Über Jahrzehnte war die Wäscherei Dommaschk eines der bekannten Unternehmen in Tutzing. Schon lange gibt es diesen Betrieb nicht mehr. Die Familie hat ihr Grundstück an der Bräuhausstraße verkauft. Damit begann ein Poker um die Größe eines Neubaus. Sie stehen exemplarisch für Diskussionen um die künftige Entwicklung des Tutzinger Viertels zwischen Lindemann- und Bahnhofstraße.
Wünsche nach einem Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten auf dem ehemaligen Dommaschk-Grundstück fielen bei der Gemeinde durch. Inzwischen liegt eine neue Voranfrage für ein etwas kleineres Gebäude vor, die der Bauausschuss des Gemeinderats befürwortet hat. Wie das alles weitergeht, wird sich zeigen. Solche Voranfragen stammen gelegentlich gar nicht vom jeweiligen Eigentümer, sondern von ganz anderen Interessenten, die vielleicht mit dem Kauf des betreffenden Grundstücks liebäugeln und erst einmal erkunden wollen, was baurechtlich möglich ist.
Konflikt über die Blöcke des Verbands Wohnen als Bezugsfall
Die Bautätigkeit an beiden Enden der Bräuhausstraße war in den vergangenen Jahren auffallend und von starkem Wandel geprägt. Sowohl an der Lindemannstraße als auch an der Bahnhofstraße und im gesamten Bahnhofsviertel sind teils recht große Bauwerke entstanden. Diese Entwicklung dehnt sich schon seit einiger Zeit auch auf die Bräuhausstraße aus. In diesem Bereich und auch im Umfeld, so im Gebiet Schönmoos, gibt es aber auch noch immer zahlreiche kleinere Gebäude. Die Frage ist, welche Art der Bebauung sich letztlich durchsetzen wird.
Die angemessene Größe von Neubauten in dieser Gegend hat sogar einen Konflikt zwischen der Gemeinde Tutzing und dem Landratsamt Starnberg entfacht. Als für das Dommaschk-Grundstück ein Gebäude mit zehn Wohneinheiten zur Debatte stand, erklärte die Gemeinde nämlich, rundherum gebe es keine Gebäude ähnlicher Größe. Schräg gegenüber stehen zwar die auch nicht gerade kleinen Blöcke des Verbands Wohnen, doch die, so argumentierte die Gemeinde, könnten wegen ihrer besonderen, sozialen Nutzung nicht als Präzedenzfälle herangezogen werden.
Das Landratsamt wollte dieser Auffassung jedoch nicht folgen: Gleich mehrere größere Gebäude in der Umgebung hält die Kreisbehörde als Vergleichsmaßstab für geeignet, so die Gaststätte „Tutzinger Keller“, Nachbargebäude links und rechts von ihr - und auch die Blöcke des Verbands Wohnen. Diese Beurteilung stieß im Gemeinderat auf Verwunderung: Früher sei immer erklärt worden, bei Sozialwohnungen könnten auch andere Kriterien gelten. Doch ein Vertreter des Tutzinger Bauamts sagte, nach Auskunft des Landratsamts gehe es nur um Länge, Höhe und Breite der Bauwerke - die Art der Nutzung sei egal. Nach dem hierfür maßgeblichen Paragrafen 34 des Baugesetzbuchs ist ein Vorhaben dann zulässig, „wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist“. Das Wort Nutzung steht also tatsächlich drin. Aber Baugenehmigungen erteilt das Landratsamt, nicht die Gemeinde.
Neubebauungen strahlen in die Bräuhausstraße aus
Wegen des Vorbescheidantrags für ein kleineres Gebäude scheint sich der Konflikt in diesem Fall etwas entspannt zu haben. Er lässt aber erkennen, von welchen Auseinandersetzungen die Debatte über die in Zukunft möglichen Baugrößen an der Bräuhausstraße und in ihrer Nachbarschaft geprägt sein dürfte. Nicht zuletzt neue Pläne des Verbands Wohnen werden zu dieser Diskussion beitragen: Dessen alte Blöcke stehen vor dem Abbruch, ein Konzept für Nachfolgebauten ist in Arbeit - mit 70 statt bisher 50 Wohnungen. Auch wenn viel Bedarf an kleineren Wohnungen gesehen wird, zeichnet sich für die neuen Gebäude eine ansehnliche Größe ab. Das gesamte Viertel, das Schönmoos, verändert sich auch schon durch weitere Neubebauung. Die Entwicklung unweit davon, im Bahnhofsviertel und auf dem ehemaligen Gelände von Boehringer-Mannheim, wird mittlerweile oft mit dem Begriff "Urbanisierung" beschrieben. Sie strahlt erkennbar auf die Bräuhausstraße aus, ebenso wie von der anderen Seite aus die Bebauung an der Lindemannstraße.
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