
Offiziell gibt es noch keinen Namen für den Platz in Tutzing, an dem die Marienstraße auf die Hauptstraße stößt. Streng genommen ist es auch noch gar kein richtiger Platz - er soll gewissermaßen erst noch zu einem solchen heranwachsen. Aber gestern im Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss des Gemeinderats hatte er plötzlich doch schon einen Namen: „Marienplatz“.
So stand es jedenfalls in einer Beschlussvorlage zum Fußgänger- und zum Gewerbeleitsystem. Auch in den Diskussionsbeiträgen zu diesem Thema erwähnten mehrere Redner mehrmals den Namen „Marienplatz“, als wäre diese Fläche längst so benannt.

Das ist zwar nicht der Fall. Aber tatsächlich gibt es den Begriff quasi als Arbeitstitel schon länger. Schon vor etwa 15 Jahren hat die Verkehrsplanerin Bettina Twiehaus den Namen „Marienplatz“ als "shared space" in einer Präsentation für den Gemeinderat verwendet. Sie hat vor mehr als 20 Jahren die Platzgestaltung durch die Abhängung der Leidlstrasse eingeleitet. Das war damals nicht unumstritten, wurde aber in den Jahren 2009 und 2010 als Provisorium für eine Versuchsphase genehmigt. Bettina Twiehaus ahnte damals schon, dass dies nie mehr zurückgenommen werden würde. Ihr Mann Jochen Twiehaus hatte damals "die verwegene Idee", wie er selbst es formuliert, die Marienstatue aus dem "doch sehr trostlosen Umfeld auf dem Seehofgrundstück zu entfernen und mitten auf den neuen Platz zu setzen".
Schon seit einiger Zeit steht „Marienplatz“ für diese Stelle im Ortszentrum auch schon plakativ auf Schildern. Zwar nicht auf Straßenschildern, aber auf großen Werbetafeln an der künftigen Baustelle, wo früher das alteingesessene Geschäft Kohlen-Müller und der Supermarkt Tengelmann, später Edeka, waren.


Nicht wenige Einheimische halten dies für etwas voreilig. In Kommentaren auf vorOrt.news haben sie auf eine ganz andere Tutzinger Gepflogenheit hingewiesen: „Stachus“ sei dieser Standort in Tutzing genannt worden - und das sollte ihrer Meinung nach auch so bleiben. Von der Einmündung zum Marienplatz
In Stein gemeißelt sind Straßen- und Platznamen ohnehin nicht. Der Münchner Marienplatz hieß einst „Schrannenplatz“, der Münchner Stachus war mal der „Neuhauser-Thor-Platz“, dann der „Karls-Thor-Platz“, schließlich der „Karlsplatz“.
Gelegentlich wollen sich die offiziellen Benennungen nicht so recht durchsetzen. An ihrem „Stachus“ halten die Münchner fest, egal, wie er „offiziell“ genannt wird - vielleicht, weil es eine Gastwirtschaft mit diesem Namen an der Stelle gab, wo heute der Kaufhof steht.

Wie vergänglich das alles ist, lassen die Schicksale dieser Wirtschaft und aktuell der Kaufhäuser erkennen. Alles fließt - diese Erkenntnis hat vielleicht auch Pate gestanden, als der „Marienplatz“ in die Beschlussvorlage des Ratsausschusses geschrieben wurde. Wer weiß schon, welchen Namen der im Entstehen befindliche Platz in Tutzings Mitte auf Dauer wirklich annehmen wird?
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Kommentare
Ein hohles Benennen des "Friedens" ohne Substanz kenne ich aus der ehemaligen DDR, das braucht kein Mensch mehr. Ach wie war man in der DDR doch friedlich... es gab die "Friedensbrücke", die Straßen des "Friedens", die "Friedensfahrt" ff; es war alles so wunderbar offiziell friedlich aufgesetzt... nein, das brauchen wir nicht. Blauäugigkeit übrigens auch nicht.
Einen "FRIEDENSPLATZ", "Platz des Friedens", "Platz für den Frieden" oder "Platz zum Frieden" haben wir in Tutzing noch nicht.
Wäre neutral bzgl. Religion, politischer Parteien, Weltanschauungen & Geschlechter, dafür aber hochaktuell & in Ewigkeit zeitgemäß, angesichts unserer menschlichen Natur.
Genau das Richtige um uns dort in unserer Mitte friedlich zu treffen und gemeinsam Pizza, Kaffee & Eis zu genießen ... oder gute Gespräche zu führen.
;-)
Wir leben in Zeiten, in denen unsere Demokratie von innen & außen angegriffen wird.
Zugleich haben wir rund 75 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland das Ziel gleicher Rechte und Wertschätzung von Frauen & Männern im Alltag leider immer noch nicht so weit erreicht, wie es eigentlich längst sein sollte.
Paygap, Gewalt gegen Frauen, Übergriffigkeit & Sexismus im Alltag, und vieles mehr ...
Wie wäre es, wenn wir diesen zentralen Platz nach einer der "Mütter" unseres Grundgesetzes benennen würden?
Auch damals waren die Frauen in diesem Gremium weit in der Unterzahl und haben dennoch wertvolle Beiträge für uns alle geleistet; nur im kollektiven Gedächtnis stehen sie und ihre Mitstreiterinnen leider bis heute im Schatten der männlichen Mehrheit.
-> Beispielsweise - ELISABETH SELBERT - oder - FRIEDA NADIG - denen zugeschrieben wird, die Gleichberechtigung von Männern & Frauen in Art. 3 unseres Grundgesetzes gegen Widerstände federführend durchgesetzt zu haben?
Das wären doch würdige Namenspatinnen, oder nicht?