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Leckerbissen im Ortsmuseum

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"La Paloma" singt Fred Gerer an diesem Gaststätten-Automaten schon mal in bester Hans-Albers-Manier mit © L.G.

Wahre musikalische Leckerbissen gibt es zurzeit im Tutzinger Ortsmuseum. Der gebürtige Amerikaner Fred Gerer sammelt seit vielen Jahren selbstspielende Musikautomaten. Einige besonders schöne Geräte werden werden im Museum am Thomaplatz präsentiert. Jeden zweiten Sonntag ist Gerer selbst dort, um sie persönlich vorzuführen - und das ist für alle Besucher ein Genuss.

Schon bei der Vernissage hat der 84-Jährige die Gäste förmlich mitgerissen, als er vergnügt eine Drehorgel, ein Akkordeon, ein "Symphonion“, einen Gaststätten-Automaten und andere Geräte bediente. Sichtlich angetan davon waren auch Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald und ihr Mann Martin.

So können auch musikalische Laien Zuhörer beeindrucken

Das älteste Exponat ist eine romantische Bilderuhr aus dem Jahr 1845 mit Angelusläuten und Spielwerk. Solche Gemälde mit eingebauten Uhren wurden nur zur Biedermeier-Zeit gebaut, sie waren damals in gehobenen Bürgerkreisen sehr beliebt. Auch eine selbstspielende Zither wird im Ortsmuseum präsentiert, hergestellt von der Leipziger Firma Chordephon für die Weltausstellung in Paris 1900 mit einem weltweit einmaligen Gehäuse. Oder ein Gasthaus-Automat namens „Symphonion“ mit der Figur des Ritters Falstaff, den ein tschechischer Schreiner eigens für Gerer angefertigt hat. Ein altes Trichtergrammophon ist dabei, eine selbstspielende Tuba eine Uhr aus dem Schwarzwald und auch das seinerzeit billigste Instrument seiner Art namens „Ariston“ aus dem Jahr 1880.

Vor sieben Jahren hat Fred Gerer schon einmal einige seiner Automaten im Tutzinger Ortsmuseum präsentiert. Museumskurator Gernot Abendt hat es nun geschafft, ihn noch einmal für eine Ausstellung zu gewinnen. Gerer erzählte bei der Vernissage offen, dass er selbst früher „mit geringem Erfolg“ versucht habe, verschiedene Musikinstrumente wie Banjo, Harmonium oder Orgel zu erlernen, und schwärmte davon, wie leicht man selbstspielenden Geräten Klänge entlocken und damit durchaus andere Menschen beeindrucken kann.

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Ein Trichtergrammophon © L.G.
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Voller Begeisterung führt Gerer seine Automaten vor © L.G.

Raritäten stehen zum Verkauf

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Da kann man Leute beeindrucken: Das Akkordeon spielt wie von selbst © LG.

Gerer ist ein Kenner der Musikautomaten-Szene. Mit anderen Liebhabern solcher Geräte trifft er sich gern in einer „Gesellschaft für Selbstspielende Musikinstrumente“, die in Deutschland etwa 600 Mitglieder hat.

Er kann viel über die bis in die Antike zurückreichende Historie selbstspielender Musikinstrumente erzählen, die mit interessanten Texten und Schaubildern, angefertigt von dem Tutzinger Grafiker Helmut E. Grund, in der Ausstellung nachvollzogen werden kann.

Aus Altersgründen will sich Gerer von einigen seiner geliebten Stücke trennen - schweren Herzens. Interessenten könnten im Ortsmuseum also durchaus zum Zuge kommen. Er hatte, wie er erzählte, mal die größte Sammlung solcher selbstspielender Musikinstrumente in Bayern.

Ein ansehnlicher Vorrat ist immer noch vorhanden. Einige Stücke stehen in Gerers Tutzinger Haus, viele andere befinden sich in einem Lager im Altmühltal.

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So bringt man eine Zither zu eigenen Aktivitäten © L.G.
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Beliebt zur Biedermeier-Zeit waren Bilderuhren wie diese © L.G.
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Musik bringt Freude, wie man sieht: Bürgermeisterin Marlene Greinwald (li.) und ihr Mann Martin im Gespräch mit Gitti Pirner (M.) © L.G.
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Der Ritter Falstaff ziert den Gasthaus-Automaten "Symphonion"

Gitti Pirner kann's doch besser

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Da kommen die besten Automaten nicht mit: Gitti Pirner an einem sonst selbstspielenden Klavier © L.G.

So sehr Gerer seine Automaten liebt, so viel Respekt hat er vor Menschen, die Musikinstrumente beherrschen. So jemand war bei der Vernissage anwesend: die bekannte Pianistin und Tutzinger Ehrenbürgerin Gitti Pirner. Zweimal an diesem Abend setzte sie sich an ein Klavier, dessen Tasten zuvor ganz von sich allein vor sich hin gespielt hatten. Noch viel mehr wie von Zauberhand geführt wirkte dann aber, was die Meisterin dem Instrument entlockte. Mozarts Klaviervariationen zu “Ah! Vous dirai-je, Maman“, bekannt auch als „Morgen kommt der Weihnachtsmann“, machte sie mal so eben zu einem Hochgenuss, bei dem die ausgefeiltesten Geräte nicht im entferntesten mitkommen. Aber sie sind halt auch nur Automaten.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 9. September. Die Mitarbeiter des Ortsmuseums führen die Automaten auf Wunsch gern vor. An jedem zweiten Sonntag ab 15 Uhr ist Fred Gerer selbst an Ort und Stelle - wer ihn selbst erleben möchte, sollte also den richtigen Zeitpunkt abpassen.

Selbstspielende Musikautomaten - die Vorläufer des Computers

Sonderausstellung im Ortsmuseum Tutzing
Graf-Vieregg-Straße 14 (Thomaplatz), 82327 Tutzing
vom 10. Februar 2018 bis zum 9. September 2018
Öffnungszeiten: Mittwoch, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 465
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Kommentare

Da freue ich mich schon auf meinen nächsten Besuch in Tutzing!
Helge Haaser Passau