Erst hat sich manch einer gewundert auf dem Museumsschiff. Einen Kabarettabend hatten viele am Freitagabend erwartet von Sigi Zimmerschied. Aber der Passauer kam gleich lesend aufs Schiff. Von hinten schritt er durch den Gang, der zwischen den eng aufgestellten Stühlen geblieben war, ein Manuskript in der Hand, aus dem er alles ablas. Doch auch als Vorleser, das stellte sich schnell heraus, ist er ein Meister.
Sein erster Roman „Der Komparse“ ist es bestimmt wert, gelesen zu werden, aber ganz ohne Zweifel noch viel mehr, von seinem Autor höchstpersönlich vorgelesen zu werden. Quasi in jedem Nebensatz versteckt Zimmerschied bissige Bemerkungen voller aktueller Hinweise, die ihresgleichen suchen, mit denen er vermutlich vielen seiner Leser und Zuhörer aus der Seele spricht, mit denen er sich aber auch diesmal gewiss nicht nur Freunde macht. Das kennt er ja schon aus jahrzehntelanger Tätigkeit, und er dürfte sich ein dickes Fell zugelegt haben. Vermutlich ist es bezeichnend, dass er seinen Roman im Eigenverlag veröffentlicht hat.
Sein Protagonist in seinem Debütroman heißt Stefan Fadinger - ein „Nichts“, geboren aufgrund eines „kurzzeitigen Kontrollverlustes seiner Mutter“, umgeben von merkwürdigen Nachbarn wie dem „grintigen Fredl“ oder dem „hantigen Gustl“. Nach seinem Berufsstart im Katasteramt bringt es Fadinger zum Komparsen in einer TV-Serie, wo er sich "wie ein Schwamm" aufsaugt mit Scheinwelten, die ihm Kraft und Identität, Lust und Zukunft" geben.
Wie im richtigen Leben? Voller scharfzüngiger Andeutungen ist dieser Roman, und Zmmerschied bereitete es sichtlich Lust, seine Texte vorzutragen - mit ganzem Körpereinsatz, je nach Bedarf die Arme und Hände zu Hilfe nehmend, das ganze Gesicht passend zum Geschehen nach allen Regeln der Kunst verziehend. Wer wollte, konnte auch so manchen Bezug zu Tutzinger Vorgängen heraushören.
Vom Kleinen bis zum Großen reicht sein Spektrum, ja bis in den Himmel hinein, "wo man das Leben so oft wiederholen konnte, bis es klappt". Oder zu gesetzlichen Regelungen, die in seinem Buch wie im Alltag gelegentlich seltsame Folgen haben. Eine seiner Figuren hat zum Beispiel eine Ich-AG gegründet, dann sich selbst entlassen - und nun protestiert er dagegen.
Wie es weitergeht in diesem „unbedeutenden, grauen Leben“, das erfuhren die Besucher des Museumsschiffs nicht. Zimmerschied war pfiffig genug, nur Auszüge aus seinem Roman vorzulesen und den Schluss nicht zu verraten. Aber die Zuschauer waren zufrieden, was permanente Lachsalven im voll besetzten Schiff belegten.
Am Schluss verkaufte der zum Autor avancierte Kabarettist ein paar seiner Bücher, die er auch signierte. Ein kleiner geschäftlicher Erfolg für Zimmerschied - ein großer Erfolg für das Museumsschiff „Tutzing“ und seinen Träger, den Museumsschiffverein unter der Leitung des engagierten Vorsitzenden Matthias Helbig.
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