Meinung
4.6.2022
Von Lorenz Goslich

Stillstand ist die schlechteste Lösung

KOMMENTAR: Der Ex-Tengelmann im Ort darf nicht zum nächsten Leerstand werden

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Derzeit leer: Ex-Tengelmann-Edeka-Markt und der ehemalige Kohlen-Müller daneben

Seehof, Andechser Hof, Minigolfplatz, Hallenbad: lauter Leerstände in Tutzing. Kommt nun etwa auch der Ex-Tengelmann im Ortszentrum dazu? Verkaufsüberlegungen im Zentrum

In diesem wie in den anderen Fällen gibt es viele gut gemeinte Bemühungen um Lösungen, aber immer wieder auch viel Wenn und Aber - und die Folge ist allzu oft: Es geht nichts voran. Häufig schien es schon wegweisende Konzepte zu geben, aber dann kamen doch wieder Bedenken auf. Gelegentlich dürften da auch sehr persönliche Aspekte eine Rolle spielen.

Natürlich gehen die Ansichten auseinander. Es gibt ja auch ganz unterschiedliche Blickwinkel. Zwischen Wünschen und Vorschriften sind die Beteiligten regelmäßig hin- und hergerissen. Bauwerber wollen oft immer mehr, Gemeinde und Behörden sehen sich umgekehrt verpflichtet, Riegel vorzuschieben, und das komplizierte Baurecht erzwingt nicht selten Maßnahmen, die allen missfallen. Hinzu kommen Uneinigkeiten innerhalb der öffentlichen Hand. Wie oft die Ansichten des Tutzinger Gemeinderats und des für die Baugenehmigungen zuständigen Kreisbauamts auseinandergehen, das fällt schon auf.

Die Beseitigung der Leerstände ist eine der zentralen Tutzinger Herausforderungen

Vor Schuldzuweisungen sollte man sich hüten. Im Einzelfall haben sie alle, von den Bauwerbern bis zu den Verantwortlichen der Gemeinde und der diversen Behörden, bestimmt viele gute Gründe für ihr Verhalten. Aber Stillstände auf Dauer können nicht wirklich die Lösung sein. Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass ein Grundstück in bester Lage nahe dem Seeufer über Jahrzehnte leer steht, dass eine früher beliebte Gaststätte seit zehn Jahren verfällt, dass ein Hallenbad und ein Minigolfplatz über Jahre ungenutzt bleiben - und dass sich alle mit diesen Missständen abzufinden scheinen.

Die ärgerlichen Leerstände endlich zu beseitigen und an all diesen Stellen auf eine Neubelebung zu drängen, die möglichst zum Vorteil der einheimischen Bevölkerung wird - das ist eine der zentralen Tutzinger Herausforderungen. Im Einzelfall werden oft erst einmal Probleme gesehen. Aber Lösungen können gelingen, wenn alle aufeinander zugehen, sich Gegenargumenten nicht verschließen, kritikfähig sind und auch mal zurückstecken. Das gilt beidseitig. Vielfach gibt es ohnehin Ermessensspielräume. Nicht selten stecken in Veränderungen, die zunächst abgelehnt werden, sogar Verbesserungen, die man erst auf den zweiten Blick erkennt.

Wahre Demokratie zeigt sich darin, dass man trotz aller unterschiedlicher Meinungen einen Konsens findet, der für alle annehmbar ist. Stillstand auf Dauer dagegen ist die schlechteste Lösung – den gibt es in Tutzing in etlichen Fällen schon viel zu lange. Damit muss Schluss sein. Man kann nur hoffen, dass der ehemalige Tengelmann im Ortszentrum, wie es ein Geschäftsmann schon befürchtet hat, nicht zum nächsten „Schandfleck“ von Tutzing wird.

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Tutzinger Leerstände

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Seehof: Seit Ende der 1980er Jahre ungenutzt
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Andechser Hof: Seit Februar 2012 geschlossen
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Hallenbad: Seit 2011 nicht mehr in Betrieb
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Minigolfplatz: Seit 2020 nicht mehr in Betrieb © Fotos: L.G.
ID: 4940
Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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Kommentare

Ein längst überfälliger Kommentar! Seit Jahrzehnten (!) bietet sich dem staunenenden Betrachter immer wieder das Bild einer sich verheddernten Tutzinger Einwohnerschaft, die sich nicht selten in Bedenken, Neiddebatten, persönlichen Interessen und durchaus mal diffamierenden "Argumenten" zu überbieten trachtet. Was in solchen Auseinandersetzungen "Gemeinwohl" in verständiger Abwägung und Beurteilung bedeuten soll, bleibt dabei unverständlich (und auf der Strecke...)
Danke Herr Goslich. Bestens auf den Punkt gebracht.
In Tutzing steht man sich leider zu oft und auch viel zu lange selbst im Weg.
Dem ist nichts hinzuzufügen, Herr Goslich! Es wäre wirklich schade, wenn ein Projekt das so vielversprechend begonnen hat, nun brachliegen würde.
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