaft zwischen den einst verfeindeten Nachbarn, schrieb Leclaire in einer Jubiläumsfestschrift. Im Lauf der Jahre kam es zu vielen Begegnungen, es sind sogar richtige Freundschaften entstanden. Die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Gemeinderätin Stefanie von Winning, hat einmal schmunzelnd von Spaziergängen mit dem früheren Tutzinger Kulturreferenten Hubert Hupfauf, einem der Wegbereiter dieser Partnerschaft, über den Markt von Bagnères-de-Bigorre erzählt: „Da kommt man nicht weiter - an jeder Ecke gibt es ein Hallo.“

Gespräche "zum Teil mit Händen und Füßen"

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Kommt Micron nach Tutzing? Das Tor der Evangelischen Akademie stünde ihm zweifellos weit offen © L.G.

Der erste Vorsitzende des für die Partnerschaft zuständigen Freundeskreises war der spätere Vizebürgermeister Karl Feldhütter gewesen. Sein Bruder Otto Feldhütter hatte 1974 nach einer Tätigkeit als Austauschlehrer in Frankreich den Anstoß zu der Partnerschaft gegeben.

Die oft nach wie vor bestehenden Sprachbarrieren haben engen Kontakten nicht im Wege gestanden. So hat Peter Lederer, von 1996 bis 2008 Tutzinger Bürgermeister, trotz nach eigenem Bekunden nicht allzu guter Französisch-Kenntnisse eine enge Freundschaft mit seinem damaligen Amtskollegen von Bagnères-de-Bigorre, Roland Castells, gepflegt. "Zum Teil mit Händen und Füßen" seien die Gespräche oft gelaufen, erzählte die Tutzingerin Marianne Schüler einmal, die oft mit ihrem Mann Rudolf in Frankreich dabei war. Andere haben sich leichter getan, so der heutige Tutzinger Tourismusreferent des Tutzinger Gemeinderats, Dr. Toni Aigner, der mit seiner Frau Gisela oft in Bagnères-de-Bigorre war: Er hat im Studium Französisch gelernt.

Vielleicht erfährt der französische Staatspräsident auch von solchen persönlichen Geschichten, bei denen Landesgrenzen unwichtig zu werden scheinen. Ob Macron tatsächlich irgendwann persönlich nach Tutzing kommen wird, um den Toleranzpreis abzuholen? Bei der Evangelischen Akademie hat man die Hoffnung offenkundig noch nicht aufgegeben. „Das Verfahren, einen Termin zu finden, zu dem er nach Tutzing kommen kann, läuft weiterhin“, teilt ihre Pressestelle mit, und sie fügt zuversichtlich hinzu: „Wir hoffen sehr, dass wir bald einen Termin finden.“

Bericht über die Verleihung des Toleranzpreises an Dunja Hayali:
Tutzinger Auszeichnung für Dunja Hayali

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