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8.11.2024
Von vorOrt.news

„Ausgesprochen negative Rückmeldungen“

Akademiedirektor Udo Hahn irritiert über Resonanz auf Sendung zur Aufnahme geflüchteter Menschen

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Die neue Anlage "Benedictus-Hof", vom Krankenhaus aus gesehen © L.G.

Bei der „Evangelischen Morgenfeier“ im Radiosender Bayern 1 hat kürzlich die neue Anlage für geflüchtete Menschen in Tutzing, der "Benedictus-Hof", eine zentrale Rolle gespielt. Pfarrer Udo Hahn, der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, stellte sie und die mit ihr verbundenen Bemühungen um Aufnahme betroffener Personen exemplarisch vor. Dabei erwähnte er auch die eigens diesem Thema gewidmeten Veranstaltungen einer Reihe „Rathaus-Forum“, deren dritte am Freitag dieser Woche im Roncallihaus stattfindet.

Erkennbar irritiert haben Hahn kritische Reaktionen auf seine Sendung. Die Debatte in Tutzing sei phasenweise aufgeheizt, hatte er bei der Morgenfeier gesagt. Auch das Rathaus-Forum hatte er erwähnt, die Berichte über Ideen, wie das Miteinander gelingen könne, über Erfahrungen, Sorgen und Ängste.

Tutzing gelte manchen als Vorzeigegemeinde, wenn es um die Aufnahme und Integration von Geflüchteten gehe. In einer Pressemitteilung des Rathauses würden Verantwortungsbewusstsein und Nächstenliebe gewürdigt. „Auch mich beeindruckt die Einsatzbereitschaft vieler“, folgerte Hahn in der Sendung, und er sagte: „Gut so, dass sich das soziale Gewissen regt. Schwache brauchen Hilfe. Und gut so, dass alle sich zusammensetzen, einander zuhören, miteinander überlegen, was gut ist, was zu tun ist.“ Nichts zerstöre heute mehr den gesellschaftlichen Frieden als Rassismus und Fremdenhass mit allem, was dazugehört: Unmenschlichkeit, Menschenverachtung, rohe Gewalt. Der unverhohlene Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus rechtsradikaler Kräfte, mit seiner Idee der Deportation aller, die Migrationshintergrund haben, stehe klar gegen Gottes Willen.

„Miteinander streiten ist manchmal nötig“, fügte der Akademiechef hinzu. Aber für viel wichtiger halte er es, einander zuzuhören. So habe er es in Tutzing bei den Bürgerversammlungen erlebt: „Aus der gemeinsamen Sorge heraus, dass niemand verloren gehen darf, das entwickeln, was allen dient: den Benachteiligten bei uns und den Fremden, die Schutz suchen.“ Schwache brauchten Hilfe: „Und gut so, dass alle sich zusammensetzen, einander zuhören, miteinander überlegen, was gut ist, was zu tun ist.“ Dabei zitierte er Worte des Propheten Micha aus dem Alten Testament: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott bei dir sucht: nichts anderes als Recht üben, Freundlichkeit lieben und aufmerksam mitgehen mit deinem Gott.“

Hahn: Manchen scheint "ein Mindestmaß an Mitgefühl abhanden gekommen" zu sein

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Udo Hahn ist irritiert über negative Reaktionen auf seine jüngste Morgenfeier im Radio © Evangelische Akademie Tutzing

Zu den Morgenfeiern gibt es nach Angaben von Hahn immer Resonanz, meist zustimmend. Auf die aktuelle Morgenfeier aber habe es ausgesprochen negative Rückmeldungen gegeben. Eine davon stammt von jemand, der nach eigener Aussage „noch Kirchenmitglied“ ist. Er fragt Hahn, warum er nicht erwähnt habe, dass er selbst keine „Eindringline in unser Sozialsystem“ in seinen Immobilien in Tutzing aufnehme. Weiter fragt er, warum er nicht erwähnt habe, dass Heinrich Bedford-Strohm der frühere evangelische Landesbischof von Bayern und Vorsitzende des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, ein Schiff aus Kirchensteuergeldern vor die lybische Küste schicke: „Damit kommen Nichtchristen gefahrlos zu uns.“ So würden alle Folgekosten auf dem Rücken der Bürger „sozialisiert“. Und weiter: „Ich hätte Respekt vor Ihnen und der heutigen Predigt, wenn Sie die Muslime auf Ihre Kosten ausbilden, versorgen, versichern und unserem Glauben näher bringen würden. Machen Sie mal einen Dienstreise zu den Polizeidienststellen in Berlin oder Essen und unterhalten sich mal mit den Polizisten vor Ort über die Probleme mit den Muslimen.“ Es kochten "Wut und Entsetzen" bei vielen steuerpflichtigen Bürgern hoch. Die Anmerkung endet mit der Frage an Hahn, wie er „die Einwanderung von Millionen von Muslimen in das christliche Europa ‚schmackhaft‘ machen könne: „Das Christentum schafft sich ab … so kommt es auch dank Ihrer Hilfe im Radio.“

Reaktionen wie diese – „und im Tonfall noch schärfer“ – irritierten ihn, kommentiert Hahn. Das Thema seiner Morgenfeier sei Barmherzigkeit und die Verantwortung. Er habe sich zudem keineswegs allein auf das Schicksal von Geflüchteten bezogen. Die negativen Reaktionen scheinen ihm „symptomatisch dafür, dass manchen ein Mindestmaß an Mitgefühl abhanden gekommen scheint, das wir in unserer Gesellschaft aber unbedingt brauchen: für die Nöte der hier Lebenden und die Nöte derer, die zu uns kommen.“

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Evangelische Morgenfeier vom 27. Oktober 2024

Pfarrer Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
„Es ist die gesagt, Mensch, was gut ist“ (Micha 6,1-8)
https://www.ev-akademie-tutzing.de/wp-content/uploads/2024/10/Morgenfeier-U-Hahn-27.10.2024.pdf

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