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Werber aus ganz Deutschland in Tutzing

Bund Naturschutz sucht dringend neue Mitglieder - Oft mühsame Pflege wertvoller Flächen

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Voller Zuversicht stellten der Kreisvorsitzende Günter Schorn, Kreisgeschäftsführerin Dr. Helene Falk (re.) und der Tutzinger Ortsvorsitzende Klaus Hirsch (li.) das Werbeteam vor © L.G.

Zehn junge Leute aus ganz Deutschland sind seit Wochenbeginn in Tutzing unterwegs, um neue Mitglieder und Förderer für den Bund Naturschutz zu werben. Anschließend sollen alle anderen Kommunen des Landkreises Starnberg an die Reihe kommen. Etwa fünf bis sechs Wochen soll das alles dauern.

Warum keine heimischen Werber? Man habe keine gefunden, sagte der Kreisvorsitzende Günter Schorn aus Tutzing bei einer Vorstellung der Aktion im Gasthof „Tutzinger Keller“. Es sind überwiegend Studenten im Alter zwischen 18 und 23 Jahren, die bei diesem Ferienjob Verdienst mit Überzeugung für den Umweltschutz verbinden. Unterkünfte zu entdecken, war für sie gar nicht so einfach, denn in der Hochsaison ist in der hiesigen Gegend so ziemlich alles ausgebucht. Fündig geworden sind mehrere von ihnen in der „Alten Linde“ in Wieling. Bei einem Pressegespräch machten sie allesamt einen recht optimistischen und selbstbewussten Eindruck.

Die Starnberger Kreisgruppe des Bundes Naturschutz hofft auf gute Unterstützung in der Bevölkerung für ihre Arbeit: „Unser Schwerpunkt ist der Arten- und Biotopschutz durch Pflege wertvoller Flächen, oft in Handarbeit, um die Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten zu erhalten.“ Der Bund Naturschutz kaufe auch Flächen, um sie langfristig für den Naturschutz zu sichern.

Helfer halten viele Biotope in Schuss

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Engagiert: Helfer der Tutzinger Ortsgruppe am Johannishügel © Bund Naturschutz

„Weiterhin helfen wir Fledermäusen, retten Amphibien, halten Vorträge und veranstalten Exkursionen, um die Besonderheiten und die Schönheit der Natur in unserem Landkreis zu zeigen“, so die Verantwortlichen der Kreisgruppe. Außerdem spreche sich der Bund Naturschutz für nachhaltige und umweltverträgliche Energie- und Verkehrskonzepte aus, und er weise auf die Notwendigkeit des Flächensparens zum Erhalt der Lebensbedingungen hin.

„Wir haben zum Beispiel viele Biotope hier“, sagt Kreisgeschäftsführerin Dr. Helene Falk. Und die halte der Bund Naturschutz in Schuss, bekräftigt Schorn. Die Tutzinger Ortsgruppe bindet für solche Aktionen gelegentlich beispielsweise die Realschule ein, in solchen Fällen sind es manchmal bis zu 40 Helfer, wie der Tutzinger Vorsitzende Klaus Hirsch sagt. Schulklassen der Realschule, Ingenieure von Nokia Siemens Networks und Tutzinger Bürger haben beispielsweise den steilen Osthang des Johannishügels mit dem Ziel gepflegt, dort eine artenreiche Blumenwiese zu entwickeln. Ansonsten machen mal fünf, mal zehn oder auch nur zwei oder drei Aktive mit. „Wir sind alle ehrenamtlich tätig“, betonte Hirsch. Bedarf an mehr Helfern ist immer.

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Der Landkreis Starnberg war mal unter den stärksten in Bayern

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Fleißige Arbeit hat ein Team von Realschülern, Firmenmitarbeitern und Bürgern am Johannishügel geleistet © Bund Naturschutz

Besonders wichtig sind auch finanzielle Mittel. Denn an staatlichen Zuschüssen gibt es wenig, und wenn, dann in der Regel nur für bestimmte Projekte. Als Günter Schorn Kreisvorsitzender geworden ist, gab es im Landkreis nach seiner Erinnerung 1700 oder 1800 Mitglieder. Man habe die Zahl bis auf einen Höchststand von rund 4200 Mitgliedern erhöhen können, berichtete er. Damit sei der Landkreis Starnberg im Verhältnis zur Einwohnerzahl unter den Besten in Bayern gewesen - deutlich besser auch als die Stadt München. Vielen Menschen dort sei wohl alles „wurscht“, meinte Kreisgeschäftsführerin Dr. Helene Falk, weil in der Stadt ohnein schon so Vieles verbaut sei. In Regionen wie dem Landkreis Starnberg sähen die Bürger offenbar noch mehr Sinn im Engagement für Natur und Umwelt.

