Ein Traum, wie im Paradies: Solche und ähnliche Beschreibungen konnte man am Sonntag im Tutzinger Schlosspark immer wieder hören. Viele Tutzinger und Fremde genossen es sichtlich, am Tag des offenen Denkmals - und der offenen Tür - durch den herrlichen Park zu flanieren, die herrschaftlichen Räume zu betrachten, interessante Skulpturen zu bewundern und sich bei Vorführungen über die Geschichte und über das aktuelle Geschehen in der Evangelischen Akademie mit ihren knapp 60 Mitarbeitern und rund 85 Tagungen jährlich zu informieren.
Musikalische Umrahmung wurde kostenlos dazu geliefert: Vom Dampfersteg schallte die "Serenade" der Gruppe Smile herüber, die der Tutzinger Förderverein für Tourismus dort gleichzeitig veranstaltete. Obladi Oblada schallte bis zum Schloss Über mehr als 1000 Gäste freute sich Akademie-Direktor Udo Hahn, der am selben Tag auch schon den Gottesdienst in der evangelischen Tutzinger Christuskirche gehalten hat.
Bei Präsentationen in der Rotunde schilderte die stellvertretende Akademiedirektorin Judith Stumptner den Grundgedanken der Akademie, dass Menschen aus unterschiedlichsten Kreisen im Tutzinger Schloss zusammengeführt werden sollen, um Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu suchen. Es sei gerade der Sinn, dass die Menschen „nicht immer nur im gleichen Zirkel miteinander sprechen“. Dabei betonte sie, dass die Tagungen für alle Menschen offen seien.
Youtube-Star Younes Al-Amayra begeistert junge Menschen in der Akademie
„Ich fühle mich jeden Tag beschenkt, wenn ich in die Akademie gehe“, sagte Studienleiter Dr. Jochen Wagner. Er sieht aber auch eine gewisse Veränderung des Konzepts, „weil mehr junge Leute in die Akademie kommen“.
Daran arbeitet besonders die für das „Junge Forum“ zuständige Studienleiterin Julia Wunderlich mit. Immer noch beeindruckt ist sie von einem Auftritt des Web-Videokünstlers Younes Al-Amayra, der den YouTube-Kanal “Datteltäter” als Teil des Jungen Webangebotes “funk” für die Fernsehsender ARD und ZDF aufbaut: „Jeder der jungen Leute wollte ein Foto mit ihm.“
Julia Wunderlich will erreichen, „dass junge Menschen sichtbar und hörbar gemacht werden“. Für genauso wichtig hält sie aber den Dialog zwischen den Generationen. Es gehe darum, zusammen die Gesellschaft zu gestalten.
Sogar "Danke für diesen guten Morgen" hat Tutzinger Ursprünge
Studienleiterin Dr. Ulrike Haerendel zeigte sich beeindruckt von vielen Begegnungen und Gesprächen, die „neue Perspektiven“ öffneten. Es sei beachtlich, wie man das alles „in so einem kleinen Ort am Starnberger See bündeln“ könne, und es sei schön, daran teilhaben zu können. Konkret erzählte sie, wie sie drei Tage nach ihrem Eintritt in die Akademie der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen die Hand geschüttelt habe: „Solche Eindrücke bleiben.“
Mit einigem Stolz verwies Judith Stumptner auf viele in den 70 Jahren in der Akademie geborene Ideen, an Egon Bahrs in Tutzing 1963 geprägtes Wort vom „Wandel durch Annäherung“ in Bezug auf die beiden damaligen deutschen Staaten, an die Gründung der Organisation „Pro Asyl“ in Tutzing, den „Tutzinger Aufruf zur Rettung der Wälder“, die auf Tutzing zurückgehende Gründung der Arbeitslosenzeitung „Biss“ und vieles mehr. Sogar das bekannte Lied „Danke für diesen guten Morgen“ habe seinen Ursprung in einem Liederwettbewerb der Akademie.
Der Philosoph auf Schusters Rappen von Starnberg nach Tutzing
Über die Jahrzehnte gab es in der Evangelischen Akademie manche kuriosen Erlebnisse und mit Prominenten Begegnungen der besonderen Art. An solche mit Carl Friedrich von Weizsäcker erinnerte sich Jochen Wagner noch besonders. Der Physiker und Philosoph, der von 1970 bis 1980 in Starnberg das Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt geleitet hat, ist zwei Mal wöchentlich von Starnberg nach Tutzing gelaufen, erzählte Wagner. Dann habe er regelmäßig in der Akademie zu Mittag gegessen, und jemand habe ihn wieder nach Starnberg fahren müssen - eine Aufgabe, die damals häufig Wagner zu übernehmen hatte. Auch so etwas gehört zu einer Akademie.
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