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Wie im Tutzinger Alltag

Ein erstaunliches Buch der Schriftstellerin Rosemarie Benke-Bursian und des Teams ihrer "Textstube"

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© Textstube Tutzing

Manche Erzählungen klingen so unglaublich, dass man sie sofort als Fantasieprodukte entlarvt. Andere scheinen abstrus zu sein, könnten aber auch die Realität widerspiegeln. Und dann sind da noch Berichte über Ereignisse, die absolut unwahrscheinlich wirken, aber tatsächlich genauso passiert sind. Um welche Kategorie es sich handelt, diese Frage drängt sich immer wieder auf bei einer neuen Tutzinger Sammlung von Gedichten und Geschichten.

Über fensterlose Hauswände reicher Nachbarn ist da zum Beispiel zu lesen, „die sich über ortsübliche Bauvorschriften hinwegsetzen konnten“. An einer anderen Stelle können Botschaften aus dem Internet „ohne Umwege über sogenannte Endgeräte wie Smartphones mitten in die Köpfe der User eingespeist werden“. Einer der Autoren sucht vergeblich einen „Wertstoffhof für Gedanken“.

Die Mitwirkenden dieses erstaunlichen Buchs geben immer wieder Einblicke ins wirkliche Leben: So oder so ähnlich wird es wohl vielfach im Tutzinger Alltag zugehen. In einem der Texte leidet ein Mann beispielsweise noch als Erwachsener lange darunter, dass sein Vater früher nicht ein einziges seiner Fußballspiele gesehen hat. Da fühlt man sich gleich an Besuche von Spielen im Würmseestadion erinnert, bei denen immer die selben Eltern und Großeltern als Besucher zu sehen sind, etliche andere aber selten oder nie, obwohl ihre Kinder oder Enkel mit Begeisterung dabei sind. In einem anderen der Texte vermisst eine Frau die Aufmerksamkeit ihrer Mutter, die nur Blicke für den behinderten Bruder hat. Auch Berichte über solche Fälle kann man in Tutzing hören, wenn man sich mit Mitarbeitern der Tabaluga-Kinderstiftung unterhält.

„Abbruch Umbruch Aufbruch“ lautet der Titel dieser bemerkenswerten Anthologie. Verantwortlich für sie ist die in Tutzing lebende Schriftstellerin Rosemarie Benke-Bursian. Sie hatte die Idee, sie hat mit Mitgliedern ihrer „Textstube Tutzing“ lange an den Beiträgen gefeilt, selbst einige reizvolle Stücke beigesteuert und aus all dem eine ansehnliche Komposition von lauter kleinen geschriebenen Kunstwerken zusammengestellt.

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Rosemarie Benke-Bursian (3. von rechts) mit ihrem Autorenteam bei einem Treffen im Tutzinger "Santorini" © Andrea Jaksch
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Einige der Mitwirkenden stammen aus Tutzing, etliche kommen regelmäßig aus anderen Regionen dazu. Mehrere sind seit Jahren in der Textstube dabei. Alle sind komplett individuell, und das will Rosemarie Benke-Bursian ihnen allen unbedingt lassen, auch wenn sie mit ihnen regelmäßig intensiv arbeitet, nach überzeugenden Anfängen, logischen Abläufen und spannenden Ausdrucksformen sucht. Aber trotz aller Einzigartigkeit haben sie alle etwas gemeinsam: Sie legen einen Einfallsreichtum an den Tag, der sich sehen und lesen lassen kann. Kritisch, amüsant, lehrreich, hintergründig, an manchen Stellen geradezu absurd sind die durchweg gut gelungenen kurzen Beiträge.

Noch eine weitere Besonderheit gibt es: Gedruckt wird so ein Buch erst auf Bestellung bei einer Buchhandlung ("Book-on-demand") - eine Methode, die die Digitalisierung ermöglicht. Es dauert also ein paar Tage, bis man es bekommt. Man sollte für den Druck deshalb eine gewisse Vorlaufzeit einrechnen, wenn man es zu Weihnachten verschenken möchte.

Weitere Informationen:
http://www.rosemarie-benke-bursian.de/

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