
Sehr sauber präsentieren sich viele Wege in Tutzing. Die Hecken sind ordentlich geschnitten, das Promenieren macht Spaß. An anderen Stellen kommt man dagegen kaum an den weit in die Bürgersteige hinein ragenden Pflanzen vorbei.
Die Diskussionen darüber, wie mit den Pflanzen umzugehen ist, sind in Gemeinden wie Tutzing ein Dauerbrenner. Die Gemeinde weist die Grundstückseigentümer immer wieder auf ihre Verpflichtungen hin, die in den öffentlichen Verkehrsraum gewachsenen Anpflanzungen bis auf die Grundstücksgrenzen zurückzuschneiden - doch keineswegs alle Eigentümer reagieren darauf. Das führt dann wiederum zu Beschwerden anderer Bürger, und so geht es ständig hin und her. Umgekehrt führen aber auch Schnittmaßnahmen zu Diskussionen. Dieser Tage ist zum Beispiel eine lange Hecke an der Grund- und Mittelschule in der Greinwaldstraße recht deutlich gekürzt worden. Sie ist nun durchgehend braun, nicht mehr grün. Das gibt rundherum viel Gesprächsstoff.

"Lichtraumprofile" an öffentlichen Verkehrsflächen müssen frei bleiben
Die Gemeinde Tutzing hat ihre Bürger dieser Tage wieder auf ihre Pflichten bei den Bepflanzungen hingewiesen. So genannte Lichtraumprofile seien an den öffentlichen Verkehrsflächen einzuhalten. An Gehwegen muss danach eine lichte Höhe von 2,50 Metern frei bleiben, entlang einer Straße eine Höhe von 4,50 Metern. Überhängende Äste und Zweige müssten bis auf die Grundstücksgrenze zurückgeschnitten werden. Schonende Formschnitte seien ganzjährig zulässig.
Gericht weist Klage von Grundstückseigentümer ab

Wenn ein Grundstückseigentümer diesen Verpflichtungen nicht nachkommt, dann kann die zuständige Straßenbaubehörde ein Unternehmen mit der Beseitigung der betreffenden Bepflanzung beauftragen und vom Grundeigentümer die Erstattung der Kosten verlangen. Die Versicherungsgesellschaft Arag zitiert einen Fall: Da hat ein Gartenbaubetrieb für einen Rückschnitt mehr als 500 Euro in Rechnung gestellt.
Eine daraufhin von dem Grundstückseigentümer eingereichte Klage hat das Verwaltungsgericht Mainz abgewiesen. Der Kläger hatte argumentiert, er habe die Aufforderung zum Rückschnitt nicht erhalten, zudem sei der Rückschnitt nicht erforderlich gewesen, weil entsprechende Arbeiten erst im Jahr zuvor vorgenommen worden seien. Außerdem bezweifelte der Kläger die von dem Gartenbaubetrieb geltend gemachten Kosten. Das Gericht verwies auf die Verpflichtung des Grundstückseigentümers: Innerhalb der Ortslage müsse er den von seinem Grundstück auf öffentliche Straßen ragenden Bewuchs auf eigene Kosten beseitigen (VG Mainz, Az.: 3 K 363/17.MZ).
Verbote mit Ausnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz

Beim Rückschnitt ist allerdings nicht alles erlaubt. Im Bundesnaturschutzgesetz finden sich hierfür klare Regeln. Nach seinem Paragrafen 39 ist es verboten, „Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen.“ Zulässig sind nur schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.
Für die Verbote gibt es allerdings Ausnahmen. So gelten sie nach dem Gesetz nicht für behördlich angeordnete Maßnahmen und für solche Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können. Weiter gelten die Verbote nicht, wenn die Maßnahmen aus Gründen Verkehrssicherheit geboten sind und zeitlich nicht aufgeschoben werden können – so etwa, wenn eine große Hecke nach einem Sturm auf einen angrenzenden Bürgersteig zu kippen droht. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich bei der zuständigen Naturschutzbehörde zu erkundigen.
Mieter von Doppelhaus muss auf Wunsch von Nachbarn Pflanzen kürzen
Im Einzelfall muss man außerdem genau hinschauen. Mieter von Doppelhaushälften beispielsweise müssen das so genannte Sondernutzungsrecht beachten. Danach werden ihre „halben“ Häuser und die ihnen zugeordneten Sondernutzungsflächen wie selbstständige Grundstücke behandelt. Jeder Wohnungseigentümer darf sein Grundstück nur so nutzen, wie es auch ein Nachbar befürworten würde. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs muss der Mieter einer Doppelhaushälfte zu hoch gewachsene Pflanzen kürzen, wenn Nachbarn dies verlangen (BGH, Az.: V ZB 130/09).
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