Beim Tutzinger Kinderhaus St. Josef gibt es ein dickes Problem: Mehr als 100 000 Euro Fördermittel sollen gekürzt werden.
Dabei geht es um den Kinderhort. Grund: Die von den Eltern gebuchten Betreuungsstunden haben nicht immer mit den tatsächlich geleisteten Betreuungszeiten übereingestimmt.
Weder die Gemeinde noch das katholische Pfarramt St. Josef als Träger des Kinderhauses bestreiten dies. Sie glauben für die Praxis aber gute Gründe zu haben. Denn so habe man flexibel auf Unterrichtsausfälle und unvorhergesehene Ereignisse reagieren können, und die Betreuung der Kinder sei auf diese Weise gesichert gewesen.
Das Landratsamt Starnberg sieht die Vorgehensweise aber als Verstoß gegen die Vorgaben des Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes (BayKi BiG). Nach einer Prüfung hat die Kreisbehörde dies beanstandet. Von der gesamten Förderkürzung - genau 100 375,18 Euro - entfallen 51 431,89 Euro auf staatliche und 48 943,29 Euro auf kommunale Gelder.
Die Angelegenheit zieht sich schon lange hin. Das Landratsamt Starnberg hat die betreffenden Bewilligungsbescheide bereits im Oktober vorigen Jahres zurückgenommen, und zwar teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit.
Gemeinde Tutzing hat Anwalt eingeschaltet
Bürgermeisterin Marlene Greinwald hat am Dienstag den Gemeinderat darüber informiert, dass die Gemeinde einen Anwalt eingeschaltet und alles versucht habe, nun aber kaum noch Chancen sehe. „Es kann darin gipfeln, dass wir das Geld zurückfordern müssen“, sagte sie.
Nach Greinwalds Kenntnis sind im Landkreis Starnberg mehrere Gemeinden auf verschiedene Weise von dieser Problematik betroffen. Eine Gemeinde müsse auch für eine Grundschullehrerin Geld zurückzahlen. Es gebe bereits einen offenen Brief von Bürgermeistern wegen ähnlich gelagerter Fälle.
Es drohe die Gefahr, dass Kindergärten geschlossen werden müssten, wenn Erzieher krank würden, sagte die Bürgermeisterin. Die Schulen würden künftig selbst dafür sorgen müssen, dass die Kinder so lange in der Schule blieben, bis die gebuchten Betreuungszeiten im Hort begännen, folgert die Gemeinde. Ob dies gelingen werde, sei wegen der Personalnot in den Schulen fraglich.
Bürgermeisterin Greinwald spricht von einem Skandal
Greinwald sprach im Gemeinderat von einem Skandal. „Wir sind die Erfüllungsgehilfen und müssen das Geld für den Staat einsammeln“, sagte sie. Das Kinderhaus habe gegenüber der Gemeinde immer offen und transparent gearbeitet. Die Bürgermeisterin sieht in der Angelegenheit einen Beleg dafür, dass das BayKi BiG „nicht unbedingt vom Wohl des Kindes“ bestimmt werde. Es handele sich um ein „Riesenbürokratiemonster“, das am Wohl des Kindes vorbeigehe.
Schwer enttäuscht äußerte sich Greinwald über das Landratsamt Starnberg, das die Gemeinde in dieser Angelegenheit allein lasse und sich vollkommen zurückziehe. Die Gemeinde habe auch die CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Ute Eiling-Hütig infomiert und gegebenenfalls um politische Unterstützung gebeten, eine Antwort aber bisher noch nicht erhalten. Das hat Eiling-Hütig auf Anfrage zurückgewiesen. Sie habe zwar nicht schriftlich geantwortet, aber mit der Bürgermeisterin ausführlich über das Thema gesprochen. Sie bemühe sich seit Monaten intensiv darum, die Rückführung der Förderungen im Rahmen zu halten, sagte Eiling-Hütig. Es gebe aber gesetzliche Vorgaben, die beachtet werden müssten.
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