Politischer Trend schlägt sich nicht unbedingt in Mitgliederzuwachs nieder

Auch die Stimmung bei den Wahlen geht in diese Richtung. So gab es für die Grünen in Tutzing zuletzt einen ganz erheblichen Aufwärtstrend: von 7,6 Prozent bei der Gemeinderatswahl 2014 über 13,29 Prozent bei der Bundestagswahl 2017 bis auf 28,26 Prozent bei der Landtagswahl 2018. CSU in Tutzing über 37, Grüne bei 26 Prozent

Wenn es auch für die Grünen bei der Europawahl 2019 ins Tutzing wieder leicht hinunter auf 26,03 Prozent ging, müsste von dem Trend eigentlich auch der Bund Naturschutz profitieren. Aber er hat in dieser Zeit ganz im Gegenteil an Zuspruch verloren: Vom Höchststand 4200 ist die Zahl auf derzeit rund 3500 Mitglieder gesunken. Günter Schorn erklärte das so: „Die Leute machen zwar ihr Kreuz bei der Wahl, aber sie kommen nicht von selbst zu uns, um Mitglied zu werden.“

Aus diesem Grund müsse man Werbeaktionen veranstalten. Den Sprung „weit über die 4000 Mitglieder“ würde der Kreisvorsitzende gern wieder schaffen. Dabei hat das Interesse am Bund Naturschutz offenbar nicht unbedingt etwas mit Präferenzen für bestimmte Parteien zu tun. Unter den Mitgliedern sind nach Schorn Angaben beispielsweise nicht wenige CSU-Wähler, die das Engagement dieser Partei für Natur und Umweltschutz für unzureichend hielten.

Hinweise auf selbst angepflanzte Tomaten

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Start im Biergarten: Die Besprechung zum Auftakt der Werbeaktion im "Tutzinger Keller" © L.G.

Einige der jungen Leute, die nun von Haus zu Haus gehen, haben schon Erfahrungen gesammelt. „Bis vorige Woche waren wir im Landkreis Landsberg unterwegs“, erzählte zum Beispiel Lea Gittermann (19) aus Frankfurt. Die Werber berichten über interessante, oft persönliche Gespräche. „Manchen ist es peinlich, dass sie nicht genug für den Naturschutz tun“, sagt Marco Cramer, der aus Kirchheim an der Teck nach Tutzing gekommen ist.

Viele berichten von selbst angepflanzten Tomaten oder Gurken, um ihre Aktivität zu beweisen, erzählt Lisa Gittermann: „Auf so etwas müssen wir eingehen - aber wir weisen darauf hin, dass die Natur nicht am eigenen Garten endet, dass zum Beispiel auch weiter entfernte Streuobstwiesen gepflegt werden müssen, dass man das ganze Thema umfassender sehen muss.“ Konkrete Projekte im Umfeld sind vielen lieber als Spenden „irgendwohin“, weiß die Frankfurterin.

Werberin von Hund gebissen

Aber auch an negativen Erfahrungen fehlt es nicht. Masha Hafner, die im Raum Stuttgart wohnt, ist von einem Hund gebissen worden. Ein anderer der Werber ist von einem Grundstück gejagt worden. Die Welt werde sich sowieso nicht ändern lassen, argumentieren manche, wie Lea Gittermann erzählt. Manche Ältere meinen, der Umweltschutz sei eher etwas für die Jüngeren, sie selbst lebten ja sowieso nicht mehr so lange. Auch generelle Vorbehalte gegen Haustürgeschäfte machen sich bemerkbar. Der Bund Naturschutz hat diese Methode dennoch bewusst gewählt, sagte der Kreisvorsitzende Schorn, weil sie am besten wirke.

Über die Erfolgsquote gehen die Angaben auseinander. Bei 50 Gesprächen sollten fünf neue Mitglieder herausspringen, sagten die einen. Die anderen meinten, dafür seien mehr als 100 Gespräche erforderlich.

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 2126
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